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„Im Westen nichts Neues“ schreibt Filmgeschichte

Auf Augenhöhe mit Hollywood-Legenden: Ein Wasserburger jubelt in der Oscar-Nacht

95th Annual Academy Awards Governors Ball in Los Angeles: Benedict Hoermann aus Wasserburg (rechts) feiert mit.
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Party bei der Oscar-Nacht: Benedict Hoermann, Regisseur Edward Berger, Kameramann James Fried und Szenenbildner Christian M. Goldbeck (von rechts) feiern die Gold-Jungs für „Im Westen nichts Neues“.
  • Michael Weiser
    VonMichael Weiser
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Eine Nacht, die Filmgeschichte schreibt: Vier Oscars räumte „Im Westen nichts Neues“ ab. Mittendrin: Assistent Director Benedict Hoermann aus Wasserburg. Was er in Los Angeles erlebte und was der Erfolg für Filme „made in Germany“ bedeutet.

Wasserburg - „Zwei Oscars wären schon ein Erfolg“. Das sagte Benedict Hoermann aus Wasserburg vor einigen Wochen, als die Neuverfilmung von „Im Westen nichts Neues“ gerade Fahrt aufnahm. Und jetzt? Freut sich der 47-Jährige noch immer über die berauschende Nacht in Los Angeles. Vier Goldjungen räumte „All Quiet on the Western Front“ in den USA ab. Benedict Hoermann war als Assistant Director bei der Produktion dabei - und jetzt beim Feiern.

Ein historischer Erfolg. So viele Oscars hatte noch kein deutscher Film erhalten. Überhaupt: Nur vier ausländische Filme haben in der fast hundertjährigen Geschichte der Academy Awards vier Trophäen geholt. Zum Vergleich: Die erste Verfilmung von Erich-Maria Remarques Antikriegsroman hatte 1930 zwei Oscars geholt. Jetzt waren es die Auszeichnungen bester ausländischer Film, Kamera, Szenenbild und Filmmusik.

Ein Hoch auf den Oscar: Familienfest für die Filmcrew

„Ein kleines Wunder“: So nahm Hoermann das Geschehen am Sonntagabend in der Akademy wahr. Wegen der vier Trophäen, wegen der vielen Promis, wegen Glanz und Glamour auf der großen Bühne des internationalen Films. Aber auch wegen des Quasi-Familien-Ausflugs, den die Crew in die USA hingelegt hat.

„Es war super spannend, richtig toll, auch weil wir viele Leute waren“, sagt Hoermann dem OVB. Immerhin neun Nominierungen hatte der Film bekommen, für jede gab es vier Karten. „Es ist auch Familie mitgereist“, erzählt er, „und das war schön“ - schließlich hatten die Familien auch länger auf die Akteure aus der Film-Crew verzichten müssen. Für die Dreharbeiten in der Nähe von Prag hatten sich Schauspieler, Komparsen und das Team hinter der Kamera für Monate auf einem ehemaligen sowjetischen Flugplatz eingerichtet.

„Im Westen nichts Neues“: Der richtige Film für eine unruhige Zeit?

Schon in England hatte der Film abgeräumt, sieben BAFTA-Trophäen gingen an die Netflix-Produktion. Benedict Hoermann hatte sich wahnsinnig gefreut, aber auch ein bisschen gewundert. Wegen der großen Zustimmung für einen deutschen Film nach einem deutschen Buch über ein englisches Trauma - den Ersten Weltkrieg. Wegen der entsetzlichen Verluste für die Truppen des Empire ist er dort immer noch der „große Krieg“.

Die Botschaft vom Ende der Menschlichkeit

„Zu erzählen, wie sich Leute aufhetzen lassen, wie sie dem Populismus anheim fallen – das war unser Anliegen“, sagt Hoermann. Und das Anliegen sei umso aktueller, da Populisten mehr und mehr Raum gewinnen. Und weil da dieser vollkommen aus der Zeit gefallene, brutale Krieg in der Ukraine tobt. Hoermann nimmt entsetzliche Parallelen wahr. Die Lügen, der Zynismus eines „Abnützungskrieges“, die vielen Toten für lächerliche Geländegewinne. „Ich habe gelesen, dass Uniformen von gefallenen russischen Soldaten zurück transportiert, repariert und wieder ausgeteilt werden - wie in unserm Film.“

Jubel über den Krieg: Der Film erzählt viel von fehlgeleiteter Begeisterungsfähigkeit.

Die Botschaft vom Tod der Menschlichkeit im Krieg - sie kam nun auch in den USA an. Und das, obwohl der Erste Weltkrieg, in den die USA erst 1917 eintraten, dort keine so große Rolle spielt wie in Europa. Der Film, der in einigen Punkten stark von Remarques Vorbild abweicht, liefert ein neues Bild der Deutschen, noch vor dem „Herrenmenschen“ der NS-Zeit, das so lange in Hollywood vorhielt.

Gleichzeitig deutet der Film aber auch an, wie es zum Nationalsozialismus kommen konnte. Was auch bei der Oscar-Gala beeindruckte - bei den Einspielern mit Szenen aus dem Film sei Beifall aufgebrandet, erzählt Hoermann. „Ich glaube, wir haben Remarques Botschaft gut vermittelt.“

Mehr Anerkennung für deutschen Film

Vielleicht war es das Lob aus England, das auch in den USA Türen öffnete. Der „Guardian“ kritisierte zunächst und erteilte dann den Ritterschlag: „All quiet on the Western Front“ müsse bester Film werden. Vielleicht war es aber auch die Qualität, die Atmosphäre, das mit den Klischees des behäbigen deutschen Films so wenig zu tun hat? Produktionen aus Deutschland hätten schon länger aufgeholt, sagt Hoermann. Das spreche sich nun herum.

Woran er sich erinnern wird? An die Party, an den Glamour wohl. Und an den Journalisten vom „New Yorker“, der ihm sagte, dass er von diesem starken Film noch seinen Enkeln erzählen könne. Am längsten wird etwas anderes heften bleiben, meint Hoermann. Der Moment nach den Partys, dem Governors Ball, der Netflix-Fete und der Feier bei Vanity Fair. „Edward Berger, seine Frau, die Kostümbildnerin und ich, wir teilten uns eine Flasche Rosé aus der Minibar. Zwei Stunden saßen wir vorm Hotel, ohne viel Konversation, und sinnierten, wie sich das anfühlt“, erzählt Hoermann. „Das war sehr schön.“

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