Prozess am Landgericht Traunstein
Marihuana verkauft: Betagter Dealer (73) aus Wasserburg muss drei Jahre in Haft
- VonMonika Kretzmer-Diepoldschließen
Um seine angespannte Finanzlage zu verbessern, hat ein 73-jähriger Mann aus Wasserburg Marihuana verkauft. Doch die Polizei kam dem betagten Dealer auf die Schliche. Jetzt musste sich der Mann dafür in Traunstein vor dem Landgericht verantworten.
Traunstein/Wasserburg – Ein 73-jähriger Rentner aus Wasserburg versuchte offensichtlich, seine desolate finanzielle Situation mit dem Verkauf von Marihuana etwas aufzubessern. Die Sechste Strafkammer am Landgericht Traunstein mit Vorsitzender Richterin Jacqueline Aßbichler schickte den geständigen Angeklagten gestern wegen mehrerer Straftaten für drei Jahre hinter Gitter. Nach der vom Gericht verneinten Frage, ob er nicht doch irgendwie in Freiheit bleiben könnte, akzeptierte er das relativ milde Urteil, das sofort rechtskräftig wurde.
Polizeiliche Durchsuchung im Mai
Bei einer polizeilichen Durchsuchung im Mai 2021 waren in der Wohnung des Mannes 612,3 Gramm Marihuana, verkaufsfertig abgepackt in Kügelchen zu etwa vier beziehungsweise acht Gramm, gefunden worden. Zwei Drittel der Drogen waren laut Anklage zum Weiterverkauf bestimmt, der Rest zum Eigenkonsum. Innen an der Wohnungstür fand die Polizei ein selbstgebasteltes „Nun-Chaku“, eine Art Würgeholz. Die Vorwürfe des Staatsanwalts lauteten auf „bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln“ sowie Besitz von Drogen und einer verbotenen Waffe.
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Der Angeklagte beteuerte gestern, das Würgeholz sei lediglich ein zerlegter Handtuchhalter gewesen, den er zusammengebunden und als eine Art Klingel verwendet habe, um beim Verlassen der Wohnung nicht den Türschlüssel zu vergessen. Das Marihuana habe er von einem Bekannten geschenkt bekommen, der plötzlich zurück nach Osteuropa musste und niemand kannte, dem er die Drogen hätte geben können. Der Angeklagte meinte: „Sonst hätte er sie wegschmeißen müssen.“ Einem Bekannten habe er zwei oder dreimal „eine Blüte“ geschenkt oder gegen wenig Geld verkauft. Der Grund: Er habe das Marihuana wieder loswerden wollen. Ins Rollen war das Verfahren gegen den Rentner im Zug von Ermittlungen gegen einen anderen Tatverdächtigen geraten. Dieser hatte ihn als Bezugsquelle für Marihuana genannt.
Fünf bis sechs Geschäfte mit dem Angeklagten
Polizeibeamte berichteten über ihre Erkenntnisse. Den angeblichen „Schenker“ des Marihuanas habe man nicht ermitteln können. Unter den Zeugen war der Drogenabnehmer, dessen Strafverfahren zwischenzeitlich eingestellt wurde. Er schilderte fünf bis sechs Geschäfte zum Preis von jeweils etwa zwölf Euro pro Gramm. Geschenkt habe ihm der Angeklagte nie etwas.
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Der Sachverhalt der Anklage sei erwiesen, hob Staatsanwalt Dr. Ralf Burkhard im Plädoyer auf fünfeinhalb Jahre Freiheitsstrafe heraus. Der selbst gebaute Nun-Chaku sei gemäß Gesetz ein verbotener Gegenstand. Die große Menge Marihuana sei mit Eigenkonsum allein nicht zu erklären. Verteidigerin Gabriele Sachse hielt eine Strafe von drei Jahren wegen eines minderschweren Falls für tat- und schuldangemessen. Dass es einen Handel mit Drogen gab, daran habe auch sie keinen Zweifel. Doch sei der Eigenkonsum anders zu gewichten.
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Zugunsten des Angeklagten ging die Sechste Strafkammer von einem Drittel der Drogenmenge für den Verkauf und zwei Drittel für den Eigenkonsum des 73-Jährigen aus. Die Haarprobe habe einen großen Cannabiskonsum bestätigt. Die Annahme eines „minderschweren Falles“ begründete die Vorsitzende Richterin mit dem Alter des Angeklagten, seinem bislang völlig straffreien Leben, der weichen Droge Marihuana, die „eine andere Nummer als Heroin und Kokain“, aber dennoch nicht zu verharmlosen sei. Bei den Strafzumessungsgründen führte Aßbichler das Geständnis und die Haftempfindlichkeit des gesundheitlich angeschlagenen Mannes an.