Mozart und Bruckner zum vorletzten Konzert
Festspiele Herrenchiemsee: Das unendliche Weiterträumen
- VonRainer W. Jankaschließen
Beim vorletzten Konzert der Festspiele erklangen Mozart und Bruckner. Als Solistinnen wirkten die Geigerin Fabiola Kim und die Bratscherin Katharina Kang Litton in beseelt-klangvollem Dialog.
Herrenchiemsee - Wenn Schubert, so schrieb einmal der Musikkritiker Joachim Kaiser, das unendliche Weiterträumen Mozarts sei, dann ist Bruckner das monument lere Weiterträumen Schuberts. Insofern passte das Programm des vorletzten Konzerts der Herrenchiemsee Festspiele mit Mozarts Sinfonia concertante Es-Dur für Violine, Viola und Orchester, gekoppelt mit Bruckner vierter Symphonie, die „Romantische“ genannt.
Der Dirigent Salvador Mas Conde ließ die Sinfonia concertante majestätisch beginnen und überließ dann großzügig, oft gar nicht mehr dirigierend, dem Orchester der KlangVerwaltung das Feld.
Feine Phrasierungen der Hörner
Das nützten die wohltönenden Hörner zu feinen Phrasierungen und das Orchester zu geschäftigem Rumoren: Es passiert was bei Mozart.
Die Geigerin Fabiola Kim und die Bratscherin Katharina Kang Litton glitzerten in Gelb und Silber und gelb- und silberglitzernd war auch ihr Spiel. Beseelt und geistvoll zugleich war ihr Dialog, zutiefst human wie ein Beispiel für gewaltfreie Kommunikation. Heiter spielten sie sich die Motivbälle zu. Sinnlich blühend war der Ton der Geigerin, edel bronziert der der Bratscherin, beide mit energischem Zugriff, beide unendlich süß im Piano und beide wetteifrig im Rauf- und Runterrasen der Tonskalen.
Elegische Phrasen im Andante
Fabiola Kim sang ihre elegischen Phrasen im Andante schön aus, Katharina Kang Litton am Phrasen-Ende sogar noch ein bisschen mehr. Alles war in halkyonische Bläue getaucht, es herrschte Phäaken-Seligkeit: als Phäaken, die in der griechischen Mythologie bekannt sind für ihr sorgenfrei-glückliches und genussliebendes Leben, werden bisweilen die Österreicher benannt – und Mozart ist ja wahrlich ein Österreicher.
So gar nicht sorgenfrei klang’s dann bei Bruckner. Die Hörner waren jetzt nicht mehr fehlerfrei, die dreifachen Punktierungen des Hornruf-Themas nahm Conde fast in einfacher Punktierung, nahm so dem Thema etwas die rhythmische Spannung. Die Bruckner-typischen Triolen schritt er nicht schwingend, sondern feierlich aus. Conde dirigierte mit großbogigen Gesten und kümmerte sich weniger um kleinteiligere Phrasen, nahm durchweg ruhige Tempi, so dass sich die ganze Symphonie ins Ewiglange auswuchs.
Anklänge an Mahler im Finale
Gelassen türmte er Klangblöcke auf Klangblöcke – aber ob „gelassen“ das richtige Stichwort für eine Bruckner-Symphonie ist, sei dahingestellt. Immerhin verfehlten die gewaltigen wellenartigen Klangsteigerungen nicht ihre Wirkung, die Klangwelt des Finales erinnerte schon die Klangwelt von Gustav Mahler voraus, der wohl seinerseits Bruckner weiterträumt. Zwischendurch hatte die Natur mitgespielt: ein Regenschauer hatte die herrschende Schwüle durchbrochen. Die etwas erschöpften Zuhörer spendeten Beifall – aber im Gedächtnis bleibt die abendsonnige halkyonische Stimmung der Mozartischen Sinfonia concertante.