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Dritte Generation setzt Familien-Tradition des Textilservice Stangelmayer fort

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Von: Kathrin Gerlach

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Die Zukunft der Textilservice Stangelmayer GmbH ist in guten Händen: Ferdinand Stangelmayer (von links) ist das erste Mitglied der dritten Generation, der das Familienunternehmen mit Arnulf junior, Elfriede, Arnulf senior und Gerhard Stangelmayer in die Zukunft führt.
Die Zukunft der Textilservice Stangelmayer GmbH ist in guten Händen: Ferdinand Stangelmayer (von links) ist das erste Mitglied der dritten Generation, die das Familienunternehmen mit Arnulf junior, Elfriede, Arnulf senior und Gerhard Stangelmayer in die Zukunft führt. © Gerlach

Während deutschlandweit 30.000 Unternehmen pro Jahr um einen Nachfolger ringen, gelingt es der Textilservice Stangelmayer GmbH in Kolbermoor seit fast 60 Jahren, den Staffelstab an die nächste Generation weiterzugeben. Wie das gelingt und wer jetzt an der Spitze steht.

Kolbermoor – Arnulf und Elfriede Stanglmayer haben 1965 den Grundstein für ihr Familiennunternehmen gelegt. Auch wenn sie zwischenzeitlich über einen Verkauf nachdachten, haben ihre Söhne Arnulf und Gerhard 2004 den Staffelstab übernommen. Jetzt trat mit Ferdinand der erste Enkel ins Unternehmen ein. Ihm werden in den nächsten Jahren auch Valentin und Jakob folgen. Und mit den Urenkeln Paul und Emil steht sogar die vierte Generation schon in den Startlöchern. Die Stangelmayers schreiben eine außergewöhnliche Unternehmensgeschichte. Doch wie haben sie Großbrände, Corona-Pandemie, Fachkräftemangel und Energiekrise gemeistert?

Familienunternehmen wurde 1965 gegründet

„Man ist die Firma, und man schläft die Firma, 24 Stunden am Tag“, sagt Arnulf Stangelmayer (85). Der Senior war es, der 1965 die Firma gemeinsam mit seiner Frau Elfriede gründete. Für den Wunsch, sich selbstständig zu machen, hängten sie ihre Jobs als Diplomchemiker und Chemielaborantin an den Nagel, um in Rosenheim einen kleinen Wäschereibetrieb zu übernehmen. „Wenn ich gewusst hätte, wie hart es wird, hätte ich es wohl nicht gemacht“, erinnert sich der Senior: „Die ersten zehn Jahre sind die schlimmsten.“

Menschen sind das Geheimnis des Erfolgs

Mit 17 Mitarbeitern übernehmen sie den Wäscheservice für Privatkunden, stehen selbst an Waschmaschine und Mangel, in den Filialen oder fahren die Wäsche aus. Mittendrin wachsen ihre Söhne Arnulf und Gerhard auf. „Wir haben wirklich geschuftet, hatten aber immer wunderbare Menschen an unserer Seite“, erinnert sich Elfriede Stangelmayer (78) an die ersten Jahre. „Während sie sich um die Mitarbeiter kümmerte, war unser Vater der Stratege, hat den Markt beobachtet und die Zukunft des Unternehmens geplant“, sagt Gerhard Stangelmayer (53) voller Hochachtung: „Das ist das Geheimnis unseres Erfolgs.“

Der Grundstein für das Familienunternehmen Stangelmayer wurde 1965 in der kleinen Wäscherei Mandelsberger in Rosenheim gelegt. Erst 1978 zog der Textilservice an seinen heutigen Standort nach Kolbermoor um.
Der Grundstein für das Familienunternehmen Stangelmayer wurde 1965 in der kleinen Wäscherei Mandelsberger in Rosenheim gelegt. Erst 1978 zog der Textilservice an seinen heutigen Standort nach Kolbermoor um. © Stangelmayer

Markt wandelt sich rasant

Das Portfolio des Unternehmens entwickelt sich rasant. Zur Haushaltswäsche kommt die Gastronomie hinzu, zur Wäscherei die chemische Reinigung. Über Filialen wird ein Vertriebsnetz aufgebaut. In Rosenheim ist es bald zu eng, also zieht Stangelmayer 1978 in die ehemalige Strumpffabrik nach Kolbermoor um. „Ein wahrer Klimmzug“, sagt der Senior. Dann wandelt sich der Markt vom Privat- zum Objektgeschäft, schwappt aus Amerika das Modell der Mietwäsche nach Europa, in den 70er-Jahren kommen Krankenhäuser und Rehakliniken hinzu. Das Unternehmen wächst. Doch ein Großbrand am 6. Dezember 1983 vernichtet alles. „Wir dachten, das sei der Untergang“, erzählt Elfriede Stangelmayer. Doch mit viel Kraft, unternehmerischem Mut und „einer unglaublichen Leistung unserer Mitarbeiter“ geht es weiter.

