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"Inklusion steht erst am Anfang"

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Mit Brezeln in Form des "Und-Zeichens" warben der neunjährige Felix und Rita Mechtl, Vorstandsmitglied des Vereins "FortSchritt Rosenheim" für die Zusammengehörigkeit von Menschen mit und ohne Behinderung.  Foto Wunsam
Mit Brezeln in Form des "Und-Zeichens" warben der neunjährige Felix und Rita Mechtl, Vorstandsmitglied des Vereins "FortSchritt Rosenheim" für die Zusammengehörigkeit von Menschen mit und ohne Behinderung. Foto Wunsam © OVB

Vorträge, Workshops, Podiumsdiskussionen und Zeit für Erfahrungsaustausch umfasste der Kongress für konduktive Förderung nach Petö am vergangenen

Rosenheim - Der Kongress findet jedes Jahr an einem anderen Ort statt. Rosenheim wurde diesmal ganz bewusst ausgewählt, weil dort der Petö-Kindergarten "Sonnenschein" in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert.

Der Kindergarten "Sonnenschein" ist Teil eines konduktiven Förderzentrums. In Ungarn ist dieses Konzept schon seit Jahrzehnten fest etabliert. In Deutschland gibt es derzeit rund 60 Einrichtungen nach Petös Konzept. Konduktive Förderung versteht sich als ganzheitlich. Pädagogik und Therapie werden als untrennbare Einheit gesehen.

Der neunjährige Felix ist eines der Kinder, das nach der Lehre von Petö schon seit Jahren betreut wird. Derzeit besucht der Bub trotz seiner körperlichen Einschränkungen die Grundschule Vogtareuth. "Ich hab da sehr viel Spaß mit meinen Freunden", erzählt Felix. Bei dem Kongress in Rosenheim war er einer der jüngsten Teilnehmer.

Was für den Neunjährigen eine Selbstverständlichkeit ist, ist für viele andere behinderte Kinder und deren Eltern immer noch eine Wunschvorstellung. "Die Inklusion steht erst ganz am Anfang", meinte Rita Mechtl, Vorstandsmitglied von "FortSchritt Rosenheim". Der Verein setzt sich für die Verbreitung der konduktiven Förderung ein und unterstützt unter anderem das konduktive Förderzentrum in Rosenheim. Nach der Erfahrung von Rita Mechtl bestehen immer noch viele Ängste im Hinblick auf das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern. Dabei täte das "Miteinander" beiden Seiten gut: "Davon profitieren alle."

"Die ganz große Herausforderung"

Rosenheims Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer bezeichnete das Thema "Inklusion" in ihrer Begrüßungsrede als "die ganz große Herausforderung unserer Zeit". Die Zeit der Parallelwelten von Menschen mit und ohne Behinderung müsse nun der Vergangenheit angehören. Bauer betonte aber auch: "Inklusion ist nicht zum Nulltarif zu haben". Die Frage, wer die Kosten übernehmen soll, führe immer wieder zu hektischer Betriebsamkeit: "Der Streit darf aber nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen werden."

Die Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig setzt sich schon seit vielen Jahren für den Verein "FortSchritt" ein. Sie bezeichnete das Miteinander von behinderten und nichtbehinderten Kindern in Regelschulen als "gelebte Toleranz". "Letztendlich sind wir doch alle in irgendeiner Form behindert. Denn wir alle haben unsere Schwächen", meinte sie.

Auch nach ihrer Erfahrung steht die "Inklusion" erst ganz am Anfang: "Es muss noch viel umgebaut werden in den Gebäuden und in den Köpfen." Oberstes Ziel sei die vollständige Teilhabe von behinderten Menschen am Leben, stets unter dem Motto: "Mittendrin statt nur am Rand."

Eröffnet wurde die Vortragsreihe von Professor Dr. Franz Schaffhauser, Rektor des Petö-Instituts Budapest. Auch er stellte am Anfang seines Referats ganz klar fest: "Wir leben noch nicht in einer inklusiven Gesellschaft".

Neben vielen fachlichen Vorträgen und Workshops kamen bei dem zweitägigen Kongress auch Erfahrungsaustausch und Geselligkeit nicht zu kurz. Zur Begrüßung gab es für alle Teilnehmer eine Brezel in Form des "Und-Zeichens" - als Symbol für die Zusammengehörigkeit von behinderten und nichtbehinderten Menschen. wu

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