Fast 20 Jahre Warten für Priener Verein
Wird das Schloss Herrenchiemsee zum UNESCO-Weltkulturerbe? So stehen die Chancen
- VonUlrich Nathen-Bergerschließen
Das Königsschlösser-Trio Herrenchiemsee, Linderhof und Neuschwanstein auf der Liste Weltkulturerbe der UNESCO – bleibt das ein Traum, oder ist der Priener Verein „Vereinigung der Freunde von Herrenchiemsee“ mittlerweile seinem Ziel etwas näher gekommen?
Prien/Herrenchiemsee - Fast 20 Jahre warten die Mitglieder nun schon auf eine Entscheidung – warum das so ist, erfuhren die OVB-Heimatzeitungen im Interview mit dem Vorsitzenden, Dr. Friedrich von Daumiller (79).
Haben Sie den Traum schon aufgegeben oder bleiben Sie geduldig?
Dr. Friedrich von Daumiller: Wir hoffen schon, dass sich dieser Traum endlich erfüllen wird, der geht ja schon seit Anfang der 2000er Jahre. Unser Verein hatte diesen Traum damals eigentlich nur auf Schloss Herrenchiemsee bezogen. Aber ich erinnere mich an eine Sitzung im Jahr 2004, als unser Zweiter Vorsitzender, Alt-Bürgermeister Lorenz Kollmannsberger, die Idee einbrachte, den Chiemsee mit seinen Inseln als Weltkulturerbe der UNESCO aufnehmen zu lassen. Seine Begründung: das Naturensemble sei ein wichtiger Baustein zur langfristigen Bewahrung der in Mitteleuropa wohl einzigartigen Situation See, drei Inseln, Kultur und Natur in großer Harmonie.
Wie wurde aus der Idee ein konkretes Projekt?
von Daumiller: Mit Blick auf die Geschichte unseres Antrags wird deutlich, dass in den Zeiten der politischen Wende in Deutschland in den Jahren 1990 und 1991 jeweils über 700 000 Besucher hier verzeichnet wurden. Diese Zahl ist dann kontinuierlich in den Folgejahren bis heute zurückgegangen auf etwa die Hälfte. Das war für Kollmannsberger damals ein weiterer Grund, den Eintrag in die Weltkulturerbe-Liste zu beantragen.
Die schöne Region und stagnierende Besucherzahlen – reicht das für eine Welterbe-Anerkennung?
von Daumiller: Nach ersten Sondierungen zum Procedere machte uns der Kunsthistoriker Professor Michael Pezet, damals Präsident des Welt- Komitees des Internationalen Rates für Denkmalpflege deutlich, dass wir nur eine Chance hätten, wenn wir den Antrag auf die Königsschlösser Linderhof, Neuschwanstein und Herrenchiemsee beziehen.
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Der wesentliche Aspekt dabei wäre, dieses Trio als Zeugen des Historismus (die Nachahmung verschiedener historischer Baustile; Anm. d. Red.) herauszustellen. Der Verein Freunde von Herrenchiemsee hat dann versucht, über den Freistaat Bayern die Bayerische Schlösserverwaltung und das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst mit ins Boot zu holen. Was uns auch gelungen ist.
Von da an lief alles so, wie der Verein es sich vorgestellt hat?
von Daumiller: Nicht unbedingt – denn es gab es für unser Projekt eine weitere Hürde: den Welterbe-Antrag für das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth. Zwischen beiden sollte keine Konkurrenzsituation entstehen, hieß es aus den Behörden. Den Bayreuther Antrag hat dann Dr. Alexander Wiesneth im Jahr 2012 erfolgreich zum Abschluss gebracht. Er ist Oberkonservator der Bayerischen Schlösserverwaltung und dort für historische Bauforschung und UNESCO-Welterbe-Angelegenheiten zuständig. Seit 2012 beschäftigt sich Dr. Wiesneth federführend mit den Königsschlössern Ludwigs II. als Weltkulturerbe und hat die Begründung des entsprechenden Antrags ausgearbeitet.
Aber die Einscheidung lässt nach wie vor auf sich warten…
von Daumiller: Seitdem warten wir Jahr für Jahr darauf. Vor unseren Mitgliederversammlungen erkundige ich mich immer beim bayerischen Kunstministerium nach dem Bearbeitungsstand des Antrags. Bislang bekam ich regelmäßig dann die Antwort, dass alles gut laufe.
Warum dauert das so lange?
von Daumiller: Soweit ich weiß, können pro Jahr und Land immer nur zwei Projektanträge vorgebracht werden. Mehr ist mir nicht bekannt. Uns wurde schon früh deutlich gemacht, dass über den normalen Antragsweg mit einer Entscheidung voraussichtlich erst im Jahr 2022 oder 2023 zu rechnen sei.
Wovon ist der positive Bescheid abhängig?
von Daumiller: Es muss etwas ganz Herausragendes an dem Objekt sein, sodass es würdig genug ist, in die Welterbe-Liste aufgenommen zu werden. Das sind die Königsschlösser mit Sicherheit. Das Schloss Herrenchiemsee ist ja allein mit Blick auf das Kunsthandwerk etwas Besonderes. Dort haben zum Beispiel sehr bedeutende Maler mitgearbeitet wie Wilhelm Marc, der bei der Ausmalung des Schlosses wie auch im Schloss Linderhof beteiligt war.
Wie verhalten sich denn die Gemeinden Ettal, Schwangau und Chiemsee – ziehen die alle einem Strang?
von Daumiller: Dazu habe ich vor Kurzem eine alte Notiz aus dem Jahr 2008 gefunden, wonach in der Mitgliederversammlung unseres Vereins der damalige Staatssekretär im Finanzministerium Georg Fahrenschon ein Bekenntnis zu Unterstützung des Projekts abgegeben hatte.
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Eine weitere Notiz bezieht sich auf die Gespräche der Gemeinden untereinander mit dem Hinweis, dass sie „gut verlaufen“ würden. Allerdings sei bei Schwangau und Füssen noch große Überzeugungsarbeit zu leisten. Meine letzte Information diesbezüglich aus dem bayerischen Kunstministerium vor einem halben Jahr war, dass Schwangau noch immer nicht dem Antrag zugestimmt habe.
Können die Freunde von Herrenchiemsee da etwas Positives noch erreichen?
von Daumiller: Wir haben uns stark zurückgehalten und sehen das Projekt beim Freistaat eigentlich in guten Händen. Ich glaube auch nicht, dass wir als privatrechtlicher Verein die Gemeinde Schwangau in irgendeiner Weise beeindrucken könnten. Es heißt zum einen, dass sie Probleme mit der Parksituation sieht, zudem durch einhergehende Welterbe-Auflagen sich in ihrer Entwicklungsmöglichkeit eingeschränkt fühlen könnte.
Wie geht es jetzt weiter?
von Daumiller: Neues zum Stand des Projekts werden wir am Donnerstag, 9. Februar, hier in Prien erfahren. Dann wird Dr. Alexander Wiesneth ab 19 Uhr im Chiemsee-Saal über das Thema referieren: „Gebaute Träume für die UNESCO-Welterbe-Liste – die Schlösser Ludwigs II vom Bayern“ – ich bin sehr gespannt.