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„Söder zieht das knallhart durch“: Wie sich die Region auf den Corona-Lockdown vorbereitet

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Von: Michael Weiser

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Viel Mühe, wenig Ertrag: Wie Alexander Balk vom Bistro Big Ben in Stephanskirchen blicken auch andere Wirte dem drohenden Lockdown bang entgegen.
Viel Mühe, wenig Ertrag: Wie Alexander Balk vom Bistro Big Ben in Stephanskirchen blicken auch andere Wirte dem drohenden Lockdown bang entgegen. © Schlecker

Er ist noch nicht offziell verkündet, doch bezweifelt niemand mehr, dass er kommt: Die Region Rosenheim richtet sich auf den nächsten Corona-Lockdown ein. Die Gefühlslage in der Stadt: zwischen Wut und Panik.

Rosenheim – In der Region waren schon seit Tagen Sorgen und Unmut wegen der Corona-Politik gewachsen, aber auch wegen möglicher bayerischer Sonderwege und der rasant steigenden Zahlen in Rosenheim. Für die kreisfreie Stadt hatte das Robert-Koch-Institut am gestrigen Mittwoch eine 7-Tages-Inzidenz von 254 ausgewiesen. Bei ähnlichen Werten hatten die Landkreise Berchtesgaden und Rottal-Inn das öffentliche Leben weitgehend heruntergefahren.

Was wird Rosenheim tun? Das war die Frage am Morgen. Im Laufe des Tages wurde klar: Es geht nicht länger um Rosenheim. Es geht um eine nicht mehr kontrollierbare Corona-Lage in Deutschland. Ab Montag macht das Land zu, sickert gegen 15 Uhr durch. Insgesamt und ohne Ausnahme-Kommune. Wie es der bayerische Ministerpräsident am Dienstag gesagt hatte. „Schnell und konsequent“ solle gehandelt werden, so sagte es Söder.

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Die Rosenheimer Stadtverwaltung beobachtete die Beratungen der Ministerpräsidentenkonferenz gestern mit stiller Resignation. „Wir warten ab, was die hochmögenden Damen und Herren in und um Berlin beschließen“, sagte Sprecher Christian Schwalm zur Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Länderchefs.

Konsequent und schnell, so will’s Söder

Hält man sich an Söder, haben vor allem Hoteliers und Gastronomen Anlass zur Sorge. Denn dann herrscht nicht länger Sperrstunde um 21 Uhr, dann machen die Lokale möglicherweise ab Montag für zwei oder mehr Wochen nicht mehr auf. Derlei deutete Söder bereits am Dienstag an.

„Es kommt drauf an, wie lange sie das durchziehen“, sagt auch Alexander Balk vom Big Ben „Der Söder wird das knallhart durchziehen.“ Kein Geschäft, aber weiter laufende Kosten – das hält kein Betrieb lange aus. „Wenn das bei drei Wochen bleibt, dann krieg ich das hin. Wir machen dann wieder Essen to go. Aber wie geht’s dann weiter?“ fragt er.

Wieder Nachteile durch schnelle Öffnung in Österreich?

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Theresa Albrecht aus Rohrdorf, Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands, rechnet mit einem bayerischen Sonderweg. „Die Bundesländer werden sich doch wieder nicht einig“, sagt sie. „Und Österreich und Italien machen‘s eh anders.“ Womit für sie und ihre Kollegen in Bayern Nachteile verbunden wären. „Kanzler Kurz ist doch clever. Die machen dann im November Tirol dicht, und im Dezember machen s‘ wieder auf.“

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Auch Christina Pfaffinger von Chiemsee-Alpenland Tourismus blickt sorgenvoll in die Zukunft. „Im anstehenden Winter ist das für die Gastgeber und die Leistungsträger schrecklich“, sagt sie. Viele Wirte können die entsprechenden Zahlen schon herunterbeten: 447 000 Menschen, die allein in Bayern in der Bewirtungs- und Beherbergungsbranche arbeiten und damit nunmehr vor dem Ruin stehen. „Das ist nicht nur eine Zahl“, sagt Pfaffinger. „Dahinter stehen Unternehmer, dahinter stehen Menschen und ihre Familien.“

Was Hoteliers und Gastronomen besonders stinkt, ist die ihrer Meinung nach willkürliche Benützung des Robert-Koch-Instituts. Einerseits werde die Inzidenzzahl des RKI als Begründung für harte Einschnitte angeführt, schimpft Thomas Geppert aus Bad Aibling, Geschäftsführer des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands. Andererseits werden die Beobachtungen des RKI ignoriert. Das Institut hatte festgestellt, dass sich lediglich 0,5 Prozent der Ansteckungen in der Gastronomie ereigneten. „Die angedachten Maßnahmen sind willkürlich, nicht nachvollziehbar und vollkommen unverhältnismäßig“, sagt Geppert. Die Bezeichnung Lockdown „light“ ist für ihn ein Hohn.

Es gibt auch Verständnis für die Politik

Auch der Sport ist betroffen. Thomas Janko, einer von zwei Geschäftsführern der Kletterhalle Rosenheim, bemüht sich um Gelassenheit. „Wir fahren auf Sicht, genau so wie die Politik. Wir haben das ja auch schon mal durchexerziert.“ Er hat Verständnis für die Politiker. „Politiker können es doch eh nur falsch machen. Wenn sie den Lockdown zu spät machen, gibt es viele Tote und alle schimpfen auf sie. Wenn sie früh alles runterfahren, dann gibt es wenige Tote, und man kann die Maßnahmen hinterher nicht rechtfertigen.“

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