36.500 Bayerische Betriebe stehen vor Generationswechsel

550.000 Familienunternehmen prägen die Wirtschaft und vor allem den Mittelstand Bayerns. Rund ein Viertel der Inhaber ist nach Informationen des Bayerischen Wirtschaftsministeriums älter als 60 Jahre. Demnach stehen bis 2026 allein in Bayern etwa 36.500 Betriebe mit circa 618.000 Mitarbeitern vor einem Generationswechsel. „Unsere Familienunternehmen stehen derzeit vor großen Herausforderungen“, betont Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Energiekrise, Nachhaltigkeit und Klimaschutz, Digitalisierung und Fachkräftemangel erforderten durchgreifende Anpassungsprozesse. „Von besonderer Bedeutung für den laufenden Transformationsprozess ist der Generationenwechsel in den Familienunternehmen. Nur eine gelungene Unternehmensübergabe sichert den Erfolg für die Zukunft“, so Aiwanger.

Nach einer vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen Studie ist in Zukunft eine noch höhere Anzahl von Unternehmern im übergabereifen Alter zu erwarten. Die Zahl der übergabereifen Unternehmen wachse bis 2030 auf rund 240.000 mit rund 1,27 Millionen Arbeitsplätzen. Berücksichtigt wurden dabei nicht nur die Selbstständigen, die bereits 60 Jahre und älter sind, sondern auch die Selbstständigen, die 55 Jahre und älter sind.

Unternehmensnachfolge ist viele Jahre lang kein Thema. Ihren Söhnen lassen die Stangelmayers die Freiheit, über ihre berufliche Zukunft selbst zu entscheiden. Der eine studiert Maschinenbau, der andere Bauwesen. Nach 20 Jahren Selbstständigkeit denkt der Senior 1985 erstmals über den Verkauf des Unternehmens nach. Doch mit dem Einstieg der Söhne – 1993 Arnulf und 1997 Gerhard – wird die Zukunft des Familienunternehmens besiegelt.

Erfahrene Begleitung und eigene Akzente

Der Senior begleitet sie bis zu seinem Ruhestand. Die zweite Generation setzt mit Innovationen eigene Akzente, managt die textile Vollversorgung für alle Branchen und damit ein umfassendes Portfolio von der Flachwäsche für Hotels, Gastronomie oder Gesundheitswesen über professionelle Berufsbekleidung für Pflege, Industrie und Handwerk bis zur Bewohnerwäsche. Der Textilservice Stangelmayer expandiert. Ab Mitte der 90er-Jahre wird der Standort in Kolbermoor weiter ausgebaut. 2004 übernimmt die zweite Generation die Geschäftsführung. Es entstehen neue Produktionshallen, ein neues Kesselhaus und ein modernes Betriebs- und Verwaltungsgebäude.

Krisen als besondere Herausforderung

Zwei Krisen stellen das Unternehmen vor große Herausforderungen. Erst die Corona-Pandemie, die zeitweise zu einem enormen Umsatzeinbruch führt. Dann die Preisexplosion bei Diesel, Energie und Rohstoffen. Täglich sind 42 Lkw und 14 Sprinter unterwegs. Pro Jahr werden 22 Gigawatt Gas gebraucht. Als der Krieg gegen die Ukraine beginnt, investieren die Stangelmayers und stellen 50 Prozent ihres Verbrauchs von Gas auf Öl um. „Mehr geht nicht, da viele unserer Maschinen direkt mit Gas beheizt werden“, erklärt Gerhard Stangelmayer. „Ist das Gas weg, steht der ganze Laden“, macht der Senior die Gefahr klar, die im Juli und August 2022 fast Realität geworden wäre.

