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Türen sollen bald wieder aufgehen

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Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte sich im Herbst 2015 von CSU-Landtagsabgeordnetem Klaus Stöttner (rechts) und Dr. Friedrich von Daumiller, dem Vorsitzenden der Freunde von Herrenchiemsee, den Inseldom zeigen lassen. Bei dem Ortstermin war dann als Nahziel ausgegeben worden, die geschichtsträchtigen Gemäuer zumindest für kleine Gruppen begehbar zu machen. ul
Bayerns Finanzminister Markus Söder hatte sich im Herbst 2015 von CSU-Landtagsabgeordnetem Klaus Stöttner (rechts) und Dr. Friedrich von Daumiller, dem Vorsitzenden der Freunde von Herrenchiemsee, den Inseldom zeigen lassen. Bei dem Ortstermin war dann als Nahziel ausgegeben worden, die geschichtsträchtigen Gemäuer zumindest für kleine Gruppen begehbar zu machen. ul © OVB

Es gibt wohl wenige Orte in Bayern, in denen so unterschiedliche Episoden der Geschichte so offensichtlich sind. Chiemsee.

Der Inseldom auf Herrenchiemsee zeugt von den Anfängen des Christentums im Freistaat, vom Barock, der Säkularisation und vom Schrecken des Krieges im 20. Jahrhundert. Den Augen der Öffentlichkeit bleibt der geschichtsträchtige Ort verborgen, vor allem aus Sicherheitsgründen. Das soll sich bald ändern.

– Es sind sehr dicke Bretter, die gebohrt werden müssen. Denn die Wunden, die die Geschichte in die historischen Gemäuer gerissen hat, sind tief. Umso teurer könnte es sein, sie zu heilen.

Und dass der Inseldom wie die ganze Insel und ihre Bauten dem Freistaat Bayern gehört, macht die Sache nicht leichter. Die Zuständigkeiten sind komplex.

Die Freunde von Herrenchiemsee bohren seit vielen Jahren, regionale Politiker standen und stehen dem rührigen Verein immer wieder zur Seite. 2015 hat vor allem CSU-Landtagsabgeordneter Klaus Stöttner Überzeugungsarbeit an höherer Stelle geleistet, bei Ortsterminen leidenschaftlich unterstützt von Dr. Friedrich von Daumiller, dem Vorsitzenden der Freunde von Herrenchiemsee. Im Sommer erklomm Staatskanzleichef Marcel Huber die Treppen bis zur obersten Zwischenebene, wenige Meter unterhalb der gewaltigen Deckengewölbe. Im Herbst nahm sich Finanzminister Markus Söder Zeit, den Inseldom auf sich wirken zu lassen. Solcherlei individuelle Werbemaßnahmen zeigen Wirkung.

Denn nun ist ein Konzept entstanden, wie der Inseldom zunächst zumindest für kleinere Gruppen begehbar gemacht werden kann. Es gilt in erster Linie, Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen. Gleich hinter der Tür zum Beispiel liegt eine Grube als Stolperfalle, die Treppen tragen kaum mehr als die Last einer Person.

Das staatliche Bauamt Rosenheim hat nun Pläne entwickelt, wie die Begehbarkeit sichergestellt werden kann. Das Konzept der Behörde liegt jetzt zur Beurteilung bei der Zentrale der staatlichen Schlösser- und Seenverwaltung in München. Wann genau darüber entschieden wird, ist nicht bekannt.

Je nachdem, wie aufwendig die Erschließung des Inseldoms wird, kann die Finanzierung aus dem Budget der Schlösserverwaltung erfolgen oder eben nicht. Sollten die Kosten zu hoch liegen, müsste geklärt werden, aus welchem öffentlichen Topf das Vorhaben bezahlt werden soll.

Nutzungskonzepte bis Mitte dieses Jahres

Das Geld spielt bei den weitergehenden Bestrebungen eine wohl noch entscheidende Rolle. Noch im Herbst hatte der Landtag in München einstimmig einen Antrag bewilligt, den Stöttner zusammen mit den regionalen Abgeordneten Otto Lederer und Klaus Steiner sowie weiteren Mitstreitern aus seiner Fraktion eingebracht hatte. Bis Mitte dieses Jahres soll die Staatsregierung im Landtag berichten, welche Nutzungskonzepte für den Inseldom vorstellbar sind. Damit soll eine Grundlage für weitere Diskussionen geschaffen werden. Und auch für mögliche Entscheidungen, denn im Herbst wird der Doppelhaushalt 2017/18 des Freistaats aufgestellt.

In der Vergangenheit geisterten mitunter Zahlen durch den Raum, die sehr abschreckende Wirkung hatten. Im extremsten Fall kursierte kurzzeitig die Summe von 80 Millionen Euro. Nun sollen seriöse, belastbare Daten her. Denn Konzepte, die in jüngerer Vergangenheit durchaus entwickelt worden waren, zum Beispiel vom Priener Logistik-Kompetenz-Zentrum und von Studenten der Hochschule Rosenheim, hatten den Makel, dass sie keine geprüften Finanzierungsberechnungen enthielten. Frühgeschichtliches Museum denkbar

Stöttner und die Freunde von Herrenchiemsee sehen die größten Chancen nicht in einer Wiederherstellung des Kirchenraums. Ein Museum der bayerischen Frühgeschichte wäre für sie eine realistische Alternative.

Geschichtlich hat der Inseldom allemal viel vorzuweisen und durchgemacht. Die ursprüngliche romanische Basilika entstand im 12. Jahrhundert. Den Dom, wie man ihn heute kennt, schuf im prachtvollen Barock im 17. Jahrhundert der Graubündener Baumeister Lorenzo Sciasca.

Nach der Säkularisation (Aufhebung kirchlicher Institutionen und Verstaatlichung ihres Besitzes) Anfang des 19. Jahrhunderts ließ der Münchner Großkaufmann Alois von Fleckinger 1818 bis 1820 die Türme und den Chor abbrechen und richtete eine Brauerei ein. Sie bestand bis 1917. Seitdem ist der Inseldom für die Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich. 2017 jährt sich dieser Zustand also zum 100. Mal.

Ganz stimmt das so allerdings nicht. In den Kriegswirren des 20. Jahrhunderts fanden Flüchtlinge Unterschlupf in den Gemäuern. Davon zeugen ihre handschriftlichen Hinterlassenschaften an den Wänden. Augenscheinlicher und authentischer kann Geschichte kaum sein.

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