Streik-Kundgebung am Ichikawa Platz
„Schulterklopfen macht nicht satt“: Öffentlicher Dienst geht in Rosenheim auf die Barrikaden
- VonMagdalena Aberleschließen
Im Rahmen des angekündigten Verdi-Warnstreiks haben sich Beschäftigte des öffentlichen Dienstes am Ichikawa Platz in Rosenheim getroffen. Bei der Kundgebung heute wurde nun deutlich, was die Beschäftigten wirklich von ihren Arbeitgebern fordern.
Rosenheim. Die Gewerkschaft Verdi hatte bereits angekündigt, dass es heute auch im Bezirk Rosenheim zu Warnstreiks kommen werde. Mit Transparenten, Pfeifen und Warnwesten ausgestattet, trafen sich Arbeitnehmer aus dem öffentlichen Dienst deshalb am Ichikawa Platz zur Streikkundgebung. Sie fordern von ihren Arbeitgebern aber nicht nur eine Lohnerhöhung.
Mitarbeiter der Kliniken wollen ein Zeichen setzen
„Viele, die bei uns arbeiten, bekommen gerade mal den Mindestlohn“, erzählte Susanne Hambauer, die in einem Klinikum der Deutschen Rentenversicherung (DRV) arbeitet und bei der Kundgebung dabei ist. „Das ist einfach ungerecht und kratzt am Existenzminimum“, sagte sie. Dafür stehe sie ein und deshalb sei sie heute hier. Hambauer möchte, dass auch die Öffentlichkeit davon erfährt, wie wenig Menschen in den Kliniken teilweise verdienen.
Auch Mitarbeiter der RoMed Kliniken wollten ein Zeichen setzen und waren deshalb zahlreich vertreten. Peter Würtenberger aus dem Rosenheimer Klinikum brachte es auf den Punkt: „Jeder, der streiken kann, ist heute hier.“ Im Krankenhaus bestehe ein Notbetrieb, eine Station hätten sie sogar ganz schließen können. „Die Versorgung der Patienten ist aber natürlich gewährleistet“, erklärte Würtenberger.
Streikende fordern mindestens eine Lohnanpassung
Mehrere Redner aus den verschiedensten Bereichen des öffentlichen Dienstes äußerten sich auf der Kundgebung. Es wurde von der Inflation gesprochen, von Nebenkostennachzahlungen und Spritkosten. Von Existenzängsten. „Wir fordern nicht mal eine Lohnerhöhung, sondern vor allem eine Lohnanpassung, die wegen der Inflation dringend nötig ist“, erklärte ein Redner. Lob, Schulterklopfen und Klatschen mache nun mal nicht satt.
Drei Mitarbeiterinnen der Palliativstation waren sich einig: „Wir stehen auch für unsere Patienten hier“, sagten sie in ihrer Ansprache. Der Pflegeberuf sei immer noch eine wunderbare Aufgabe. Sie wollen und bräuchten aber wieder mehr Zeit, um für die Patienten da sein zu können. „Wir gehen jeden Tag an unsere Grenzen“, sagte eine Mitarbeiterin der Neurologie. Dafür solle ihre Arbeit auch angemessen bezahlt werden.
„Öffentlicher Dienst wird seit Jahren vernachlässigt“
Aber auch andere Bereiche des öffentlichen Dienstes waren bei der Kundgebung vertreten. „Wir sind heute hier, weil der öffentliche Dienst seit Jahren vernachlässigt wird, obwohl jeder weiß, dass es ohne ihn nicht geht“, so Michael Schmidt vom Jugendamt. Kollege Werner Schober fügte hinzu: „Wir hoffen, dass der öffentliche Dienst durch die Streiks in den Fokus rückt, dass wir mehr Wertschätzung erfahren.“ Ohne die Verwaltung, die im öffentlichen Dienst geleistet werde, gehe nun mal nichts.
Das haben die Rosenheimer am 8. März auch zumindest teilweise zu spüren bekommen. „Das Bürgeramt war heute nicht erreichbar, 120 Termine wurden abgesagt“, erzählte Robert Metzger, Bezirksgeschäftsleiter des Verdi Bezirks Rosenheim, der vor Ort war.
Arbeitgeber sollten auf jeden einzelnen Mitarbeiter achten
Beschäftigte der Stadt Rosenheim und der Stadt Bad Aibling waren ebenfalls am Ichikawa Platz. Unter ihnen auch Florian Norbisrath von der EDV der Stadtverwaltung Rosenheim. Er möchte sich mit seiner Teilnahme an der Kundgebung mit den anderen Beschäftigten im öffentlichen Dienst solidarisieren.
„Ich bin heute hier für die Kollegen, die entweder Angst vor den Konsequenzen haben, oder sich selber nicht trauen, einzustehen“, sagte Norbisrath. Er wünscht sich von den Arbeitgebern im öffentlichen Dienst, dass sie auf jeden einzelnen Mitarbeiter schauen. „Die Lohngruppen sollten nachgezogen werden und bestenfalls gibt es auch noch Ausgleichszahlungen“, forderte er, „der Einzelne soll davon leben können.“
Beschäftigte von Rohrdorfer Verpackungshersteller zeigen sich solidarisch
Aber auch Beschäftigte der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie (PPKV) waren bei der Kundgebung dabei, wie Verdi in einer Pressemeldung mitteilt. Sie befänden sich aktuell ebenfalls in Tarifverhandlungen mit ihren Arbeitgebern. Die Mitarbeiter würden eine Lohnerhöhung aufgrund der Inflation fordern.
Laut Auskunft von Verdi hätten sich deshalb Beschäftigte des Medizinverpackungsherstellers Coveris aus Rohrdorf mit den Beschäftigten im öffentlichen Dienst solidarisiert. Darum seien auch Streikende von Coveris bei der Kundgebung am Ichikawa Platz dabei gewesen.
Große Aktion in Rosenheim geplant
Bezirksgeschäftsführer Metzger machte seinem Ärger Luft. „Das aktuelle Angebot der Arbeitgeber ist ein Schlag ins Gesicht. Wir fordern mehr Lohn und Gehalt, vor allem für die unteren Lohngruppen“, sagte Metzger in seiner Rede. Gerade die unteren Einkommen seien besonders hart von der Inflation betroffen, würden aber im aktuellen Angebot der Arbeitgeber nicht genug berücksichtigt werden.
Außerdem fordern die Arbeitnehmer eine höhere Arbeitsplatzsicherheit. Viele Beschäftigungsverhältnisse seien zeitlich befristet. „Deshalb wollen wir den Verhandlungsführern zeigen, was es heißt, wenn der öffentliche Dienst nicht stattfindet“, fasste Metzger es zusammen.
Im Gespräch mit dem OVB zeigte er sich zufrieden mit dem heutigen Warnstreik, gab aber im Gespräch bekannt: „Für den Fall, dass die Arbeitgeber sich von regionalen und niederschwelligen Aktionen nicht beeindrucken lassen, haben wir für den 23. März eine ganz große Aktion in Rosenheim geplant.“
Dabei würden dann aus vielen Landkreisen des Bezirks Kollegen zusammenkommen. Außerdem seien eine Kundgebung und zwei Demonstrationszüge durch Rosenheim geplant. „Wir wollen, dass die Arbeitgeber wissen, dass wir nochmal nachlegen können, wenn sie bei der nächsten Gesprächsrunde am 27. März nichts liefern.“