Bis zu 86 Tonnen Wäsche und damit etwa 275.000 Wäscheteile werden in der Textilservice Stangelmayer GmbH täglich bearbeitet. 1965 starteten die Firmengründer mit 300 Kilogramm Wäsche pro Tag.
Bis zu 86 Tonnen Wäsche und damit etwa 275.000 Wäscheteile werden in der Textilservice Stangelmayer GmbH täglich bearbeitet. 1965 starteten die Firmengründer mit 300 Kilogramm Wäsche pro Tag. © Stangelmayer

„Textilservice ist systemrelevant“

Sie kaufen Öl und Gas am Spotmarkt ein, um die Preisexplosionen abzufedern, stehen in engem Kontakt mit den Energieversorgern, um im Notfall wenigstens stundenweise mit Gas versorgt zu werden. „Als Wäsche- und Bekleidungsservice für Krankenhäuser, Reha-Kliniken und Pflegeheime müssen wir jederzeit lieferfähig bleiben. Doch wir gehörten weder in der Corona-Pandemie zu den Einrichtungen, die vorrangig geimpft wurden, noch in der Energiekrise zu den Unternehmen, die bei einer Mangellage vorrangig mit Gas versorgt worden wären“, beschreibt Arnulf Stangelmayer junior (55) den Kampf darum, von den Behörden als systemrelevant wahrgenommen zu werden.

Nachhaltigkeit seit 58 Jahren

Mit Energie achtsam umzugehen, gehört seit 58 Jahren zur Unternehmensphilosophie. „Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Schonung unserer Ressourcen sehen wir als wichtige Aufgaben an, die wir seit der Firmengründung verfolgen“, betont der Senior. So werden Waschverfahren und Technologien ständig auf Umweltverträglichkeit geprüft. Prozesswärme wird im Produktionskreislauf zur Warmwasseraufbereitung genutzt und versorgt über ein Nahwärmenetz beispielsweise das Rathaus oder das neue Geschäfts- und Wohnhaus. Mit neuen Lkw sollen jährlich 20.000 Liter Diesel eingespart werden. Eine Solaranlage auf dem Dach produziert einen Teil des benötigten Stroms. „Im vergangenen Jahr konnten wir weitere 15 Prozent Energie einsparen“ erklärt Gerhard Stangelmayer.

Neue Generation hat einen neuen Blickwinkel

Und es geht weiter – mit einem genauen Monitoring der Betriebsabläufe und vielen kleinen Schritten in den einzelnen Bereichen. Diese Aufgabe hat Betriebswirt und Wirtschaftspsychologe Ferdinand Stangelmayer übernommen. Er bringt zur technischen nun auch eine psychologisch Sichtweise ein: „Um die Abläufe zu optimieren und zu entdecken, wo wir noch Ressourcen schonen können, wollen wir unsere Mitarbeiter stärker einbinden“, erklärt der 28-Jährige sein aktuelles Projekt. Damit wird nicht nur die emotionale Bindung zum Unternehmen gestärkt: „Aus ihrem Blickwinkel lassen sich Alltagshürden viel besser erkennen. Sie sind die Profis in ihren Bereichen, die für die Optimierung der Abläufe auch die besten Ideen haben.“

Wachstum in Zahlen

Vor 58 Jahren haben Arnulf und Elfriede Stangelmayer mit 17 Mitarbeitern das Unternehmen gegründet. Damals bearbeiteten sie für ihre Kunden 300 Kilogramm Wäsche am Tag. Heute gehören 500 Mitarbeiter aus 40 Nationen zum Team der Textilservice Stangelmayer GmbH. Sie bearbeiten täglich bis zu 86 Tonnen Wäsche und damit etwa 275.000 Wäscheteile.

1965 haben die Firmengründer auf einer Fläche von 200 Quadratmetern mit ihrem Textilservice begonnen. Heute unterhält die Stangelmayer Textilservice GmbH Standorte in Kolbermoor und Wasserburg. Allein am Hauptsitz in Kolbermoor sind in den vergangenen Jahren mehr als 8000 Quadratmeter Produktions- und Verwaltungsfläche entstanden.

Sein Fachgebiet ist das Change-Management, also die strategische Planung von Veränderungen im Unternehmen. „Eigentlich dasselbe, was ich in den vergangenen 50 Jahren gemacht habe“, sagt der Großvater augenzwinkernd und weiß, dass sein Lebenswerk auch künftig in guten Händen liegt. Die dritte Generation wird sich verstärkt der Digitalisierung und Automatisierung der Produktion widmen, um das Familienunternehmen zukunftsfähig zu gestalten. Beispielsweise mit dem Einsatz künstlicher Intelligenz, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

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