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Aus für Öl- und Gasheizungen? Experte aus der Region zerpflückt Habeck-Plan - und warnt

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Von: Thomas Stöppler

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Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, wird der Einbau von Öl- und Gasheizungen verboten. Gerhard Hardrath (Bild rechtes oberes Eck), Ulrike Kirchhoff (Bild rechts Mitte) und Hubert Aiwanger (Bild rechtes unteres Eck) haben dazu eine klare Meinung.
Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, wird der Einbau von Öl- und Gasheizungen verboten. Gerhard Hardrath (Bild rechtes oberes Eck), Ulrike Kirchhoff (Bild rechts Mitte) und Hubert Aiwanger (Bild rechtes unteres Eck) haben dazu eine klare Meinung. © dpa/Privat/mm/OVB/Marco Jentsch/Bildcollage Re.

Zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung zum Verbot von Öl- und Gasheizungen hagelt es Kritik. Auch in der Region hält sich die Begeisterung in Grenzen: Experten, Politiker und Verbände sehen viele Probleme.

Region Rosenheim - Seit vergangenem Wochenende geht das Telefon deutlich mehr als sonst. Nicht, dass sich Gerhard Hardrath sonst über zu wenig Arbeit beklagen könnte, aber plötzlich will wohl jeder eine neue Heizung. „Wir haben ganz viele Anfragen, jetzt schnell noch die alte Heizung auszutauschen”, sagt der Sanitärinstallateur aus Bruckmühl. Hintergrund des Ganzen ist nicht, dass die Menschen plötzlich über einen Topf voll Geld gestolpert sind, sondern ein Gesetzesentwurf aus dem Wirtschaftsministerium. Wie die Bild-Zeitung berichtete, sieht dieser vor, den Einbau von Heizungen, die auf fossiler Basis laufen - sprich mit Öl oder Gas -, zu verbieten. 

„Da passiert doch nix sinnvolles“

Wobei - nicht ganz: Ab 2024 sollen 65 Prozent der Heizkraft aus regenerativen Energien gewonnen werden und ab 2045 soll es gar keine Gas- oder Ölheizungen mehr geben. Stattdessen soll mit Fernwärme, Photovoltaikanlagen, Luftwärmepumpe und Pellets geheizt werden. Des weiteren sieht der Entwurf vor, dass Heizungen nicht länger als 30 Jahre laufen dürfen. 

„Da passiert doch nix sinnvolles”, sagt Hardrath dazu und geht mit seiner Kritik gleich in die Vollen: „65 Prozent ersetzen – das ist schlichtweg nicht möglich.” Also jedenfalls nicht überall. Wer nicht am Fernwärmenetz liegt, für den wird es schwierig. Die Pellets benötigen viel Lagerraum. Während bei einer Ölheizung eine Fuhre oft für den ganzen Winter reicht, lassen sich genug Pellets wirklich nur lagern, wenn es viel Platz gibt. Eine Luftwärmepumpe reicht allein nicht aus, da brauche es auch die Photovoltaik. Dazu kommt, dass sich nicht jedes Haus sinnvoll mit einer Luftwärmepumpe beheizen lasse, so Hardrath. 

45.000 Euro Kosten

Und dann sind da auch noch die Kosten: Eine neue Gasheizung, sagt Hardrath, koste etwa 15.000 Euro. Wer eben Luftwärmepumpe und Photovoltaik einbaut, der müsse gleich das Dreifache berappen. „Woher sollen die Leute das Geld nehmen?”, fragt Hardrath. Gerade ältere Menschen würde das vor massive Probleme stellen. Denn zum Einen habe nun kaum jemand soviel Geld rumliegen, und zum Anderen sagt Hardrath: „Wer will denn mit 85 soviel Geld für eine neue Heizung ausgeben?”

Auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) zeigte sich in einer Presseerklärung wenig begeistert von dem Entwurf: „Es bleibt vollkommen unklar, wie das Ganze auch für einkommensschwache Bevölkerungsschichten bezahlbar bleiben soll.” Aiwanger nutzte die Gelegenheit für eine Grundsatzkritik an der Ampel: „Anstatt auf Anreize setzt der Bund wieder auf Zwangsmaßnahmen und Regulierungen.” Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nannte den Entwurf als „sozial ungerecht.”

Viele offenen Fragen in der Praxis

Doch auch abseits des Politischen, sind für Hardrath Fragen technischer Natur offen: Reicht denn das Fernwärmenetz, wenn nun deutlich mehr Haushalte angeschlossen werden sollen? Reicht der Strom, wenn sehr viel mehr Luftwärmepumpen in Betrieb gehen? Und nicht zuletzt: Wer bezahlt das alles?

Die Rosenheimer Stadtwerke wollten sich gegenüber dem OVB nicht äußern, bevor das Gesetz nicht über den Entwurfsstatus herausgekommen ist. Aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist derweil noch nichts zu hören, aber neu ist die Idee eigentlich nicht. Denn im Koalitionsvertrag steht es bereits - nur ein Jahr später. Sprich: Laut diesem wäre die 65-Prozent-Regelung 2025 gekommen. Das vollständige Verbot 2045 ist zwar nicht explizit im Koalitionsvertrag festgehalten, aber Deutschland hat sich gesetzlich verpflichtet, bis spätestens 2045 treibhausgasneutral zu werden. Dazu gehören eben auch Heizungen. 

Außerdem soll es mit Verboten allein nicht getan sein. Vergangene Woche erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zudem, dass das Gesetz derart sein soll, dass Menschen auch mit kleinerem Geldbeutel nicht davon abgehalten würden, ein Haus zu sanieren, eine Wärmepumpe einzubauen oder den Gasbrenner rauszunehmen. Wie die Förderung genau aussehen soll, ist noch nicht bekannt. 

Es droht ein Desaster

„Der Entwurf ist gespickt mit zahlreichen Pflichten und Detailvorgaben, ohne dass klar wird, wie diese in der Praxis umgesetzt werden können. Oftmals existieren für geforderte Änderungen keine praxistauglichen und finanzierbaren Lösungen“, kritisierte Dr. Ulrike Kirchhoff von dem Immobilieneigentümerverband Haus und Grund Bayern. Der Verband sieht nun Bundeskanzler Olaf Scholz in der Pflicht, dafür zu sorgen, „dass die Energiewende im Gebäudebestand die Bürgerinnen und Bürger nicht überfordert”, so Kirchhoff weiter. Ansonsten endeten Habecks Pläne im Desaster. 

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