Kleines Kaffee-Universum auf Achse
Ein jahrhundertealtes Röstverfahren für Kaffee haben Marta und Michael Rass aus Aising wieder aufleben lassen (wir berichteten). In einer Eisentrommel über Holzfeuer bereiten die beiden Handelsreisenden Bohnen aus überwiegend biologischem Anbau zu.
So individuell wie das Verfahren ist, so originell sind die Vertriebswege der beiden. Denn jetzt haben sich die Rosenheimer eine mobile Schaurösterei angeschafft, ihr "kleines Kaffee-Universum". Damit bereiten sie ihren Wachmacher ab sofort in der Region "auf rollendem Rad" zu.
Rosenheim - Nach eigenen Angaben rösten Marta und Michael Rass ihren "Echten Scheidlkaffee" als wohl einziger Betrieb in Deutschland nach dem Holzfeuer-Verfahren. Sie wollen damit eine historische Trinkkultur bewahren und die Ursprünglichkeit des Heißgetränks, von der Bohne bis zur Tasse, demonstrieren.
Ab sofort sind die beiden auch auf Achse. Denn mit ihrer Schaurösterei im Kfz-Anhänger bringen sie ihr Verfahren direkt an den Mann beziehungsweise an die Frau.
1950 hatte Kaffee Wert von 26 Stunden Arbeit
Aus zuverlässiger Literatur weiß Michael Rass: 1950 musste man, um ein Pfund Kaffee kaufen zu können, noch durchschnittlich 26 Stunden arbeiten, damals kostete das halbe Kilo rund 30 D-Mark. 1960 waren es nur noch dreieinhalb Stunden, die man mit einem durchschnittlichen Einkommen für ein Paket arbeiten musste und 2014 nur noch 19 Minuten. "Im Gegensatz zur maschinellen Verarbeitung leisten wir wertvolle und ehrliche Handarbeit", so der Rosenheimer. Bis zu 45 Minuten braucht er pro Pfund, um den Kaffee verkaufsfertig zuzubereiten. Das ist viel Zeit an der Drehkurbel seines Röstapparates, ganz ohne Elektronik und getreu dem Motto "Zurück zum Ursprung", in eine Zeit vor der Erfindung vollautomatischer Kaffeemaschinen und Filter, dann kommen die Bohnen in den Verkauf an der Ladentheke.
Eine ihrer Spezialitäten: Mokka, benannt nach einer Stadt im Jemen. Heute versteht man darunter hauptsächlich eine bestimmte, vor allem auch bei jungen Leuten beliebte Zubereitungsart. Umgangssprachlich wird dessen Resultat auch türkischer Kaffee genannt. Das besonders fein gemahlene Kaffeemehl wird auf Kundenwunsch mit oder ohne Zucker in einem offenen Stieltopf, der Czezva, gekocht. Das Gefäß wird heutzutage normalerweise auf Gasfeuer erhitzt, während man ursprünglich den heißen Wüstensand genutzt hatte. "In unserem kleinen Kaffee-Universum bieten wir auch die Art Mokka an, der im heißen Sand vor den Augen der Gäste zubereitet wird", sagt Rass.
Seine Empfehlung: Beim Trinken einen Augenblick zur Ruhe zu kommen und sich ein paar Minuten Zeit zu nehmen, um die großen Geheimnisse der Kostbarkeiten zu entdecken.
Die Schaurösterei kann auf Anfrage für Firmenfeiern, Familienfeste, Jubiläen und besondere Veranstaltungen gebucht werden. Zudem kann man den Kaffee im Hause Rass in der Burgfeldstraße 12a kaufen, beim Getränkemarkt Fruga in Oberwöhr sowie auf zahlreichen Märkten in der Region, etwa beim Apfelmarkt von 9. bis 11. Oktober in Bad Feilnbach. aez