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Traum vom Führerschein für 17-Jährige nach Probefahrt geplatzt: Kein Spielraum für die Polizei?

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Von: Korbinian Sautter

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Kontrolle an öffentlichen Parkplätze: Beim Fahren ohne Fahrerlaubnis stellen die Polizeibeamten eine Strafanzeige.
Kontrolle an öffentlichen Parkplätzen: Beim Fahren ohne Fahrerlaubnis stellen die Polizeibeamten eine Strafanzeige. © dpa

Einen Tag vor der ersten Fahrstunde wurde der Traum einer 17-Jährigen vom eigenen Führerschein jäh unterbrochen. Sie wurde von der Polizei bei einer Probefahrt auf einem Supermarktparkplatz in Kiefersfelden aufgehalten. Die Beamten zögerten nicht lange.

Kiefersfelden/Brannenburg - „Wir haben unsere ganz klaren Vorgaben”, sagt ein Sprecher der Polizeiinspektion Brannenburg zu dem Vorfall, der sich auf einem Supermarktparkplatz in Kiefersfelden ereignete. Zwei Beamte hatten am späteren Abend auf der zu dieser Zeit kaum mehr genutzten Fläche eine 17-Jährige Fahrerin aus dem südlichen Teil des Landkreises Rosenheim angehalten. Sie hatte sich laut Polizei das Auto eines 20-Jährigen Freundes ausgeliehen, um einen Tag vor der ersten offiziellen Fahrstunde ein wenig zu üben. 

Beamten zur Strafanzeige verpflichtet

Die Folge: Eine Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen die 17-Jährige und eine Anzeige wegen Beihilfe für den Begleiter. „Das Problem ist, dass die Beamten dazu verpflichtet sind, die Anzeige aufzunehmen, sobald Sie von so einem Fall Kenntnis erlangen”, erklärt der Polizeisprecher. Die Tatsache, dass vielleicht viele vor der ersten Fahrstunde schon einmal unerlaubt geübt hätten, ändere daran nichts. Denn der Parkplatz eines Supermarktes gelte als öffentlicher Verkehrsgrund. Eine private Fahrstunde ohne entsprechende Fahrerlaubnis ziehe dementsprechend strafrechtliche Konsequenzen nach sich.

Wie hoch diese ausfallen, liegt laut Polizei nun bei der Staatsanwaltschaft und der Fahrerlaubnisbehörde. Beide bekommen die Anzeige übermittelt und entscheiden über das Strafmaß. „Wie die Strafe ausfällt, hängt ganz von dem jeweiligen Fall ab‘‚, meint Markus Andrä, stellvertretender Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein. Gemäß §21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) könnte für die Tat eine Geld - oder sogar einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr fällig werden.

Minderjährige mit Sonderschutz

Im Fall der 17-Jährigen kommt dieses Strafmaß laut Andrä aber gar nicht in Frage. „Da die Fahrerin minderjährig war, gilt für sie das Jugendstrafrecht, bei dem der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht”. Ob eine Sperre oder andere Strafen verhängt werden, kommt laut dem Staatanwalt aber ohnehin auf unterschiedliche Faktoren an. Zum Beispiel, ob die Fahrerin sich einsichtig zeigt, ob die Idee von den Eltern initiiert wurde oder wie hoch die Gefährdung für die Öffentlichkeit war. 

„In der Regel wird es auf Sozialstunden für die 17-Jährige und eine Geldstrafe für den Begleiter hinauslaufen”, analysiert Metin Mergen, Rosenheimer Regionalvorsitzender des Bayerischen Fahrlehrerverbandes. Er hatte in den vergangenen Jahren schon häufiger mit solchen Fällen zu tun und kennt daher die Diskussion rund um die Testfahrten vor der Fahrschule. Seiner Einschätzung nach werde wohl rund ein halbes Jahr vergehen, bis die üblichen 50 bis 100 Sozialstunden abgeleistet sind. So lange dauert dann auch die Sperre bis zur ersten Fahrstunde.

Behörde ortientiert sich am Gericht

Zwar könnte die Fahrerlaubnisbehörde, die ebenfalls die Anzeige der Polizei erhält, die Sperre noch verlängern. Laut Merten kommt das jedoch selten vor. „Über Strafen oder Sperren entscheidet ein Gericht‘‚, bestätigt Michael Fischer, Pressesprecher des Landratsamtes Rosenheim. Nur wenn begründete Zweifel an der Fahreignung bestehen, zum Beispiel wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis in mehreren Fällen, könnte die Fahrerlaubnisbehörde die Erteilung der Erlaubnis verzögern. 

Der Regionalvorsitzende des Fahrlehrerverbandes warnt aufgrund der teilweise langwierigen Strafen ebenso wie die Polizei vor den Aktionen im öffentlichen Raum. Gleichzeitig könne er das Verhalten aber auch verstehen. „Das nächste Fahrsicherheitszentrum des ADAC, bei dem man ohne Führerschein üben könnte, ist in Augsburg. Das ist für die meisten zu weit weg“, sagt Merten. Dementsprechend beliebt sei es eben, abends die Supermarktparkplätze zu nutzen. Eine Lösung wäre laut Merten, ein ähnliches Zentrum im Landkreis Rosenheim zu etablieren. Zudem würden sich noch Firmengelände eignen, die mit geschlossener Schranke als Privatgrundstück gelten. Ansonsten bliebe die Gefahr bestehen, wie in diesem Fall, eine Strafanzeige zu kassieren. 

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