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Diagnose Krebs: Wie eine neue Beratungsstelle in Rosenheim helfen will

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Von: Thomas Stöppler

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Von Links: Andreas Schüll, Leiter der Krebsberatungsstelle, Dr. med. Gerhard Puchtler, Leiter Onkologisches Zentrum am Romed, Prof. Dr. med. Kai Nowak, Chefarzt Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Romed, Rosemarie Koch, Leiterin der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Rosenheim, Dr. med. Sigrun Gabius, Onkologische Schwerpunktpraxis Rosenheim, Markus Besseler, Geschäftsführer der BKG, Franz Holzner, Stellvertretender Leiter der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Rosenheim, Prof. Dr. med. Günter Schlimok, Präsident der BKG.
Von Links: Andreas Schüll, Leiter der Krebsberatungsstelle, Dr. med. Gerhard Puchtler, Leiter Onkologisches Zentrum am Romed, Prof. Dr. med. Kai Nowak, Chefarzt Klinik für Allgemein-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Romed, Rosemarie Koch, Leiterin der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Rosenheim, Dr. med. Sigrun Gabius, Onkologische Schwerpunktpraxis Rosenheim, Markus Besseler, Geschäftsführer der BKG, Franz Holzner, Stellvertretender Leiter der Prostatakrebs-Selbsthilfegruppe Rosenheim, Prof. Dr. med. Günter Schlimok, Präsident der BKG. © Stöppler

Am Salzstadel gibt es seit Oktober eine neue Beratungsstelle für Krebspatienten und Angehörige. Dort bekommen Menschen nicht nur Beratung, sondern gleich ein ganzes Netzwerk präsentiert.

Rosenheim - Hell sind die Räume der Krebsberatungsstelle, und „das war uns wichtig“, sagt Andreas Schüll, Leiter der neuen psychosozialen Krebsberatungsstelle am Salzstadel, „Dunkles bringen unsere Klienten oft selbst mit“. Im Vorfeld der Pressekonferenz führt er durch die Räume, die Platz für Beratungen, Workshops und Gruppengespräche bieten. 1400 bis 1500 Neuerkrankungen gibt es in Stadt und Landkreis jedes Jahr. Und etwa ein Drittel von ihnen nimmt eine Beratung in Anspruch. Das zeigt jedenfalls die Statistik von den zwölf anderen Beratungsstellen, die die Bayerische Krebsgesellschaft (BGK) betreibt. In Rosenheim waren bisher 42 Menschen bei der Beratung, die seit Oktober ihre Pforten geöffnet hat.

Praxen und Kliniken können den Beratungsbedarf nicht abdecken

Und der Bedarf könnte steigen. Das sagt Professor Dr. Günter Schlimok, Präsident der BKG, bei der anschließenden Pressekonferenz mit dem Blick auf die Bevölkerungsentwicklung, schließlich ist Rosenheim eine Zuzugsregion. Und auch weil die Verweildauer in Krankenhäusern immer kürzer wird, und die Patienten schneller wieder auf sich alleine gestellt sind. „Durch die Erkrankung entstehen Ängste“, erklärt Schlimok, und diese können Praxen und Krankenhäuser nicht auffangen. Daher brauche es das niedrigschwellige Angebot der Beratungsstellen.

Wie diese Niedrigschwelligkeit aussieht, erklärt Schüll dann im Detail: Es brauche keinen Überweisungsschein, es entstünden keine Kosten, und es gebe schnell einen Termin. Zehn Tage dauert es vom Anruf zum Gespräch. Das ist angesichts von teilweise jahrelangen Wartezeiten auf Therapieplätze nur ein Wimpernschlag. Wobei natürlich auch klar ist: In der Beratungsstelle wird nicht therapiert. Es geht stattdessen, darum ein Ansprechpartner zu sein, eine Hilfestellung zu liefern bei all den Fragen, die kommen.

