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„Wir verhandeln nicht mit Kriminellen!”- So soll es mit dem „Goldenen Hirsch“ weitergehen

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Von: Martin Lünhörster

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Die Spuren der Besetzung des Hotels „Goldener Hirsch“ am vergangenen Donnerstag sind noch immer sichtbar. Ein Zukunft hat das Haus aber nicht.
Die Spuren der Besetzung des Hotels „Goldener Hirsch“ am vergangenen Donnerstag sind noch immer sichtbar. Ein Zukunft hat das Haus aber nicht. © Cordula Wildauer

Kostenloser Wohnraum für alle - das war eine der Forderungen der Aktivisten, die sich am Donnerstag,13. April, im ehemaligen Hotel „Goldener Hirsch” verschanzt hatten. Nach Stunden konnte das Haus geräumt werden. Die Forderungen gibt es noch. Ebenso wie die Schäden am Gebäude.

Rosenheim - „Wir verhandeln nicht mit Kriminellen!”. Das stellt der Bevollmächtigte des Eigentümers des Hotel „Goldener Hirsch”, Arno Mühlhausen, gleich im Gespräch mit dem OVB fest. „Warum ist man nicht in Verhandlungen mit uns getreten, ohne eine Hausbesetzung zu machen?” Eine der Forderungen der Besetzter, die am vergangenen Donnerstag in das ehemalige Hotel eingedrungen sind, war es, mit den Eigentümern über die weitere Nutzung des Gebäudes zu sprechen. „Niemand hat mit uns gesprochen”, sagt Mühlhausen. „Ich frage mich, warum man erst das Gesetz brechen muss, um mit dem Eigentümer über Wohnraum zu sprechen.”

ein verriegeltes Fenster am Goldenen Hirsch
Hier sind die Aktivisten offenbar in das Haus eingebrochen - das Fenster wurde nachträglich von der Feuerwehr verriegelt. © Cordula Wildauer

Schaden wird ermittelt

Der Schaden, der durch die Besetzung entstanden ist, wird derzeit aufgenommen. Bis die Sache zivilrechtlich geklärt ist, bleibt der Eigentümer erst einmal auf den Schäden sitzen. „Derzeit behalten wir uns eine Klage vor, bis eine Schadensaufstellung abgeschlossen ist”, sagt Arno Mühlhausen. „Wir haben aber kein Interesse an einer Strafverfolgung.” Schaden entstand mindestens durch ein zerstörtes Fenster auf der Rückseite des Gebäudes, durch das die Besetzer eingedrungen waren. Außerdem an der Hauswand durch Graffiti und Rückstände der lila Rauchfackeln.

Ein Fenster am Goldenen Hirsch an dem lila Rauchspuren sind.
Der Rauchtopf der Aktivisten hat hier Spuren hinterlassen. © Cordula Wildauer

Nach stundenlanger Besetzung konnten die Polizei und die Feuerwehr das Hotel am Donnerstag räumen. „Die Atmosphäre des Einsatzes war eine andere als sonst”, sagt Stadtbrandrat Hans Meyrl. „Ansonsten war das eigentlich ein Standardeinsatz.“ Die Feuerwehr entfernte die Ketten, mit denen sich die Aktivisten festgemacht hatten und verschalte das kaputte Fenster.

Kein Leerstand im „Goldenen Hirsch”

Rosenheim solle eine Leerstandsstudie in Auftrag geben. Das war eine weitere Forderung des neu gegründeten Kollektivs „Häuser besetzen“. Nur: Leerstand im Sinne von ungenutztem und unvermietetem Wohnraum gibt es in dem früheren Hotel nicht. Bis 2019 war das Gebäude an ein Restaurant vermietet. Als eine Legionellenverseuchung in den Trinkwasserleitungen festgestellt wurde, hat die Stadt das Gebäude geschlossen. Daraufhin war der Eigentümer gezwungen, das Objekt im Jahr 2020 für mehrere Hunderttausend Euro entkernen zu lassen. Übriggeblieben sind Räume ohne Leitungen, ohne Strom, ohne Böden. Für Vermietungen im derzeitigen Zustand nicht geeignet.

