320.000-Euro-Projekt vor Aus? Das sagt die Politik
Fördertöpfe sind leer: Kein Geld für Sirenen in Rosenheim?
- VonThomas Stöpplerschließen
Eigentlich war die Sache klar: In Rosenheim sollen wieder Sirenen stehen, um die Bevölkerung im Katastrophenfall zu warnen. Doch nun gibt es wohl doch kein Geld vom Bund.
Rosenheim - Einstimmig entschied der Stadtrat im Juli, dass Rosenheim wieder mit Alarmsirenen ausgestattet werden soll. Die digitalen Systeme, wie etwa die Apps „Katwarn“ und „Nina“, würden oft nicht alle Menschen erreichen - insbesondere nicht nachts, wenn viele ihr Smartphone aus hätten, so der Stadtrat einhellig. 320.000 Euro wollte die Stadt dafür locker machen; also eigentlich nur gut 100.000 Euro. Der Rest der Summe sollte aus Fördergeldern des Bundes bekommen. Die sind nun aber alle.
Bei der Stadt gibt man sich noch vorsichtig optimistisch. Schließlich sei der Antrag bisher nicht abgelehnt worden. Gleichzeitig ist aber klar, dass kein Geld da ist. 13,4 Millionen Euro hat der Freistaat Bayern von der Bundesregierung bekommen und komplett verteilt. Schon im Juli kritisierte unter anderem der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass das Geld nicht reichen würde.
15.000 fehlende Sirenen in Bayern
Die Hoffnung der Rosenheimer Verwaltung ist, dass der Bund die Töpfe wieder füllt, doch von dem ist nichts zu hören. Angesichts des klammen Haushalts ist es zweifelhaft, ob die Bundesregierung neue Gelder locker machen kann. Herrmann spricht von Summen zwischen 130 und 200 Millionen Euro, die allein für den Freistaat notwendig wären. Knapp 15.000 Sirenen fehlen laut Angaben des Innenministeriums im Freistaat.
Gibt es wie erwartet keine neuen Gelder, dann geht die Sache zurück in den Stadtrat. Und dort ist die Sache nun vielleicht doch nicht mehr so eindeutig wie im Juli: „Brauchen wir wirklich noch mechanische Sirenen im 21. Jahrhundert?“, fragt SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan. Der Staat investiere bereits in moderne Warnsysteme und die Sirenen seien vor allem im ländlichen Raum wichtig, nicht in Städten. „Ich würde das Geld lieber in den ehrenamtlichen Katastrophenschutz investieren. Sprich: die freiwillige Feuerwehr und das THW. Im Fall der Fälle braucht es vor allem viele, gut ausgerüstete helfende Hände.“
Eine langfristige Investition
Ganz anders sieht es Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU: „Wir sehen ja, dass das mit dem Handy nicht funktioniert; außerdem haben viele Menschen auch kein Handy.“ Festlegen will sich Borrmann nicht, „aber mein Bauchgefühl sagt klar, dass wir das Geld in die Hand nehmen sollten. Es ist ja auch eine längerfristige Investition.“
In eine ähnliche Kerbe schlägt Peter Rutz von den Grünen. „Ich kenne die demographische Struktur der Gesellschaft, da geht es nicht nur mit dem Smartphone“, sagte er gegenüber dem OVB. Der Katastrophenschutz sei eine Sache von Bund und Ländern. „Die große Politik, ob jetzt Freistaat oder Bund, wälzt gerne die Kosten auf die Kommunen ab, das kennen wir ja bereits.“
Christine Degenhart (FW/ UP) verweist darauf, dass bei der Katastrophe im Ahrtal nicht die fehlenden Sirenen das Problem gewesen seien: „Da war das Problem, dass zu spät kommuniziert wurde, da hätten auch Sirenen nicht geholfen. Die Entscheider wurden aus irgendwelchen Gründen nicht in die Lage versetzt, das richtige zu tun, und daran muss gearbeitet werden.“ Ihre Hoffnung bei den Warnsystemen liege auf moderneren Formen: „Es wäre wichtig, wenn das Cell-Broadcast-System funktionieren würde; mein Handy ist letzte Woche stumm geblieben.“
Viele Handys blieben beim Warntag stumm
Damit war Degenhart nicht die Einzige. Beim bundesweiten Warntag am 8. Dezember blieben viele Handys stumm. Falsche Voreinstellungen, veraltete Software und ältere Geräte waren die einen Gründe, die anderen lagen bei den Netzbetreibern. Das Cell-Broadcast-System soll erst ab Februar kommenden Jahres vollständig funktionieren. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe bezeichnete den Warntag als erfolgreich.
Skeptisch zeigte sich auch Andreas Kohlberger (AfD). Er verwies gegenüber dem OVB auf die angespannte Haushaltslage. Natürlich seien Warnsysteme wichtig, „aber wir haben nun wirklich nicht viel Geld und müssen zunächst die Wirtschaft wieder auf Vordermann bringen.“ Daher würde er die Sache erst einmal zurückstellen.
Wann die Sache wieder in den Stadtrat geht, ist bisher unklar. Dafür muss überhaupt erstmal Gewissheit herrschen, dass es keine Gelder vom Bund gibt. Der Ablehnungsbescheid liegt bisher nicht vor.