Krankengeld, beruflicher Wiedereinstieg und Schwerbehindertenausweis

Und die sind vielfältig: Das fängt bei medizinischen an, die Schüll und seine Kollegen zwar nicht beantworten können, aber sie übernehmen eine Lotsenfunktion. Sie vermitteln Ärzte, onkologische Zentren oder Therapeuten. Viel der Arbeit ist auch ganz klassische Sozialarbeit: Unterstützung beim Stellen von Anträgen, eine Beratung wie ein beruflicher Wiedereinstieg gelingen kann, wie es mit Krankengeld und Schwerbehinderung aussieht und wo es welche Unterstützung gibt.

Besonders ältere Patienten brauchen Unterstützung

Die Ängste der Patienten und ihrer Angehörigen - auch an sie ist das Angebot gerichtet - betreffen fast alle Bereiche des Lebens: Finanzielle Fragen, berufliche und medizinische, Sorgen um Angehörige, die ganz allgemeine Angst, die Frage wie es jetzt weitergeht. Aber es geht auch um ganz praktische Dinge: Etwa wer einen zu Terminen begleitet, die man nicht ohne Unterstützung wahrnehmen kann oder will. Dr. Sigun Gabius, die eine eine onkologische Schwerpunktpraxis in Rosenheim führt, betont, dass gerade der lokale Aspekt wichtig ist: „Besonders für ältere und sozial nicht optimal integrierte Patienten ist das onkologische Netzwerk zunehmend wichtiger.“ Gerade ältere Patienten bräuchten Unterstützung. „Nicht jeder hat Angehörige, die einen dauernd fahren können“, sagt sie. Viele Spezialisten seien zum Beispiel in München angesiedelt, das sei oft schon eine große Herausforderung. „Die Menschen brauchen ja mehr als Medizin.“

„Da kann jeder in ein Loch fallen“

Für die ist neben den niedergelassenen Ärzten wie Gabius nicht zuletzt das Romed-Klinikum mit seinem onkologischen Zentrum zuständig. Und auch Professor Dr. Kai Nowak, Leiter des viszeral onkologischen Zentrums, und Dr. Gerhard Puchtler, Leiter des Onkologischen Zentrums, betonen die Wichtigkeit eines breiten Netzwerks. Auch weil die Therapien grundsätzlich besser würden. Das bedeute im Umkehrschluss, dass viele Menschen sehr lange mit Krebs leben - manchmal 20 Jahre. Damit sind dann viele alleine. Sie müssen, wie Nowak erklärt, mit extremen Stresssituationen zurecht kommen: „Strahlentherapie, Chemotherapie, eine OP - manchmal gleich alles zusammen. Da kann jeder in ein Loch fallen“, erklärt er, „und in der Beratungsstelle ist dann jemand, mit dem man reden kann.“

Jemand zum Reden - dafür ist auch die „dritte Säule“ da, wie Rosemarie Koch, Leiterin der Prostatakrebs-Selbsthilfe Gruppe sagt. In der Gruppe geht es um die Krankheit selber und „wie man mit der Krankheit gut leben kann“. Da sind auch die Ehepartner mit dabei, denn die sind ebenfalls betroffen. Markus Besseler ist die Mitversorgung von Angehörigen ein besonderes Anliegen: „Die Angehörigen kommen oft nicht, weil sie sich zurücknehmen und alles schultern wollen. Dabei überfordern sie sich selbst.“ Für ihn geht es eben darum, die Menschen zu erreichen, bevor sie überfordert sind - ob Angehörige oder Patienten. „Wir machen Vorsorge“, sagt er in Hinblick auf die Psyche der Menschen.

Psychosoziale Krebsberatungsstelle

Das Beratungsangebot steht allen Patienten und Angehörigen offen. Erreichbar ist die Stelle telefonisch von Montag bis Donnerstag von 9 bis 15 Uhr. Oder per Mail unter: kbs-rosenheim@bayerische-krebsgesellschaft.de

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