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Ein Trauerspiel mit schrecklich viel Komik

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Von: Rainer W. Janka

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Szene aus „An Bord“ mit (von links) Claudia Schlemer, Wolgang Schlemer, Regina Feichtner und Raimund Feichtner.
Szene aus „An Bord“ mit (von links) Claudia Schlemer, Wolgang Schlemer, Regina Feichtner und Raimund Feichtner. © Anita Berger

Szenen von Karl Valentin spielt die Laienbühne Rimsting. Man lache und denke gleichzeitig nach, so unser Kritiker. Was Besseres könne Theater nicht bewirken.

Rimsting – Die Stücke von Karl Valentin sind nicht immer komisch: Wenn sie abstrusen logischen Wortsinnverdrehungen folgen, schon. Weniger aber die ausführlicheren Szenen, die sind oft mehr tragisch als komisch. So hat die Laienbühne Rimsting ihren Karl-Valentin- Abend im Gemeindesaal auch betitelt: „Ganz schee tragisch“. Und wenn man Stücke von Karl Valentin spielt, darf man eines nicht tun: Karl Valentin nachspielen. Diese Klippe hat der Regisseur Raimund Feichtner geschickt umschifft:

Vertrauen auf den Text

Er lässt eben die Stücke spielen und vertraut dem Text, den er glänzend zur Wirkung bringt.

Entlarvend in seiner sprachlogischen Hohlheit samt lateinischem Zitat und zahlreicher Katachresen, also Bildbrüchen, ist „Die Vereinsrede“ – aber nur, wenn sie, wie Raimund Feichtner es tut, mit vollstem Ernst und rhetorischer Inbrunst vorgetragen wird. Begeistert spielten die wirklichen Zuhörer dabei als gespielte Zuhörer mit. Fast wie ein absurdes Theater wie von Eugène Ionescu wirkt die Szene „Familiensorgen“ aus dem Jahre 1943, weil die vier Familienmitglieder (sehr wirkungsvoll: Andreas Feichtner, Regina Feichtner, Claudia Schlemer, Thomas Feichtner) mit vollstem und intensivstem Ernst sich streiten über ein Problem, das nicht genannt wird. Und erschreckend aktuell ist die Szene „Vater und Sohn über den Krieg“ aus dem Jahre 1947, in dem der Vater (väterlich-liebevoll geduldig: Andreas Feichtner) dem kindlich fragenden Sohn (naiv-natürlich: Gertraud Hauer) erklärt, warum es immer Krieg geben wird.

Mehr zum Lachen gab’s dann in der grotesken Szene „An Bord“, in der in einem Wirtshaus ein angeblicher Weltreisender von einem betrunkenen Gast entlarvt wird. Den Weltreisenden, der überall gewesen sein will, gibt Wolfgang Schlemer mit nervender Angeber-Attitüde, den betrunkenen und dann heftig pöbelnden Gast Raimund Feichtner mit gefährlich vorragender Körperfülle und latent drohender Kleinbürger-Aggressivität, die sich dann in Prügel-Attacken entlädt – nur weil der „Weltreisende“ nicht weiß, was „An Bord“ auf Spanisch heißt. Die Kellnerin Resi (resolut-hilflos: Regina Feichtner) kann da auch nichts mehr retten, nur noch stotternd die Sanitäter rufen.

Wort-Komik und Slapstick

Nach der Pause kam dann die längste Szene: „Der Bittsteller“ aus dem Jahre 1925, als ein Telefon noch Luxus war. Im Vorspruch heißt es: „…eigentlich ein Trauerspiel – wenn nicht so schrecklich viel Komisches dabei passieren würde.“ Hier mischt sich Wort-Komik mit Slapstick, Absurdität mit Armuts-Tragik. Eigentlich will der Bittsteller (trefflich in seiner valentinesken Wortumständlichkeit: Andreas Wörndl) den Herrn Geheimrat (herablassend-ölig: Franz Feichtner) nur um einen Kredit bitten, kommt aber nicht dazu, weil der Geheimrat entweder telefoniert oder der unerzogen-nervige Bubi (schreiend komisch: Gertraud Hauer) einen Radiodraht spannen will und den Bittsteller dabei fast erwürgt.

Es ist, wie der Titel sagt: Man lacht und denkt gleichzeitig dabei nach. Was Besseres kann Theater nicht bewirken. Weitere Aufführungen sind am Samstag, 29.10. und Sonntag, 30. 10. jeweils um 20 Uhr im Gemeindesaal Rimsting, Nordstraße 3.

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