Blockabfertigung: Megastaus im Inntal, Tiroler erhöhen den Druck - doch gibt es neue Hoffnung?

Fast 40 Geduldsproben allein in 2022: So oft setzten die Tiroler im Inntal auf Blockabfertigung - und verursachten damit lange Staus auf Autobahnen und Landstraßen in der Region Rosenheim. 2023 dürften es noch mehr werden. Die Bayern schäumen. Doch ist da vielleicht ein Lichtblick zu sehen?
Rosenheim - Die drüben reden vom „Dosieren“ und von „Notwehr“. Und die hüben von „Schikane.“ Und vermutlich liegt die Wahrheit in der Mitte, was wiederum zeigt: Es ist nicht so einfach mit der Blockabfertigung an der Grenze zwischen Tirol und Bayern.
Ja, der Verkehr im Inntal und erst recht im Wipptal kurz vorm Brenner ist heftig. Und nein, man muss nicht verstehen, warum die Tiroler jedes Jahr die Schraube ein wenig stärker anziehen. Als hätten sie die diplomatischen Beziehungen zu den Nachbarn abgebrochen. An bald 40 Tagen ist im Jahr 2022 Auto- und Lkw-Fahrern auf dem Weg in den Süden der Nerv gezogen worden. Allein im ersten Halbjahr 2023 werden es schon 24 Termine sein. Vermutlich Rekord.
Die Tiroler machen Druck auf die Deutschen
Es ist die Tiroler Art, den Deutschen mitzuteilen, beim Nordzulauf für den Brenner-Basistunnel endlich voranzukommen. Es sind die Menschen der Region Rosenheim, die es ausbaden.
Die Belastung ist immens. Da wäre der Zeitverlust für die Fahrer, die sich mitunter bis Irschenberg an der A8 zurückstauen. Da wäre die Unfallgefahr - weil sich die Lkw rechts stauen, und einfädelnden Fahrern die Sicht versperren. Oder weil wieder jemand nicht aufpasst und ins Stauende rauscht. Und da wäre der Stress für die Menschen in den vom Ausweichverkehr geplagten Inntalgemeinden.
Bayerns erfolgreiche Gegenmaßnahme
Daher war der Beifall groß, als Bayern zum Gegenschlag ausholte. Eine Güter-Transitsperre, genauer: ein Verbot für Lkw über 7,5 Tonnen, von der Autobahn abzufahren. Die Tiroler trifft‘s nicht wirklich. Aber es hilft den Inntalgemeinden. Doch da äußert mancher auch Mitgefühl für die Lastwagenfahrer.
Auch ansonsten ist die Politik gern am Brennpunkt. Tirols Landeshauptmann-Stellvertreterin Ingrid Felipe traf sich in Kiefersfelden mit ihren grünen Partefreunden aus dem bayerischen Landtag, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger reiste in das Krisengebiet und initiierte die Patrouille der Vertrauensleute aus Südtirol, Tirol und Bayern. Und die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig regte immer wieder an, die Tiroler zu verklagen. Brüssel hat ein Verfahren gegen Tirol bislang aber tunlichst vermieden.
Warum reist der Bundesverkehrsminister nicht ins Krisengebiet?
Nur aus Berlin kam nichts. Der Bundesverkehrsminister, Volker Wissing mit Namen und von der FDP gestellt, sagte nichts zur Sache, geschweige denn, dass er sich an den Brennpunkt begeben hätte. Das Unverständnis darüber ist in der Region groß. In Berlin dagegen geht das Gerücht, dass das gar kein böser Wille von Wissing sei, sondern nur so etwas wie Reisescheu.
Dafür war Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) öfter da. Auch beim „Jetzt red i“-Verkehrsgipfel in Brannenburg war er dabei. Zusammen mit Ingrid Felipe. Die Grüne und der schwarze Verkehrspolitiker: Man hatte den Eindruck, sie verstehen sich in der Sache gar nicht schlecht.
Vielleicht ist es daher ein gutes Zeichen, dass nach dem selbstgewählten Abschied von Blockabfertigungserfinder Günther Platter (ÖVP) auch Ingrid Felipe ihre Polit-Karriere beendet und bei der Deutschen Bahn angeheuert hat. Sie wird unter anderem für den Brenner-Nordzulauf zuständig sein. Und könnte damit den inoffiziellen Hauptgrund für die Blockabfertigung aus dem Weg räumen.