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Vier Jahrzehnte die Hauptrollen auf und hinter der Bühne – Gerhard Scheuerer tritt ab

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Von: Sylvia Hampel

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Den Durchblick behalten – das hat Gerhard Scheuerer über mehr als vier Jahrzehnte als Vorsitzender der Theatergruppe Stephanskirchen. Jetzt ist er auf Abschiedstournee.
Den Durchblick behalten – das hat Gerhard Scheuerer über mehr als vier Jahrzehnte als Vorsitzender der Theatergruppe Stephanskirchen. Jetzt ist er auf Abschiedstournee. © Peter Schlecker

Seine Karriere begann als Hausknecht. Das war 1982. 41 Jahre lang war Gerhard Scheuerer Hauptdarsteller der Theatergruppe Stephanskirchen. Und ihr Vorsitzender. Jetzt reicht‘s. Das Freilichtspiel „Der Holledauer Schimmel“ ist seine Abschiedsvorstellung.

Stephanskirchen – Jetzt fangen die Wehwehchen an. Das war für Gerhard Scheuerer das Signal, sich als Vorsitzender der Theatergruppe Stephanskirchen zurückzuziehen. 30 Jahre war er jung, als er 1982 zu den Wiedergründern der Theatergruppe gehörte. Und zum Vorsitzenden gewählt wurde. Dabei wollte Gerhard Scheuerer nur spielen. Das tat er auch, meist in Hauptrollen.

Das tut er auch beim „Holledauer Schimmel“, einem Stück um zwei verfeindete Dörfer, diverse Liebespaare, und ein gestohlenes Pferd. Das Stück war schon ausgesucht, da kam Corona und alles lag brach. Kaum klang die Pandemie ab, standen die Stephanskirchner Theaterer in den Startlöchern. „Wir sind ein total eingespieltes Team“, sagt Scheuerer mit einem Schmunzeln. Deswegen sei es dann flott gegangen.

Bühnenbau, Regie, Organisation – „jeder weiß, was er zu tun hat“, freut sich Scheuerer. Die Gruppen treffen sich zur Absprache „und der Vorsitzende setzt dann nur noch die Unterschrift darunter“, sagt Scheuerer und grinst. Müsste er alles alleine machen, würde er gar nicht fertig, betont er. Denn er ist zwar im Rentenalter, der Gerhard Scheuerer, aber seinen Markt für alles rund um Haus, Garten, Landwirtschaft führt er nach wie vor. Und im Gemeinderat sitzt er auch, schon seit 2002. Allerdings müssen derzeit die Kommunalpolitiker häufig auf die drei schauspielenden Kollegen verzichten – weil sich Proben und Ratssitzungen überschneiden.

Seit Ende April wird im Freien geprobt. An der Krottenhausmühle. Meist mit allen Beteiligten, inklusive Statisten, „a ganz a scheene Blosn“, wie Regisseur Wolfgang Kozsar findet. Die aber zum ersten Mal zusammengesucht werden musste, berichtet Scheuerer. Meist fanden sich reichlich Mitspieler, dieses Mal war Überzeugungsarbeit nötig. „Zusage, Absage, dann wieder Zusage, dann doch Absage – offensichtlich ist es für manche schwierig, zweimal die Woche zur Probe zu kommen“, sagt Scheuerer kopfschüttelnd.

„A ganz a scheene Blosn“ hat Regisseur Wolfgang Kuzsar für das Freiluftspiel „Der Holledauer Schimmel“ beisammen.
„A ganz a scheene Blosn“ hat Regisseur Wolfgang Kozsar für das Freiluftspiel „Der Holledauer Schimmel“ beisammen. © Peter Schlecker

Am Anfang fremdelten die Liebespaare bei den Proben noch ein wenig miteinander, schließlich sind die meisten „im richtigen Leben“ kein Paar. Mittlerweile hat sich das erledigt. Was sich noch nicht ganz erledigt hat: Manchmal bekommt Regisseur Kozsar auf seine Frage „Wo is‘ der...“ aus der Menge zu hören „unterwegs wegen...“, weil irgendeiner der Darsteller in seiner Doppelfunktion als Bühnenbauer – oder weil er jemanden kennt, der jemanden kennt – noch ein fehlendes Trumm holt.

Sponsoren blieben über Pandemie hinweg an Bord

Worum sich weder Scheuerer noch irgendjemand aus dem Organisationsteam kurzfristig kümmern musste: die Finanzen, um ein Freiluftspiel auf die Beine stellen zu können. Die Sponsoren, die 2020 zugesagt und zum Teil schon überwiesen hatten, blieben an Bord. Auch wenn die Theatergruppe, bis dahin Teil der Jungbauernschaft Stephanskirchen, sich seitdem gezwungenermaßen selbstständig machen musste. Weil das Finanzamt befand, dass Theaterspielen nichts mit Brauchtumspflege und Kulturerhalt zu tun habe, damit nicht durch die Satzung der Jungbauernschaft gedeckt sei. Also auch nicht gemeinnützig – und damit steuerpflichtig. Scheuerer kann darüber heute noch den Kopf schütteln. Aber der gelernte Kaufmann bewältigte auch das.

Nun aber hat er beschlossen, sich zurückzuziehen. „Ich habe viel Herzblut investiert, aber irgendwann reicht es.“ Einen Nachfolger hat er mit Rudi Durst, ebenfalls seit vielen Jahren auf und hinter der Bühne dabei, gefunden. Den „Holledauer Schimmel“ nennt Scheuerer seine „Abschiedstournee“. In drei Wochen, am 17. Juni, ist Premiere.

Freilichtspiel „Der Holledauer Schimmel“ in Krottenhausmühle

Karten für das Freilichtspiel der Theatergruppe Stephanskirchen, das ab 17. Juni zu sehen ist, gibt es im Stewa-Markt in der Hofmühlstraße oder unter www.theatergruppe-stephanskirchen.de

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