72 Wohnungen für Rosenheim: Warum die Flötzinger Brauerei die Pläne nochmal überarbeitet hat

Wohnungen, Flächen für Gewerbe und eine Großtagespflege: Für das Areal an der Wittelsbacherstraße - direkt zwischen Finanz- und Landratsamt - gibt es große Pläne. Zwar haben sich die Stadträte mehrheitlich für das Vorhaben ausgesprochen, Skeptiker gibt es aber nach wie vor.
Rosenheim - Geht es nach Karl-Heinz Brauner, braucht es an der Ecke Wittelsbacher- und Aventinstraße einen Kranwagen. „Damit kann deutlich gemacht werden, wie hoch 34 Meter sind“, sagte der Grünen-Stadtrat während der jüngsten Sitzung des Stadtentwicklungs- und Baugenehmigungsausschusses. In dieser wurde über die Pläne für das Areal diskutiert, an denen das Architekturbüro „Leupold Brown Goldbach“, die Flötzinger Brauerei sowie „Werndl und Partner“ schon seit mehr als zwei Jahren arbeiten. Nicht nur sollen die beiden bereits bestehenden Wohntürme aus den 70er-Jahren aufgewertet werden, es soll auch ein neues Gebäude entstehen, das Platz für circa 72 neue Wohnungen und Gewerbe bietet sowie eine Großtagespflege. „Das neue Gebäude ist etwas niedriger als der höhere der beiden Bestandsgebäude“, sagt Lorenz Stiglauer, Geschäftsführer der Flötzinger Brauerei. Es brauche deshalb keinen „teuren Kran“, vielmehr reiche es, sich den bestehenden Turm vor Ort anzuschauen.

Steht Hochhaus in Konkurrenz zur Kirche?
Nachdem in der Vergangenheit unter anderem kritisiert wurde, dass das geplante Gebäude mit einer Höhe von 34,50 Metern in Konkurrenz zur Christkönig-Kirche stehe, wurde das Konzept nochmals überarbeitet. „Die Stadt Rosenheim ist sich bewusst, dass die Christkönig-Kirche sowohl für die Stadt als auch für die Region ein wichtiges Denkmal aus den 20-er Jahren darstellt. Zudem fungiert sie als Identifikationspunkt des Stadtviertels“, heißt es aus dem Rathaus. Um die Stellung der Christkönig-Kirche als Denkmal entsprechend zu würdigen, sei der städtebauliche Entwurf angepasst und gezielt auf die Situation der Kirche eingegangen worden.
Turm in Kubatur geschmälert
Heißt: Der Turm wurde in seiner Kubatur schmäler und ist gegenüber der Wittelsbacherstraße signifikant zurückgesetzt worden. „Durch seine neue Positionierung bildet der Turm einen weiteren Punkt im bereits vorhandenen „Koordinatensystem“ der 70er Jahre Türme“, teilt die Stadt mit. Zudem sei geplant, dass die fünfte Geschossebene größtenteils die Funktion eines gemeinschaftlichen Dachgartens übernimmt. Auf den verbleibenden Dachflächen ist eine intensive Begrünung in Kombination mit Photovoltaik-Anlagen vorgesehen. Ebenfalls auf dem Areal vorgesehen sind zwei Spielplätze für Kinder von null bis sechs Jahren.

Finanzamt gleiche Höhe wie Bauvorhaben
Auf die Wichtigkeit eines solchen Platzes wies auch Herbert Borrmann, Fraktionsvorsitzender der CSU hin. „Die Kirche ist gut erkennbar“, sagte er zudem. Seiner Meinung brauche es deshalb weder ein Verschattungsdiagramm noch einen Kranwagen. Zumal das angrenzende Finanzamt die gleiche Höhe wie das Bauvorhaben hat. Er riet davon ab, zusätzliche Hürden aufzubauen, die „niemanden weiterbringen“.
Stadt soll bestimmte Anzahl von Wohneinheiten erhalten
Ähnlich äußerte sich Abuzar Erdogan, Fraktionsvorsitzender der SPD. Aus seiner Sicht werde die gegenüberliegende Kirche nicht mehr beschattet, als dies durch die Bestandstürme und das Landratsamtsgebäude schon der Fall sei. Nicht nur sei das Projekt seiner Meinung nach „architektonisch ansprechend“, es berücksichtige auch soziale Belange. „In Rosenheim wird Geschichte geschrieben, zum ersten Mal erhält die Allgemeinheit eine Gegenleistung für die Mehrung von Baurecht. Bisher wurde im Rahmen des Rosenheimer Modells nur bei Baulandausweisung ab 10.000 Quadratmetern abgeschöpft“, fügte Erdogan hinzu.
Anteil an gefördertem Wohnraum
Das Rosenheimer Modell bezieht sich in erster Linie auf den Erwerb von Grundstücksteilflächen, die noch keiner Entwicklung zugeführt sind. Bei dem Vorhaben an der Wittelsbacherstraße handelt es sich um ein bereits erschlossenes Gebiet, das in Teilen bebaut ist. „Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens ist es der Stadt dennoch möglich, durch vertragliche Regelungen eine gewisse Anzahl an bezahlbaren Wohnraumangeboten zu schaffen“, heißt es aus dem Rathaus.
Geplant sei ein Anteil an gefördertem Wohnraum nach dem Bayerischen Wohnungsbauprogramm mit einkommensorientierter Förderung (EOF). Zudem sieht das Wohnraumkonzept des geplanten Vorhabens vor, dass der Anteil für städtisches Familienwohnen um die 40 Prozent betragen soll. Die Integration von Wohnungen im höheren Preissegment sei Teil der Finanzierungsstrategie des Bauherrn zur Schaffung von gefördertem und bezahlbaren Wohnraum.
Stadträte stimmen mehrheitlich zu
Mit großer Mehrheit billigten die Stadträte den Entwurf des Bebauungsplans. Er wird jetzt zum zweiten Mal für die Beteiligung der Öffentlichkeit freigegeben. „Wir sind erleichtert und froh“, sagt Florian Eisner, Geschäftsführer bei „Werndl & Partner“. Er hofft, dass 2025 mit dem Bau begonnen werden kann.