Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.


Kleiner Unfall, große Folgen

Holger Kruse.  Foto : Anner
+
Holger Kruse. Foto : Anner

Beim Spurwechsel streifte ein Auto den Wagen von Holger Kruse. Ein kleiner Unfall, ein Kratzer im Lack der Stoßstange.

Das kann man selber klären, ohne großen Aufwand - dachte er zumindest. Doch die Unfallgegnerin wollte nicht zahlen. Plötzlich tauchte ein "Zeuge" auf, ein Kriminalhauptkommissar, der angeblich gesehen hatte, dass Kruse schuld war. Die Versicherung der Frau versuchte, Kruse den Unfall anzulasten. So wurde aus einem kleinen Schaden ein großes Problem und ein langer Kampf.

Rimsting - Mit seinem VW-Caddy war Holger Kruse im Februar 2013 in Nürnberg unterwegs. Er wollte nur schnell ins Schwimmbad, ein bisschen entspannen. Auf einer zweispurigen Straße staute sich der Verkehr. Eine Frau scherte mit ihrem Skoda vor dem 51-Jährigen ein und touchierte sein Auto dabei. Danach fuhr sie zunächst weiter, rund 300 Meter, erinnert er sich. Schließlich hielt sie doch an. An Kruses VW entstand ein kleiner Schaden, ein Kratzer an der Stoßstange. Er habe der Frau angeboten, ihm 100 Euro zu geben und die Sache auf sich beruhen zu lassen. "Aber sie wollte nicht. Sie müsse erst mal ihren Mann fragen, hat sie gesagt."

Eigentlich wollte sich die Skoda-Fahrerin bei Kruse melden, das passierte aber nicht. Nach drei Wochen fragte er schließlich von sich aus nach. "Sie sagte, sie habe den Schaden ihrer Versicherung Huk-Coburg gemeldet und die habe gesagt, sie sei nicht schuld und müsse auch nichts zahlen", erinnert sich der Unternehmensberater.

Das wollte er sich nicht gefallen lassen. Kruse ließ ein Gutachten erstellen, das einen Schaden von rund 1400 Euro brutto feststellte. "Da brachte die Gegenseite plötzlich einen Zeugen daher, einen Kriminalhauptkommissar, der den Unfall angeblich gesehen hatte. Dabei war der gar nicht da!", empört sich Kruse. Der Polizist unterstellte Kruse in seiner Aussage quasi Betrug: Er sei mit seinem VW der Frau aufgefahren, hieß es dort. "Die haben versucht, einen Auffahrunfall zu konstruieren." Besonders prekär: Bei seinen Nachforschungen fand der Rimstinger heraus, dass der Kriminalhauptkommissar nebenberuflich bei der Huk arbeitet.

"Falschaussage

war der Gipfel"

Das wollte er sich nicht gefallen lassen. Ums Geld ging es ihm gar nicht so sehr, aber ums Prinzip. "Für mich ist der wahre Versicherungsbetrug, wenn Versicherungen versuchen, berechtigte Ansprüche abzuweisen. Da werden Leute um ihr Recht gebracht. Und diese Falschaussage von jemandem, der nicht mal da war, war der Gipfel."

Normalerweise würde in einem Fall wie seinem keiner klagen, glaubt Kruse. Bei einem Kriminalhauptkommissar als Zeugen habe man schlechte Karten. Er hat es trotzdem getan - und gewonnen. Weil er einen guten, unabhängigen Gutachter hatte, und weil die Aussagen der Unfallgegnerin und des "Zeugen" vor dem Landgericht Nürnberg nicht übereinstimmten.

"Er hat zum Beispiel behauptet, wir hätten auf der rechten Seite gehalten, tatsächlich war es aber die linke. Das hat auch die Frau so ausgesagt. Es gab mehrere offensichtliche Widersprüche in den Aussagen der beiden", erzählt Kruse.

Doch mit ihrem Versuch, einen Auffahrunfall zu konstruieren, scheiterte die Versicherung. Zwar hatte es der Gutachter nicht leicht, da es keine Fotos vom tatsächlichen Unfall- und Standort der Autos gab, doch anhand der Schäden an den beiden Wagen konnte er nachweisen, dass die Frau schuld war. "Das Gutachten hat ergeben, dass sie schneller gefahren ist, als ich. Somit konnte ich ihr unmöglich aufgefahren sein."

Die Huk-Coburg wollte in Berufung gehen, was das Gericht aber ablehnte. Daraufhin zog sie die Berufung zurück. Den Schaden hat Kruse mittlerweile reparieren lassen, die Huk hat gezahlt. Nun kämpft er noch dafür, die vollständigen Gerichtskosten zurückzubekommen. 70 Prozent hat die Huk erstattet, doch 30 Prozent sind noch offen. "Die werde ich jetzt bei der Unfallgegnerin einfordern", sagt der Rimstinger. Das setze auch die Versicherung unter Druck. Und schließlich habe er der Frau damals angeboten, es mit nur 100 Euro gut sein zu lassen.

Für die Versicherung war der Streit ein teurer Spaß: Rund 2500 Euro kostete das Gutachten, dazu kommen die Schadensregulierung und die Gerichtskosten. "Das hätte sie billiger haben können. Aber die Huk hat nicht damit gerechnet, dass jemand das wirklich auskämpft", glaubt Kruse. Nichts zu unternehmen sei aber der falsche Weg: "Wir lassen uns da zu viele Rechte nehmen. Irgendwann kriegt man gar nichts mehr." Er rät, nicht vor dem Schritt, vor Gericht zu gehen, zurückzuschrecken.

Kommentare