Ermittlerduo aus München im Gespräch
Giftmord-Spur führt ins Kloster Reisach: Tatort-Dreh mit Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec
Was hat es mit der Fahrkarte nach Oberaudorf auf sich, die ein vergifteter Wirtschaftsprüfer in der Tasche hatte? Das wollen zwei Kommissare im Umfeld des Kloster Reisachs ermitteln. Doch keine Angst: Bei dem Einsatz handelt es sich nur um Dreharbeiten zu einer neuen Tatort-Folge. Ein Besuch am Set.
Oberaudorf – Die Sonne strahlt und verpasst dem Kloster einen Heiligenschein, der sich auf Fotos besonders gut macht. „Wir warten auf die nächste Wolke“, ruft der Aufnahmeleiter entnervt. Schließlich wird hier kein munterer Mix aus „Um Himmels Willen“ und „Rosenheim-Cops“ gedreht. Das Kloster Reisach bei Oberaudorf ist ein „Tatort“. Einer, der am Sonntagabend im Ersten ernstgenommen werden will. „Wunder gibt es immer wieder“ heißt die Episode, die das Münchner Ermittlerduo Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) nach Oberaudorf führt.
Giftmord an Wirtschaftsprüfer
Das Motto: Es gabat a Leich. Doch weil der Münchner Hauptbahnhof Endstation für den Toten im Zug ist, sind die Kommissare aus der Landeshauptstadt zuständig. In den Taschen des vergifteten Wirtschaftsprüfers Stefan Lechner finden sie eine Post- und eine Fahrkarte aus Oberaudorf, das der Bayerische Rundfunk seinen Zuschauern als fiktives Örtchen Dannerberg verkauft.
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Das echte Kloster Reisach, das fast 300 Jahre von Mönchen bewohnt und erst 2019 mangels Nachwuchs aufgelöst wurde, dient als malerisch-mystische Kulisse des Sonntagabendkrimis. Auf den ersten Blick scheint das gottesfürchtige Leben der Nonnen im Film beschaulich, doch hinter dicken Mauern verbergen die Ordensschwestern dunkle Geheimnisse.
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„Ein wunderschöner Ort“, schwärmt Schauspielerin Christiane Blumhoff, die in Schwesterntracht auf einer Gartenbank sitzt und sich eine Zigarette genehmigt. Es sind die letzten Tage der Dreharbeiten, die am 27. Juli enden. Blumhoff, Volksschauspielerin, Komödiantin und seit ihrer Flucht 1945 aus Danzig durch und durch Münchnerin, spielt mit ihren 79 Jahren die älteste Nonne.
„Im Komödienstadl hab ich vor ewigen Zeiten schon mal eine gespielt.“ Ansonsten habe sie mit der Kirche nicht viel am Hut. „Mein Vater kannte die Bibel Vers für Vers auswendig, aber nur, um sie zu widerlegen. Er führte hitzige Debatten mit einem befreundeten Pfarrer.“ Der Zölibat, die Forderung nach Enthaltsamkeit, die ewigen Reden über Schuld, Strafe und Sühne – „das hat für mich noch nie Sinn ergeben“, sagt Blumhoff. Das traumhafte Kloster aber hat es ihr angetan. „Für einen Euro könnte man es haben – wenn nur die Sanierungskosten nicht so verdammt hoch wären“, lacht sie.
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Die scheinen auch im realen Leben die Investoren abzuschrecken. Das Kloster ist verlassen, über seine zukünftige Nutzung hat der Freistaat Bayern noch nicht entschieden. Hin und wieder aber finden hier im Innenhof Freiluft-Gottesdienste statt. Ein Hausmeister sorgt dafür, dass der Garten halbwegs in Schuss bleibt.
Produzentin schwärmt von der Kulisse
„Für uns ist das die ideale Kulisse“, schwärmt Produzentin Annie Brunner, die an diesem sonnigen Tag ebenfalls am Set ist. „Wir haben mit vielen Bürgermeistern in Bayern gesprochen, viele Klöster angeschaut – jedes hat eine unterschiedliche Nutzung.“
Kloster Reisach aber liegt wie im Dornröschenschlaf, mit rotem Klee unter den Apfelbäumen, für kurze Zeit wachgeküsst von einem Filmteam, das unter der Regie von Maris Pfeiffer den aktuellen Tatort dreht. Ob es nach Drehschluss wieder zu neuem Leben erweckt wird? Wunder gibt es immer wieder.
Drei Fragen an Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl
Oberaudorf – Die unbeschuhten Karmeliten haben Kloster Reisach schon 2019 verlassen, jetzt schlendern beschuhte Kommissare an diesem heiligen Ort, der auf dem Gebiet der Gemeinde Oberaudorf liegt. „Tatort“-Ermittler Franz Leitmayr (Udo Wachtveilt) und sein Kollege Ivo Batic (Miroslav Nemec) ermitteln in einem klerikalen Krimi, der voraussichtlich Ende des Jahres im Ersten zu sehen sein wird. In einer Drehpause finden sie Zeit für ein kurzes Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Wäre dieser Mord im bayerischen Voralpenland nicht eigentlich ein Fall für die „Rosenheim-Cops“?
Miroslav Nemec: (lacht) „Nein, nein! Wie heißt es so schön am Anfang des Films: Münchner Leiche, Münchner Fall. Das Opfer kommt ja mit dem Zug in die Stadt.“
Udo Wachtveitl: „Und die Spur führt uns zurück ins Kloster. Im Film entscheiden wir uns dafür, die Ermittlungen vor Ort zu führen und auch hier zu wohnen. Das hat durchaus etwas Klaustrophobisches. Aber natürlich sind wir dankbar für die Amtshilfe, die von den Kollegen aus der Region geleistet wird.“
So oft verschlägt es die Münchner Kommissare ja nicht ins Umland. Was ist das Besondere an diesem Drehort?
Nemec: „Statt in einer Garderobe sitzen wir in ehemaligen Klosterzellen und blicken auf diesen wunderschönen Hof. Für die Arbeit, die eigene Konzentration ist das ein Geschenk. Die Atmosphäre sorgt dafür, dass du in die richtige Stimmung kommst. In so einem Kloster überträgt sich einfach eine ganz eigene Energie.“
Wachtveitl: „Ich würde es Aura nennen. Das liegt natürlich auch an der Architektur, den klaren Materialien: Holz, Stein und sonst gar nichts. Die Glaubenswelt hat für mich aber auch schon immer etwas Unheimliches gehabt. Einen Film macht das – wenn man beispielsweise an Der Name der Rose denkt – durchaus interessant.“
Kloster Reisach gehört seit seiner Auflösung 2019 dem Freistaat Bayern. Noch sind sich die Verantwortlichen nicht einig, wie es künftig genutzt werden soll. Was würden Sie damit anfangen, wenn man es Ihnen schenken würde, ohne dass Sie für die Instandhaltung aufkommen müssten?
Nemec: „Ha! Ich würde gern hier wohnen. Mit vielen Menschen, die ich gern mag – das wäre dann eine riesengroße Wohngemeinschaft.“
Wachtveitl: „Also mir wär so eine WG definitiv zu groß. Aber mich interessieren die Werkstätten. Auch davon gibt es hier einen Menge – eine Schweiß-Werkstatt, eine für Holz. Und dann der tolle Garten. Da könnte man sich austoben.“