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Frühlingsgefühle bei Brannenburger Kirchenkonzerten

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Der Komponist Roland Leistner-Mayer (links) mit dem Duo „Maiss You“, Burkhard Maiß  (Violine/Viola) und Ji-Yeoun You (Klavier).  Prokop
Der Komponist Roland Leistner-Mayer (links) mit dem Duo „Maiss You“, Burkhard Maiß (Violine/Viola) und Ji-Yeoun You (Klavier). Prokop

Brannenburg –. Zwischen Rosenheim, Neubeuern und Erl liegt das malerische Brannenburg; seit Jahren organisiert die Musikerin Heidi Ilgenfritz dort in der evangelischen Michaelskirche die „Brannenburger Kirchenkonzerte“.

Diese Veranstaltungen müssen sich nicht vor den größeren Kulturzentren der Region verstecken, denn die engagierten Interpreten sind durch die Bank erste Sahne. Meistens füllt eine große Schar interessierter Zuhörer den sakralen Konzertsaal. Die anspruchsvolle Programmgestaltung sorgt für ein großes Stammpublikum.

Apropos „Kirchenkonzerte“: Die aufgeführten Werke sind fast durchweg „weltliche“ Kammermusik. Diesmal stand aus Anlass des 75. Geburtstags des in Brannenburg lebenden Komponisten die erst 2018 entstandene Sonate für Viola und Klavier op.156 im Mittelpunkt. Das aus Berlin angereiste Duo „Maiss You“ meisterte diese Herausforderung mit einem Maximum an verwegener Virtuosität und intensiver Hingabe. „Maiss You“, das sind Burkhard Maiß (Violine/ Viola) und die Pianistin Ji-Yeoun You.

Das Duo wartete saisongerecht mit Beethovens „Frühlingssonate“ auf, sowie mit Mozarts „Mannheimer Violinsonate Nr.1“ KV 304. Mal mit festem, körnigem Ton, dann wieder flötend oder seidenweich, gab Burkard Maiß der anmutigen Mozart-Sonate die richtige Passform. Pianistin Ji-Yeoun You holte mit Fingerspitzengefühl und feiner Zurückhaltung das Beste aus dem Flügel heraus.

Beethoven war dann trotz der zarten Frühlingslüfte und -düfte insgesamt kompakter. Das Scherzo legte den Musikern permanent rhythmische Stolpersteine in den Weg. Doch kein Problem für das minutiös aufeinander eingespielte Duo.

In der Regel wird ein zeitgenössischer Komponist im Programmablauf zwischen zwei vertrauten Klassikern verpackt. Die großangelegte Bratschensonate Roland Leistner-Mayers fand ihren Platz aber mit Recht zum Schluss, als fulminantes und berührendes Finale. Man erinnert sich der vielen Bratschen-Witze – dieses Instrument, früher stiefmütterlich behandelt, hatte in der Partitur wenig Attraktives zu vermelden. Doch im 20. Jahrhundert wurde gerade die Viola zum Träger tiefer Emotionen. Leistner-Mayer steht da mit Bartok, Ligeti, der Gubaidulina oder Giya Kancheli in einer illustren Riege.

Roland Leistner-Mayer orientiert sich an traditionellen Formen; diese bilden aber nur das Gerüst, das dem Hörer das Verständnis erleichtert. Der Inhalt, also melodische Erfindung, rhythmische Vorlieben und die vitale Harmonik sind das Ergebnis seiner ureigenen Kreativität. Zartes Flirren in den hohen Lagen steigert sich langsam zu zornigen Gesten im donnernden Bass und eruptivem „Aufstampfen“. Plakatives oder gar anbiedernd Banales hat dieser Komponist nicht im Angebot. Und doch finden sich immer wieder Inseln der Besinnung, des Nachdenkens, Passagen einer schönheitstrunkenen Versunkenheit. Dann jagt ein Scherzo dahin, als stürmten die apokalyptischen Reiter über uns hinweg. Der Komponist ist auch ein Dramaturg, der die Akzente und Pointen wirkungsvoll zu platzieren weiß.

Tosender Applaus für den Geiger und Bratscher Maiß und die phänomenale Pianistin Ji-Yeoun You. Eingeschlossen in diesen Beifall der Komponist Roland Leistner-Mayer, dem mit Opus 156 wieder ein großer Wurf gelungen ist. Unsere Wünsche zum 75. Geburtstag? Inspiriert weiterkomponieren!

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