Leerstandsmanagement realistisch?

Ein aktives Leerstandsmanagement würden auch mehrere regionale Politiker unterstützen.  „Wer glaubt, der Markt regle das schon alles, der nimmt weitere Leerstände wie den Goldenen Hirschen in Kauf”, sagt beispielsweise SPD-Fraktionsvorsitzender Abuzar Erdogan. „Es braucht zeitnah ein aktives Leerstandsmanagement in Rosenheim“, ist Erdogan überzeugt.

Fehlende Bodenbalken im Stockwerk über einem Raum im Goldenen Hirsch
Teile des Bodens im oberen Stockwerk fehlen. © Cordula Wildauer

„In Verbindung mit einem Leerstandsmanagement, wie es die Stadt Augsburg nutzt, hätte auch die Stadt Rosenheim die Chance, dem Leerstand den Kampf anzusagen“, sagt Ates Gürpinar, Bundestagsabgeordneter der Linken aus Rosenheim. Arno Mühlhausen sieht das etwas skeptischer. „Wie soll ein Leerstandsmanagement aussehen? Wenn es das gäbe, müsste der Bund, das Land oder die Kommune das mit beispielsweise zinslosen Darlehen unterstützen.”

Eigentümer stellt Wohnraum zur Verfügung

Dem Eigentümer des ehemaligen Hotels wurde auch vorgeworfen, er solle Leerstand zur Verfügung stellen. Im „Goldenen Hirsch“ ist das nicht möglich. Dem Eigentümer gehören aber noch weitere Immobilien in der Stadt Rosenheim, unter anderem der „Hammerwirt“. Nach Gesprächen mit der Stadt habe der Eigentümer unter anderem den Hammerwirt für viel Geld renovieren lassen. „Die Stadt hat die Wohnungen dort gemietet, dort wohnen nun in 18 Wohnungen Migranten aus der Ukraine”, sagt Mühlhausen. Auch die Gaststätte im Erdgeschoss wird derzeit renoviert. Dort soll bereits im Sommer ein neues Restaurant mit bayerischer Küche und Biergarten eröffnen.

So geht es mit dem „Goldenen Hirsch“ weiter

Eine Wiedereröffnung des Hotels „Goldener Hirsch” wird es aber wohl nicht geben. Der Eigentümer strebt einen Verkauf der Immobilie an. Interessenten gibt es schon, die Verhandlungen laufen. Mit den neuen Hotels am Bahnhof ist es unwahrscheinlich, dass an dieser prominenten Stelle in der Innenstadt ein neues Hotel entsteht. Wahrscheinlicher ist aufgrund der Lage eine Ladenzeile und darüber Wohnungen, sagt Mühlhausen. „Wir wollen wissen, was der neue Eigentümer damit macht.” Der jetzige Eigentümer hat kein Interesse, das Gebäude neu zu bauen. Der ganze Baumarkt habe sich im letzten halben Jahr negativ entwickelt, die Materialpreise seien stark gestiegen, die Zinsen würden wöchentlich steigen. Das sei für einen Eigentümer ein großes Risiko.

Kollektiv will ähnlich weitermachen

Für die Hausbesetzer und das Kollektiv „Häuser besetzen” war die Aktion ein voller Erfolg. Weitere, ähnliche Aktionen seien bereits geplant, wie ein Sprecher bereits während der Besetzung am vergangenen Donnerstag mitteilte. „Mit der Besetzung ist es uns gelungen, überregionale Aufmerksamkeit auf das Thema Wohnraum und Häuserkampf zu lenken.“

Die Aufmerksamkeit wurde erreicht, nur die Art und Weise stößt vielen auf. Rosenheims zweiter Bürgermeister Daniel Artmann (CSU) sagt, in der Stadt gebe es keinen Platz für Extremismus. Weder von links, noch von rechts. 

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