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Klimaschutz um jeden Preis? Jetzt wachsen in Traunstein die Zweifel...

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Von: Xaver Eichstädter

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Die Klimaschutzziele waren und sind hoch, doch die Bürgerentscheide stützten sie nicht: wie geht es mit dem ambitionierten Klimakonzept in Traunstein weiter? Bei der Debatte im Stadtrat ging es hoch her - und letztendlich war eine Mehrheit sogar dafür, die Maßnahmen wieder unter Vorbehalt zu stellen...

Traunstein - Der Traunsteiner Stadtrat hat am Donnerstag (29. September) zu seinem Klimaschutzkonzept einen Beschluss gefasst, in dem sich auf den ersten Blick zwar „alle wiederfinden“, wie es Oberbürgermeister Christian Hümmer (CSU) ausdrückte - doch auf den zweiten Blick haben sich die Zweifler am konsequenten Klimaschutz durchgesetzt. Dass die 18 Maßnahmen aus dem Klimaplan weiterverfolgt und umgesetzt werden, fand eine große Mehrheit. Nur Andreas Kaiser (CSU) stimmte dagegen. Ebenfalls eine Mehrheit fand aber auch ein CSU-Antrag zum Klimaschutzkonzept: Alle Maßnahmen sollen überprüft werden, dass für die Bürger keine finanziellen Mehrbelastungen entstehen.

Klimaplan Traunstein weiter umsetzen - aber nur ohne Mehrbelastungen für Bürger

Er fühle sich dem Klimaschutzkonzept, das der Stadtrat vor einem Jahr beschloss, weiterhin verpflichtet, so CSU-Fraktionschef Konrad Baur. Die Maßnahmen sollten weiter abgearbeitet werden. „Aber“, so Baur, sollte man alle Maßnahmen auch überprüfen, „dass keine Mehrbelastungen für Bürger, insbesondere für junge Familien oder wirtschaftlich Schwächergestellte, entstehen“. Sie stünden wegen der überzogenen Kostensteigerungen schon jetzt vor Existenzängsten. OB Hümmer gab ihm Recht: Als Kommune solle man nicht noch weiter dazu beitragen, die Sorgen vieler Menschen vor der Preisentwicklung zu verstärken. „Nur“ CSU und UW, sowie zwei Stimmen der FDP stimmten für den Antrag, hatten damit aber eine Mehrheit.

Aufhänger der Debatte war eigentlich ein Antrag der anderen Stadtratsfraktionen: Grüne, Traunsteiner Liste, Initiative Traunstein und SPD/Linke bestanden auf einer „rechtsverbindlichen“ Umsetzung des Klimaschutzkonzepts. Dass die Stadt bereits in Vorleistung gegangen ist und erste Projekte angepackt hat „ist ja richtig“, so Simon Steiner (Traunsteiner Liste): „Aber das sind nur Mosaiksteine.“ Patrick Nepper (Grüne) legte nach und riss die großen Klimathemen an: Wird die CO2-Bilanz der Stadt laufend aktualisiert? Wie sieht die Dekarbonisierungsstrategie der Stadtwerke aus? Wie will Traunstein vom Gas wegkommen? „Die CSU versucht jetzt zum zweiten Mal, das zu verzögern“, so Nepper.

Nepper (Grüne): „CSU will zum zweiten Mal verzögern“

Das Klimaschutzkonzept sei beschlossene Sache, so Grünen-Stadtrat Nepper. Im Bürgerentscheid wurde zwar das Quorum nicht erreicht, aber dadurch sei der einstimmige Stadtratsbeschluss zum Klimakonzept vom September 2021 ja nicht aufgehoben. Andreas Kaiser (CSU) konterte: „Die Mehrheit der Bürger war definitiv nicht für die Bürgerbegehren. Jetzt soll das ausgehebelt werden.“ Er bezweifelte, dass die Fraktionen, die hinter dem Antrag zur Umsetzung des Klimaplanes stünden, die Grundwerte der Demokratie schätzten. „ Wir sollten den Klimaschutz mit Maß und Ziel vorantreiben. Nur da wo es Sinn macht und nicht alles auf einmal“, so Kaiser.

In den Augen von OB Hümmer gehe der Antrag zur Klimaplan-Umsetzung ohnehin „ins Leere“, denn man habe schon längst begonnen: der Rufbus, das Radkonzept, ein kommunales Energiemanagement oder PV-Anlagen am Dach vom Rathaus oder des Friedhofsgebäudes, wie es geplant ist, waren nur einige seiner aufgezählten Beispiele. „Begonnen haben wir. Und wir machen weiter.“ Eine Anleihe zur Finanzierung der großen Klimaschutzmaßnahmen habe man aber noch nicht aufgenommen, wie die Stadtverwaltung auf Nachfrage von Helga Mandl (Grüne) angab.

Noch vor einem Jahr war die Euphorie groß: Einstimmig beschloss man, die Stadtwerke bis 2030 klimaneutral machen zu wollen und bis 2040 die gesamte Stadt. Doch in der Zwischenzeit ist viel passiert und bei Teilen des Traunsteiner Stadtrates scheint Ernüchterung eingekehrt zu sein: Zwei Bürgerentscheide für mehr Klimaschutz gingen ins Leere, weil sich zu wenige beteiligten. Die Inflation marschiert und lässt die Bürger jeden Cent zweimal umdrehen. Und wegen der Krise im Zuge des Ukraine-Kriegs wird Energie auch aus Kohle- oder Atomkraftwerken für manche wieder attraktiver.

xe

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