Komplexe Klanggemälde
Bekannte Künstler sind oft Multitalente, die über ihren eigentlichen Schaffensbereich hinausblicken.
Der ausgebildete Bildhauer Günter Grass wurde Literaturnobelpreisträger, Regisseur Woody Allen spielt Klarinette – der Beispiele sind viele. Bereits zum dritten Mal gab es in Kolbermoor Free Jazz mit der Formation „TTT“. Im Rahmen der Sommerakademie Werndl laden Kunstprofessor Dr. Markus Lüpertz und seine Freunde – wohlgemerkt bei freiem Eintritt – ein zu komplexen Klanggemälden. Die Formation gibt es seit vielen Jahren in wechselnden Besetzungen und sie spielt auf Festivals und zu allen möglichen Anlässen, sogar Udo Lindenberg durfte in seiner Schlagzeuger-Zeit einmal mitwirken. Im reichlich erschienenen Publikum fanden sich vor allem viele Teilnehmerinnen der Akademiekurse.
Typisch freejazzig ging es los, auf den ersten Takten mit einem wüsten Ineinander, das sich aber rasch sortieren sollte. Immer wieder bildeten sich kleinere musikalische Allianzen heraus und es gab reizvolle Sequenzen als Zwischenspiel, durchaus mit Schmankerlcharakter wie das Duo von Samuel Dühsler am Schlagzeug und einem der namhaften europäischen Vibraphonisten, nämlich Wolfgang Lackerschmid an seinem bevorzugten Instrument. Mal abebbend, dann wieder steigernd, baute die Band in dem fast halbstündigen Stück einen schönen Spannungsbogen auf, der ein starkes Drum-Solo beinhaltete. Das Finale war ein Klangreigen in der Tradition der angesagten skandinavischen Jazzer – toll und hörenswert. Lüpertz steuerte voller rhythmischer Begeisterung einige Klangakzente bei, in einem sympathisch-minimalistischen Stil aus der Mitte der Pianotastatur.
Deutlich populärer, fröhlich und feierlich zugleich entwickelte sich „Mother Earth will swallow you“, frei nach einem Motto von Crosby, Stills, Nash und Young. Ein beinah karibischer Calypso-Sound verbreitete sich im Kesselhaus und die beiden Bläser, Gerd Dudek am Saxofon und Manfred Schoof, beide Pioniere des Free Jazz, lieferten knackige Passagen, während Band-Mitgründer und Urgestein der Kunst- und Musikszene Frank Wollny einen sehr kreativen Bass beisteuerte.
Nach der Pause hatte Lackerschmid einen großen Auftritt mit langem, tollen Solo, und in Kombination mit den Bläsern wirkte der Stil zunehmend boppig. Es war ein ungewöhnliches Konzert mit tollen Musikern und kunstvollen Klangexperimenten.