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Trendwende am bayerischen Wohnungsmarkt - aber Rosenheim tanzt aus der Reihe

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Von: Martin Lünhörster

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Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist bayernweit leicht gesunken. Derzeit wird eher gemietet als gekauft. Was sich auf die Mietpreise auswirkt.
Die Nachfrage nach Wohnimmobilien ist bayernweit leicht gesunken. Derzeit wird eher gemietet als gekauft. Was sich auf die Mietpreise auswirkt. © Julian Stratenschulte

Es ist eine Trendwende im Immobilienmarkt angebrochen. Zum ersten Mal seit langer Zeit sinkt die Nachfrage auf dem Käufermarkt. Aber das erhöht das Problem an anderer Stelle. Besonders in Rosenheim.

Rosenheim - “Mögest du in interessanten Zeiten leben!” - So lautet ein alter chinesischer Fluch. Und spannend ist es derzeit wirklich, findet auch Professor Stephan Kippes, der Geschäftsführer des IVD-Instituts, einer Gesellschaft für Immobilienmarktforschung. In einer aktuellen Studie hat das Institut einen Spezialreport zu den Wechselwirkungen zwischen München und den Städten Augsburg, Ingolstadt und Rosenheim untersucht. Mit interessanten Ergebnissen, hat es doch in den vergangenen Monaten deutliche Veränderungen auf den Wohnimmobilienmärkten gegeben. 

Fast vier Milliarden weniger Umsatz

„Der Markt ist dabei umzuklappen, es wird deutlich weniger finanziert”, sagte Stephan Kippes zu Beginn der Pressekonferenz. Das ist auch bei den Umsätzen zu sehen, die in Bayern im vergangenen Jahr mit Immobilien getätigt wurden. Laut einer Berechnung des IVD wurde im ersten Quartal 2022 noch ein Umsatz von 19,4 Milliarden Euro gemacht, fiel der Umsatz auf 17,1 Milliarden im zweiten Quartal bis auf 15,9 Milliarden im dritten Quartal. 

Die Immobilienpreise in Bayern beginnen zu stagnieren und teilweise sogar zu sinken. In Rosenheim ist dieser Trend noch nicht angekommen.
Die Immobilienpreise in Bayern beginnen zu stagnieren und teilweise sogar zu sinken. In Rosenheim ist dieser Trend noch nicht angekommen. © Verena Klinger

„Aufgrund der geänderten Marktrahmenbedingungen hat sich die Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt in den vergangenen Monaten gravierend verändert”, sagt Kippes. In den begehrten Wohnimmobilienmärkten komme es nun zu ersten Preisanpassungen. Die Nachfrage ist gesunken, damit steigt das Angebot und in der Folge habe sich der Spielraum für Preisverhandlungen vergrößert. Florian Schreck, Immobilienmakler aus Augsburg, sprach von einer spürbaren Entlastung am Markt. „Die Käufer sind preisbewusster geworden”, sagt er. 

Wechselwirkungen zwischen den Metropolen

München ist das wirtschaftliche Zentrum Bayerns, was sich auch auf die Immobilienpreise auswirkt. Während in München für einen Quadratmeter Wohneigentum derzeit 9450 Euro kostet, muss ein Käufer in Rosenheim 5330 Euro zahlen. Wesentlich weniger als in München, aber im Vergleich zu Augsburg (4415 Euro pro Quadratmeter) und Ingolstadt (3950 Euro pro Quadratmeter) ist Rosenheim dennoch teurer, auch wenn die Stadt am Inn mit 64.000 Einwohner die kleinste der vier untersuchten Städte ist. Das liegt laut der Studie des IVD an der „hervorragenden wirtschaftlichen Entwicklung sowie dem hohen Freizeitwert” der Stadt.

Dennoch macht sich die aktuell schwierige Lage bemerkbar. Die gestiegenen Kosten besonders in der Baubranche lassen viele Bauträger derzeit zögern, ihre Bauvorhaben auch umzusetzen. Auch beim Kauf zögern derzeit viele. Das IVD sieht dafür eine Kombination aus den steil angestiegenen Finanzierungskosten, einer sprunghaft gestiegenen Inflation und den stark angestiegenen Bau- und Energiekosten.

Bayernweit gehe die Anzahl der Baugenehmigungen zurück. Ein Indiz, dass viele Grundstückseigentümer momentan eher abwarten, wie sich der Markt entwickeln wird. Ein Trend, dem Rosenheim allerdings entgegensteuert. Als einzige der vier betrachteten Städte verzeichnet Rosenheim eine, wenn auch nur leicht gestiegene Zahl an Baugenehmigungen. 

„Der Markt hat gedreht”

Im Vergleich nimmt Rosenheim eine Sonderstellung ein. Das bestätigt auch Alexander Neubauer, Immobilienmakler aus Rosenheim. Die Nachfrage nach Immobilien sei in Rosenheim noch immer hoch. Die Preise steigen zwar nicht mehr so rasant an, sind im Großen und Ganzen eher stabil geblieben. Mit einer nach wie vor leichten Tendenz nach oben. 

Dennoch ist die Tätigkeit der Bauträger in Rosenheim quasi zum erliegen gekommen, sagt Neubauer. Die Sahnestücke unter den Grundstücken werden nicht verkauft oder bebaut, obwohl teilweise die Pläne schon vorliegen. Es wird eher abgewartet, wie sich der Markt entwickelt und ob in absehbarer Zeit die Möglichkeit auf Förderungen bestehen. 

Der Mietmarkt bleibt nach wie vor angespannt in Rosenheim. Wer früher überlegt hat, ein Haus zu kaufen, tendiert derzeit eher zur Miete. Was in der Folge den Druck auf die sowieso schon angespannte Lage am Wohnungsmarkt weiter erhöht. „Der Mietmarkt wird immer enger”, sagt Neubauer. Das IVD geht zwar von einer Preiskorrektur am Wohnimmobilienmarkt aus, aber ein langfristiger Preisverfall sei nicht zu erwarten.

Langfristig sieht Stephan Kippes keine Entspannung am Wohnungsmarkt. Entwickelt sich die Bevölkerung so wie erwartet, leben im Jahr 2040 sieben Prozent mehr Menschen als jetzt in München und Rosenheim wird um weitere vier Prozent anwachsen. Der dadurch hohe Bedarf an Wohnungen wird dazu führen, dass die Preise nicht sinken werden.

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