STREIT UM FUNKMASTEN
Plant Ruhpoldings Bürgermeister 5G durch die Hintertür?
- VonChristiane Giesenschließen
Die Ruhpoldinger Bürgerinitiative gegen 5G wirft Bürgermeister Justus Pfeifer vor, sich nicht klar zu möglichen neuen Funkmasten zu bekennen. Nun steht es Aussage gegen Aussage. Während die Gemeinde an einem Digitalkonzept feilt, geht die Initiative in die Offensive.
Ruhpolding – Ein neuer Funkmast als Ersatz für einen bestehenden, plus ein zusätzlicher neuer Mast am Unternberg – am Ende die künftige Infrastruktur für die 5G-Technologie? Oder war das alles nur ein Missverständnis? In Ruhpolding stellen diese Fragen gerade das eigentlich gute Verhältnis zwischen Bürgermeister Justus Pfeifer (CSU), einigen Gemeinderäten und der Bürgerinitiative (BI) „Lebenwertes Ruhpolding – 5G frei“ auf die Probe.
Laut BI sei der Gemeinderat „unsachgemäß, fehlerhaft und falsch“ informiert worden, als er Mitte Dezember den Antrag der Initiative auf ein gesundheitsverträgliches Mobilfunkkonzept mit 13:7 Stimmen ablehnte.
Ein Gespräch und seine Folgen
Stattdessen will man bis zum Frühjahr ein Digitalkonzept erarbeiten und fasste den Beschluss: „Inhaltlich soll dabei der präferierte Glasfaserausbau, die weitere Erschließung des Mobilfunknetzes (insbesondere im alpinen Gelände), aber auch die digitale Erschließung der Wirtschaft und der öffentlichen Gebäude und Einrichtungen in Ruhpolding in den Fokus gerückt werden.“
Das Fass zum Überlaufen brachte ein Gespräch zwischen Pfeifer und BI-Sprecher Lothar Löchter Anfang Februar. Wie Löchter berichtet, habe ihm der Bürgermeister eröffnet, dass in Ruhpolding zwei neue Mobilfunkmasten geplant seien, am Bahnhof und am Unternberg.
Im Raum steht nun die Vermutung der BI, der Bürgermeister wolle 5G durch die Hintertür einführen, obwohl er dies im Kommunalwahlkampf noch von sich gewiesen hat.
Für flächendeckenden Mobilfunk
Den OVB-Heimatzeitungen liegen dazu der E-Mailverkehr zwischen Pfeifer und BI-Sprecher Lothar Löchter vor. Am 28. Januar schrieb der damalige Bürgermeister-Kandidat Pfeifer an Löchter: „Bezüglich 5G Netzausbau wird sich in Ruhpolding in den nächsten Jahren nicht viel bewegen, da das 5G-Netz bei den wenigen Nutzern in Ruhpolding für die Anbieter eher unattraktiv ist.
Klar ist, dass ich als (möglicher) Bürgermeister einen 5G-Ausbau nur dann befürworten würde, wenn gesundheitliche Risiken ausgeschlossen sind.“ Am 22. April, als designierter Bürgermeister, schreibt er an Löchter, eine flächendeckende Mobilfunkversorgung der Gemeinde liege ihm am Herzen, im Interesse der Sicherheit von Einwohnern und Gästen, „ganz unabhängig von 5G“. Er denke nicht, dass der neue Standard in allen Bereichen des Dorfes Sinn mache.
Lesen Sie auch: Mobilfunk und 5G: Rimsting spielt beim Thema Funkmast auf Zeit
Pfeifer rechtfertigt die neuen Mast-Pläne nun damit, dass die Bahn den alten Mast ersetzen wolle („nicht mehr ansehnlich“) und am Unternberg für Rettungsdienste die Mobilfunkabdeckung zu schlecht sei. Hier gehe es lediglich um eine „Anfrage“, konkret geplant sei nichts, es sei auch kein Bauantrag eingegangen. Indes sollen im Digitalkonzept neun Punkte eingearbeitet werden, die die BI selbst vorgeschlagen hat.
Die Initiative ist jedoch überzeugt, dass es nur eine Frage der Zeit sei, bis ein Bauantrag für den Unternberg-Mast auf dem Tisch liege und sieht in dem Ganzen einen Vorstoß, Tür und Tor für 5G in Ruhpolding zu öffnen. Sie kündigt nun in einem Offenen Brief an Pfeifer und den Gemeinderat eine „große Offensive“ mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Einführung von 5G an.
Dabei weist sie auf die noch ungenügend untersuchten, möglichen Gesundheitsgefahren des neuen Mobilfunkstandards hin. Zudem kündigt das Schreiben eine Infokampagne sowie ein Bürgerbegehren mit Bürgerentscheid an.
Beschwerde bei der Rechtsaufsicht
Laut Löchter seien die BI-Mitglieder keine Technikgegner: „Ein Verzicht auf 5G bedeutet nicht, auf Fortschritt zu verzichten. Bisher hat uns noch niemand erklären können, wofür 5G in Ruhpolding gebraucht wird, zumal es gesundheitlich unbedenkliche Alternativen gibt.“ 4G sei in der Regel ausreichend.
Parallel dazu legt die BI Beschwerde gegen das Zustandekommen des Ratsbeschlusses bei der Rechtsaufsicht des Landratsamtes Traunstein ein. Sie sieht sich gestärkt durch die aktuelle Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Bremen: Dieses hat festgestellt, dass in einer Studie von Professor Franz Adlkofer bereits 2004 DNA-Schäden durch Mobilfunkstrahlung nachgewiesen wurden und dies nicht als falsch dargestellt werden dürfe.