Interview
Marianne Sägebrecht im Brandner Kasper im KuKo Rosenheim und in Waldkraiburg auf der Bühne
- VonSilvia Mischischließen
Marianne Sägebrecht kann laut. Marianne Sägebrecht kann lustig. Marianne Sägebrecht kann auch extrem hintergründig und übers Leben reflektierend sein. Deshalb freut sie sich im Stück „Der Brandner Kasper und das ewig´Leben“ im Rosenheimer KuKo und im Haus der Kultur in Waldkraiburg mitzuwirken.
+++ Hier geht es direkt zu den Ticketinfos zu den Aufführungen des Brandner Kasper in Rosenheim und Waldkraiburg +++
Rosenheim – Zu Rosenheim hat die 74-jährige Schauspielerin, Kabarettistin und Autorin besondere Erinnerungen. Darüber, ihre Arbeit für die Hospizbewegung, eine Nahtoderfahrung sowie ihre selbstauferlegte Verpflichtung dem jungen Publikum gegenüber sprach sie mit den OVB-Heimatzeitungen.
Frau Sägebrecht, was verbinden sie mit Rosenheim und der Region?
Marianne Sägebrecht: Rosenheim und die gesamte Region liegt mir am Herzen. Seit meinem Film „Out of Rosenheim“, erschienen 1987, sind wir quasi besonders verbandelt. Der Film erlebt aktuell eine Renaissance, da er digitalisiert wird. Sowohl in London, Los Angeles als auch beim Filmfestival in Cannes kennt man mich in Verbindung mit Rosenheim. Deshalb freue ich mich sehr, wieder in die Stadt zu kommen. Hier leben besondere Menschen: tolerant und sehr musikalisch. Hier gibt es sehr viele musische. Und eine weitere Verbindung gibt es zur Region: Meine Urgroßmutter war eine Bauerntochter vom Samerberg.
Marianne Sägebrecht in "Out of Rosenheim" (Trailer)
Youtube
Außerdem haben Sie auch viele Freunde hier...
Sägebrecht: Das stimmt. Augustin Zirner, Eisi Gulp und Uli Bauer gehören dazu und sind mir liebgewordene Weggefährten. Den Obinger Lichtkünstler Harald C. Lössl kenne ich aus Münchner Zeiten. und musikalisch bin ich mit „Django 2000“ und „Labrassbanda“ befreundet. Ich bin ja nicht weit weg. Ich wohne in einem Dorf am Starnberger See. Ich umgebe mich gerne mit den unterschiedlichsten Menschen – gleich welchen Alters, welcher Branche. Das hält jung im Geiste. Und zusätzlich habe ich noch als Gedächtnistraining das Textlernen für meine Rollen.
+++ Hier geht es zur KuKo-Seite und zu den Onlinetickets für den Brandner Kasper. +++
Das ist gleich ein gutes Stichwort für Ihre Rollen im KuKo im Brandner Kaspar. Das ist ja ein Kultstück. Was macht für Sie dabei die Faszination aus?
Sägebrecht: Mich hat der Tod sowie seine Mythen und Erzählungen darum schon immer gefesselt. Der unterschiedliche Umgang mit dem Sterben und dem Tod finde ich spannend und befasse mich gerne damit. Auch letzte Ölungen, andere Rituale und die indische Philosophie dazu sind mir hier wichtig. Der Brandner Kaspar hat hier einen eigenen Weg gefunden. Zunächst haut er den Tod übers Ohr, um ihm dann doch zu folgen. In der Version, die wir speilen, haben wir dabei durchaus moderne Bezüge in Textpassagen über Preißen oder den Berliner Flughafen geschaffen. Aber ich will nicht zuviel verraten. Nur so viel: Mich gibt es in einer Doppelrolle. Als Afra und Theres.
Eigentlich sind die Hauptrollen der Brandner Kaspar und der Tod – oder sehen Sie hier Afra und Theres eigentlich als Schlüsselfiguren?
Sägebrecht: Afra ist für mich die Sehende. Ich spiele sie wahnsinnig gerne. Sie holt als Urgroßmutter das Marei vom Vorhof zum Himmel ab. Hier gibt es Parallelen zu meinem eigenen Leben, die die Rolle so besonders für mich machen.
Inwiefern Parallelen?
Sägebrecht: Ich hatte mit 14 Jahren eine Nahtoderfahrung. Ich hatte einen Blinddarmdurchbruch und habe bei der Operation alles gehört und mich von außerhalb meines Körpers gesehen. Mein Leben zog an mir vorbei und ich war in diesem Tunnel, dem hellen Licht entgegen. Meine Urgroßmutter, ein Naturweib und eine Heilerin, hätte mich ebenfalls an der Pforte abgeholt und sprach zu mir. Ich wehrte mich aber und wollte auf der Welt bleiben. Seither habe ich keine Angst mehr vor dem Tod. Die Seele geht weiter und ist frei.
+++
Tipp der Redaktion: Kennen Sie schon unseren kostenlosen Feierabend-Newsletter? Die Top-Themen der Region um 17 Uhr per E-Mail – sauber ausrecherchiert und aufgeschrieben von Ihrer OVB-Redaktion. Jetzt Newsletter ausprobieren!
+++
Das Thema Tod spielt aber nicht nur im aktuellen Stück in ihrem leben eine Rolle. Sie engagieren sich aktiv für die Hospizbewegung.
