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Nach tragischem Unfall bei Neumarkt-St. Veit: Kilian (10) liegt seit Monaten im Wachkoma

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Von: Michael Weiser

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Kilian. Das Foto zeigt ihn bei den Ferien in Spanien, kurz vor dem Unfall. Acht Monate später beraten sich seine Mutter Christina Pöschel (links) und Sabine Kuhn von Silberstreifen, wie man ihm den Weg zurück ins Leben ebnen kann.
Ein Bub voller Spaß und Freude: Das war Kilian. Das Foto zeigt ihn bei den Ferien in Spanien, kurz vor dem Unfall. Acht Monate später beraten sich seine Mutter Christina Pöschel (links) und Sabine Kuhn von Silberstreifen, wie man ihm den Weg zurück ins Leben ebnen kann. © Michael Weiser/re

Es war ein Unfall, der alles veränderte: Am 7. August vergangenen Jahres verunglückte der Sohn von Christina Pöschel schwer. Seitdem kämpft die Mutter um die Rückkehr von Kilian ins Leben. Dabei hilft ihr der Verein Silberstreifen im Schön-Klinikum Vogtareuth.

Vogtareuth - Christina Pöschl ist ihrem Sohn Kilian so nahe wie nur möglich. Doch zu dem Zehnjährigen kommt sie nur selten durch. Es ist, als sei der Bub in einer anderen Welt. Seit acht Monaten ist das mittlerweile so. Seit jener Nacht, in der ihr Ex-Mann die Kontrolle über seinen Mercedes verlor und gegen einen Baum prallte. Mit Kilian im Wagen.

Seit diesem Abend im August ist Kilian ohne Bewusstsein. Erst versetzten ihn die Ärzte ins künstliche Koma. Seit Monaten aber liegt er im Wachkoma. Deswegen liegt er in Vogtareuth - in der Schön-Klinik dort sind die Ärzte spezialisiert auf schwere neurologische Erkrankungen.

„Sein Zustand ist seitdem unverändert“, sagt Christina Pöschl. Eigentlich wohnt die Familie in Tann (Landkreis Rottal-Inn). Doch die 35-Jährige will immer für ihren Sohn da sein. „Er reagiert, manchmal, aber eben auch nicht immer. Es kann sein, dass er die Augen minimal zu einem rüberdreht. Oder man berührt ihn sacht – und man hört einen kleinen Seufzer.“

In Sekundenbruchteilen nahm das Leben eine dramatische Wendung

Es waren Sekundenbruchteile, die damals, am Abend des 7. August 2022, das Leben mehrerer Menschen veränderten. Und die 20 Minuten danach, die Kilians Leben eine weitere Wendung gaben. Am Tag zuvor erst war der Ex-Mann aus einem Spanien-Urlaub mit Kilian zurückgekehrt.

Kurz vor elf Uhr abends verlor er auf der Straße zwischen Neumarkt-St. Veit (Landkreis Mühldorf) und Massing (Landkreis Rottal-Inn) die Kontrolle über seinen Mercedes. Das schwere Fahrzeug prallte gegen einen Baum, wurde förmlich zerknüllt. Der Fahrer starb auf der Stelle, eine 17-jährige Beifahrerin aus Rosenheim wurde lebensgefährlich verletzt.

Und Kilian? Mit ihm rechnete am Unfallort erstmal niemand. Der Junge war aus dem Auto geschleudert worden, zunächst wusste niemand von ihm. Es könnte die Beifahrerin gewesen sein, die im Schock etwas gestammelt hat: Was mit Kilian sei? So meint es Christina Pöschel gehört zu haben. Jedenfalls machten sich die Rettungskräfte mit Verspätung auf die Suche nach dem Bub. Es vergingen 20, möglicherweise sogar mehr Minuten, bis das Kind unter einem Baum liegend gefunden wurde. Eine tragische Verzögerung. Christina Pöschel ist weit entfernt davon, den Rettungskräften gegenüber dem OVB einen Vorwurf zu machen. „Ich weiß, was die durchmachen“, sagt sie, „die haben meine Hochachtung.“

Am übernächsten Tag die Notoperation

Kilian war so schwer verletzt, dass er mit dem Hubschrauber in das nächstgelegene Krankenhaus in Regensburg geflogen wurde. Er hatte einen Schädelbasisbruch erlitten, dazu eine Hirnblutung.

Bereits in der nächsten Nacht musste Kilian notoperiert werden. Der Hirndruck war zu hoch. Die Schädeldecke wurde entfernt, stattdessen eine Decke aus Titan eingesetzt. Eine Woche dauerte es, bis der Junge stabil und außer Lebensgefahr war. Doch dann die schlechte Nachricht. Die Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff war untergebrochen gewesen. Jene 20, 25 Minuten lang, die man Kilian nicht hatte finden können. Das Hirn sei geschädigt, teilte der Arzt ihr mit.

Und dann ein weiterer Rückschlag: In die OP-Wunde traten Bakterien ein. „Er bekam Fieber, er hat furchtbar schlecht ausgesehen“, erzählt Christina Pöschel. In einer weiteren OP musste die Titanplatte wieder entfernt werden. Bekommt Kilian irgendetwas mit davon? Schwer zu sagen. Seit dem Unfall ist er da und doch weit weg. Ob er jemals aus dem Wachkoma zurückkehrt, und wie weit, kann niemand sagen. „Die Ärzte können ja auch nicht hellsehen“, sagt Pöschel.

„Da kommt die Löwen-Mamma raus“

Seit acht Monaten ist die Mutter an Kilians Seite, sie bangt und hofft, vor allem auf die Hilfe des Spezialisten in Vogtareuth. Sie ist in Elternzeit. Denn da ist noch Matteo, neun Monate alt, sieben Wochen alt, als der Unfall geschah. „Der ist jeden Tag dabei, sagt Pöschel“. Ihr Freund nimmt immer wieder frei und nutzt die Wochenenden, um ebenfalls da zu sein. Gut, dass Christina Pöschel vom Verein „Silberstreifen“, der sich neurologisch erkrankter Kinder annimmt, eine Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen hat.

Dort machen sich Pöschel und ihr Lebensgefährte auch Gedanken, wie es weitergehen soll. Kilian wird auf einen Rollstuhl angewiesen sein, wird umfassender Fürsorge bedürfen. „Am dringendsten bräuchten wir ein Haus, in dem wir relativ viel auf einer Ebene machen können.“ Aber dann brauche es auch noch Umbauten im Bad, Durchbrüche, breit genug für einen Rollstuhl. Die Versicherung wird einiges zahlen, aber längst nicht alles.

An all das muss Christina Pöschel denken. Vor allem aber daran, was sie im Augenblick für ihren Kilian tun kann. Sie lächelt im Gedanken an ihn tapfer. „Man findet sich ab, macht das Beste daraus“, sagt sie dann. „Zuerst mal sieht man zu, dass man seinen eigenen Kampf nicht verliert.“ Dann geht‘s mit dem Kampf für Kilian weiter. „Da kommt die Löwen-Mama raus“, sagt sie.

Hilfe für Kilian: Spenden an Verein Silberstreifen

Wer der Familie helfen möchte, kann das über den Verein Silberstreifen tun. Die IBAN für Spenden an den Verein lautet: DE 51 7116 0000 000 5 50 76 69, das Kennwort „Kilian“.

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