Seit 20 Jahren im Umlauf
Erfolgsgeschichte „Chiemgauer“: Wie die Regionalwährung jetzt das Klima retten soll
- VonJohannes Thomaeschließen
Die Regional-Währung „Chiemgauer“, die vor 20 Jahren zur Stärkung der heimischen Wirtschaft eingeführt worden ist, ist eine Erfolgsgeschichte. Jetzt wollen die Macher durch die Währung und den „Klimabonus“ auch noch den CO2-Fußabdruck von Bürgern und Unternehmen senken. So soll‘s funktionieren.
Rosenheim – Der Online-Handel verzeichnet fantastische Zuwachsraten, der regionale Einzelhandel kommt immer mehr in Bedrängnis. Ein Mittel, um hier gegenzusteuern, sind Regionalwährungen. Mit ihnen ist nur bei Geschäften und Dienstleistern in der jeweiligen Region zu zahlen. Der Kreislauf, der dabei aufgebaut wird, führt deshalb von selbst zu einer Stärkung der lokalen Wirtschafsstruktur.
Währung existiert seit 20 Jahren
Dass es sich dabei nicht um bloße Theorie handelt, zeigt der Erfolg des „Chiemgauers“, den es mittlerweile seit 20 Jahren gibt. In seinem Einzugsbereich, den Landkreisen Rosenheim und Traunstein, gibt es mittlerweile 411 Partner, die den „Chiemgauer“ als Zahlungsmittel akzeptieren. Bei den üblichen Geschäftsbanken können gar „Chiemgauer“-Konten einrichten.
Immer schon verbunden mit dem „Chiemgauer“ war eine soziale Komponente: Wer Euro in „Chiemgauer“ umtauscht, fördert ohne jeden eigenen finanziellen Aufwand einen Verein seiner Wahl: Drei Prozent der Umtauschsumme fließen automatisch dort hin, finanziert wird diese Unterstützung durch die teilnehmenden Geschäfte und Dienstleister. Für Christian Gelleri, den „Erfinder“ des „Chiemgauers“, war deshalb klar: Die Idee der Regionalwährung wäre auch eine ideale Basis, um in der Region auch nachhaltiges Wirtschaften gezielt zu fördern. Konkret wurden diese Überlegungen seit 2019.
Dafür wurde eine spezielle Variante des „Chiemgauers“ aufgelegt, der Klimabonus. Auch er hat den Gegenwert eines Euros, man erhält ihn, gewissermaßen als Rabatt, wenn man bei Geschäften einkauft, deren Produkte belegbar „nachhaltig“ sind. Die Idee dahinter: Klimafreundliches Einkaufsverhalten, das hilft, den eigenen CO2-Fußabdruck zu verringern, soll belohnt werden. Eine Belohnung, die, wie schon beim „Chiemgauer“, Kreisläufe in Gang setzt: Eingelöst werden kann dieser Klimabonus wiederum nur bei Geschäften, die nachhaltig hergestellte Produkte vertreiben. Das Gesamtprojekt wird zudem vom Bundesumweltministerium gefördert.
Beratung der Betriebe
Entscheidend beim Klimabonus ist, dass das Zahlungsmittel an sich nur ein kleiner Teil von viel weiterreichenden Bemühungen ist. Im Gesamtkonzept ist auch die Beratung der Betriebe enthalten, wie sie ihren ökologischen Fußabdruck zunächst ermitteln und dann senken können, um ein Nachhaltigkeitssiegel zu erhalten.
Die Umweltbelastung völlig gegen Null zu fahren, ist für Betriebe natürlich nicht machbar. Es bleibt ein Rest, der durch Kompensationszahlungen ausgeglichen werden kann. Und auch hier setzt man beim Klimabonus auf Regionalität: Kompensation soll nicht weit entfernt erfolgen, wo die Maßnahmen im Einzelnen nur schwer nachzuvollziehen sind, sondern hier, in regionalen Projekten, wie etwa der Renaturierung von Moorlandschaften.
Entscheidend für den Erfolg des Klimabonus ist natürlich auch die Information des Endverbrauchers. Deshalb finden sich detaillierte Informationen nicht nur im Internet unter chiemgauer.info, wo es auch Berechnungshilfen für den eigenen ökologischen Fußabdruck gibt. Man hat auch ein sogenanntes Klimasparbuch entwickelt, das jüngst vorgestellt wurde.
Das kleine Buch ist aber viel mehr als nur eine Beschreibung von „Chiemgauer“ und Klimabonus. Bei ihm handelt es sich zudem um eine Bündelung von Praxistipps, wie Nachhaltigkeit im eigenen Alltagsleben umgesetzt werden kann. Gesünder essen und genießen, bewusster Leben und konsumieren, nachhaltig unterwegs sein sind nur drei der Bereiche, die im „Chiemgauer Klimasparbuch“ angesprochen werden. Selbstverständlich findet sich darin auch eine Liste aller Betriebe und Einrichtungen, die einen Einkauf mit einem Klimabonus vergüten.
Klimaneutraler Betriebsablauf
Vorgestellt wurde das Klimasparbuch in den Räumen der Firma EM-Chiemgau in Stephanskirchen. Dort wurde und wird viel Geld und auch Nachdenken in einen möglichst klimaneutralen Betriebsablauf investiert. So wurde beispielsweise eine CO2-Bilanz erstellt und danach Maßnahmen zur Reduktion des Austosses durchgeführt. Der Restfußabdruck wird regional in einem Humusaufbauprojekt kompensiert, das Klimabonus-Produkt EM-Mikrorein konnte sogar als klimaneutral ausgezeichnet werden.