Endgültige Entscheidung am 23. Februar
Erinnerungszeichen statt Stolpersteine? Rosenheimer Verwaltung will es München gleichtun
- VonAnna Heiseschließen
In einer Sache sind sich die Rosenheimer Stadträte einig: Es braucht eine Form des personalisierten Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus. Nur wie dieses aussehen soll, ist im Moment noch unklar. Das hat die Diskussion in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gezeigt.
Rosenheim/München – In der Daiserstraße 45 in München kann man Ludwig Holleis in die Augen blicken. Oder es zumindest versuchen. Eine Stele mit einem Porträtbild erinnert vor dem Haus, in dem er einst gelebt hat, an den gebürtigen Rosenheimer, der im Alter von 36 Jahren verstarb – an den Folgen der Folter durch die Gestapo.
Auf der Stele ist nur eines von insgesamt 114 Erinnerungszeichen zu sehen, die in der Stadt München zu finden sind. „Die Erinnerungszeichen gibt es seit 2018“, sagt Dr. Maximilian Strnad, der sich gemeinsam mit Barbara Hutzelmann um die Koordinierung der Erinnerungszeichen kümmert.
Entwürfe vom Designer Kilian Stauss
Auch in München hat es – ähnlich wie in Rosenheim – hitzige Diskussionen über die Verlegung von Stolpersteinen auf öffentlichem Grund gegeben. Letztendlich entschied man sich in der Landeshauptstadt gegen ein Gedenken am Boden und sprach sich stattdessen für die Erinnerungszeichen auf Augenhöhe aus.
Mit Fotos der ermordeten Menschen
Diese bestehen aus vergoldetem Edelstahl, in das die Lebensdaten sowie Fotos der ermordeten Menschen mit einem Laser eingebrannt werden. Sie werden auf Tafeln an der Hauswand und auf 186 Zentimeter hohen Stelen angebracht. Die Entwürfe dafür stammen von dem Münchener Designer Professor Kilian Stauss, der an der Technischen Hochschule Rosenheim lehrt.
1800 Euro pro Gedenkelement
Per Antrag können sich Angehörige, Vereine, Anwohner oder staatliche Institutionen an die Koordinierungsstelle wenden und ein Erinnerungszeichen beantragen. Die Kosten für eine Tafel oder Stele mit einem vergoldeten Gedenkelement liegen bei 1800 Euro, jedes weitere kostet 580 Euro.
Den Initiatoren ist freigestellt, in welcher Höhe sie sich an den Kosten beteiligen. Die Landeshauptstadt München übernimmt den Restbetrag. Zum Vergleich: Ein Stolperstein kostet 120 Euro und wird in der Regel von Paten bezahlt. Kosten für die Stadt würden somit nicht anfallen.
167 offene Anträge bei der Koordinierungsstelle
„Bei uns liegen im Moment 167 offene Anträge vor. Das zeigt, wie gut das Projekt angenommen wird“, sagt Maximilian Strnad. Zwar gebe es hin und wieder auch Angehörige, die sich einen Stolperstein wünschen. Dieser müsste dann aber auf Privatgrund verlegt werden. Dennoch sei es der Stadt München laut Strnad gelungen, mit den Erinnerungszeichen den Streit, um eine angemessene Form des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus zu schlichten.
Verwaltung stützt sich auf Haltung von Knobloch
Ein Ziel, von dem man in Rosenheim noch weit entfernt ist. Denn während sich die Grünen sowie Teile der SPD und Freien Wähler/UP im Haupt- und Finanzausschuss für die Verlegung der Stolpersteine auf öffentlichem Grund ausgesprochen haben, ist man in der CSU nach wie vor dagegen.
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Und auch die Verwaltung hat andere Pläne und stützt sich dabei auf die ablehnende Haltung gegenüber Stolpersteinen von Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern. Stattdessen möchte man sich am Münchener Modell orientieren. „Die Verwaltung hält das Vorgehen für den gesellschaftlich konsensfähigeren Weg“, heißt es aus dem Rathaus.
Genehmigung beantragen
Ob das auch die Rosenheimer Politiker so sehen, wird sich am Mittwoch im Stadtrat entscheiden. Einstimmig hatte man sich im Haupt- und Finanzausschuss darauf geeinigt, die Entscheidung zu vertagen, um allen 44 Stadträten die Möglichkeit zu geben, ihre Meinung kundzutun und nicht nur den elf Mitgliedern des Hauptausschusses.
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Sollte man sich tatsächlich für die Erinnerungszeichen aussprechen, müsste die Verwaltung einen Vertrag mit der Stadt München und dem Designer schließen. „Die Stadt Rosenheim hat bereits Kontakt mit uns aufgenommen“, sagt Strnad.
Keine Probleme für rasche Genehmigung
Probleme für eine rasche Genehmigung gibt es in seinen Augen keine. „Sollte sich der Stadtrat in Rosenheim für die Erinnerungszeichen aussprechen, steht von unserer Seite aus einer Umsetzung sogar noch in diesem Jahr nichts im Wege“, sagt Strnad. Das bestätigt auch ein Blick nach Oldenburg und Ingolstadt – Städte, die sich ebenfalls für die Erinnerungszeichen ausgesprochen haben.