Sägebrecht: Genau. Ich umarme den Tod mit meinem Leben. Das ist mein Credo und zugleich Titel meines jüngsten Buchs. Ich begeisterte mich für alle Facetten des Lebens. Ich spreche in meinen Vorlesungen in Hospizen über den Glauben an Gott, an die Unsterblichkeit der Seelen, an das Gute im Menschen und an die Kraft der Liebe. Ich ermutige jeden, das Sterben wieder ins Leben zu holen. Es darf nicht an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Er gehört dazu, wie Geburtstage, Geburten und Co.. Im Hospiz findet man dafür Ruhe und Frieden und Menschen, die einen seelisch begleiten. Niemand sollte alleine sterben.
Was sie machen, gehen Sie mit Herzblut an. Ob im Hospiz, bei Lesungen oder auf der Theaterbühne. Ist es dabei schwierig, sich selbst treu zu bleiben?
Sägebrecht: Nein. Ich mache nur das, was auch zu mir passt und was ich will. Bestes Beispiel. Ich sollte eine Rolle spielen in der unglaublich viele Schimpfwörter die nichts für Kinderohren sind vorkamen. Da habe ich abgelehnt, da es sich nicht mit dem Bild, das Buben und Mächen durch meine Rolle in den Geschichten von „Petterson und Findus“ mit mir als Beda Andersson haben. Meine Rollen stehen auch für Werte und das ist mir wichtig. Da können auch Erwachsene noch etwas lernen.
Wie meinen Sie das? Erwachsene sollen aus den Kinderfilmen lernen?
Sägebrecht: Ja. Beispielsweise gibt es das Weihnachtsfest mit einem verletzten Petersson und seinem Findus. Nachbarn kommen aber und sorgen für ein schönes Fest in einer lustigen Gemeinschaft. Dieses für jemanden Dasein und selbstlos handeln, das ist auch für Erwachsene ein gutes Lehrstück und nicht nur für Kinder.
Gibt es eine Rolle die Sie unbedingt gerne noch spielen würden und wenn ja, warum?
Sägebrecht: Eigentlich wäre das ,Der Prozess’ von Kafka. Das Werk ist 1914/1915 entstanden und neben ,Die Verwandlung“ Kafkas weltweit bekanntestes Werk. Aber es hat 34 Personen und immens viel Text zu lernen. Das ist mir mit 74 Jahren dann doch zu anstrengend. Da sehe ich mich eher zusammen mit der Jugend als Jugendquell.
Kunst und Jugend ist oftmals schwierig zu verbinden. Sie schaffen das aber immer mit Ihrem Humor. Wie stehen Sie dazu und was kann man tun, um junge Generationen für Klassik, Theater und Co. zu begeistern?
Sägebrecht: Ich halte oft Vorlesungen in Kindergärten und an Schulen. Da spiele ich gerne ein- bis einhalb Minuten ei klassisches Stück vor. Ich höre dann oft von Betreuerinnen, dass das zu lange sei und die Kinder nicht so lange aufmerksam blieben. Ich beweise ihnen dann meist das Gegenteil. Denn mit Einfühlungsvermögen, Intensität und Humor und entsprechendem Spannungsbogen geht das. Man muss Kindern etwas zutrauen. Ihre Sinne und Talente fördern und begeistern. Dann klappt das auch mit den Künsten.
Wie wählen Sie Ihre Rollen aus? Wie muss ein Drehbuch, wie muss eine Figur sein, damit Sie zusagen?
Sägebrecht: Ich mache es mir nicht leicht. Ich habe mich ja 1999 zurückgezogen und drehe nur noch einen Film pro Jahr. Aber wenn ich bei der Lektüre eines Buches oder eines Stücks sofort das Gefühl habe: Das kennt meine Seele schon, dann sage zu. Die Rolle muss authentisch sein, darf nicht zu weit weg von meiner eigenen Person sein.
Auftritt im KuKo in Rosenheim
Mit dem Stück „Der Brandner Kasper und das ewig´Leben“ kommt Marianne Sägebrecht nach Rosenheim. Das Werk von Kurt Wilhelm und nach einer Erzählung von Franz von Kobell ist ein Klassiker in modernem Gewand. Termin: Sonntag, 29. Dezember, um 18 Uhr im KuKo. Die Komödie um Tod und Leben steht unter der Regie von Florian Kern. Henner Quest ist als Brandner Kaspar, Stefan Hillebrand als Boandlkramer auf der Bühne. Marianne Sägebrecht spielt eine Doppelrolle als Theres und Afra.
Zum Inhalt: Der „Boandlkramer“ hat einen neuen Auftrag: Er soll den Brandner Kaspar im 72. Lebensjahr abholen und ins Jenseits begleiten. Doch der Brandner fühlt sich noch „gesund wie ein Fisch im Wasser“ und überlistet den Tod. Mit Kirschgeist macht er ihn betrunken und betrügt ihn dann im Kartenspiel – der Gewinn: weitere 18 Lebensjahre. Karten gibt es im Vorverkauf im KuKo online unter www.veranstaltungen.kuko.de.
Der Brandner Kasper im Haus der Kultur in Waldkraiburg
Gute Nachricht für junge Nachwuchsschauspieler: Wer mit Marianne Sägebrecht auf der Bühne stehen will, hat dazu am 26. Dezember um 18 Uhr im Haus der Kultur in Waldkraiburg Gelegenheit, wenn dort der „Brandner Kasper und das ewige Leben“? aufgeführt wird.
Für das Theaterstück werden nämlich noch Kinderstatisten gesucht, also Buben und Mädchen zwischen sechs bis zehn Jahren. Text muss nicht gelernt werden, das Kostüm wird gestellt. Wer in einer kurzen Szene mitwirken will, kann seine Bewerbungen mit Bild an office@carpeartem.de schicken. Karten gibt es im Haus der Kultur in Waldkraiburg unter Telefon 08638/959312.