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„Solche Leute müssten in die Gaskammer“: Traunsteiner (58) erhält anonymen Drohbrief

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Von: Xaver Eichstädter

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Der untere Teil des anonymen Schreibens, das ein Traunsteiner in seinem Postkasten fand, nachdem sein Leserbrief „Pro Wolf“ in der Zeitung abgedruckt wurde.
Der untere Teil des anonymen Schreibens, das ein Traunsteiner in seinem Postkasten fand, nachdem sein Leserbrief „Pro Wolf“ in der Zeitung abgedruckt wurde. © privat

Der Fall eines Traunsteiners macht jetzt anschaulich, wie sehr der Wolf im Chiemgau polarisiert - nach einem abgedruckten Leserbrief in der Zeitung fand er ein geschmackloses Schriftstück in seinem Postkasten. „Man darf sich nicht einschüchtern lassen“, sagt der 58-Jährige jetzt.

Traunstein - Es war bei weitem nicht der erste Leserbrief, der von dem 58-Jährigen im Januar im Traunsteiner Tagblatt abgedruckt wurde. Gewöhnlich taucht man dort dann mit Namen und Anschrift auf, Reaktionen gehören also ebenfalls dazu. Aber eine solche Verrohung hat auch der Traunsteiner noch nicht erlebt. Kurz nachdem der Leserbrief veröffentlichte wurde, hatte er ein Schreiben in seinem Postkasten. Zum Schluss heißt es darin beispielsweise: „Solche Leute, die das Elend von gerissenen Tieren befürworten, müssten eigentlich in die Gaskammer!!!

Traunstein: Leserbrief gegen Wolfs-Abschuss - Drohbrief im Postkasten

„Vor allem dieser Gaskammer-Spruch war es, der mich sehr verärgert hat. Das ist nichts weniger als eine Relativierung des Holocaust“, so der Traunsteiner jetzt im Gespräch mit chiemgau24.de. Die Kernaussage seines vorausgegangenen Leserbriefs im Traunsteiner Tagblatt: Der von der Regierung von Oberbayern genehmigte Abschuss des Wolfs im Chiemgau war vorschnell. Der Wolf sei für den Menschen keine Gefahr und wegen eines Wolfes auf „Futter- und Partnersuche“ dürfe nicht eine ganze Tierart ausgerottet werden.

„Dümmer und blöder“ könne man sich nicht äußern, bekommt der Traunsteiner in dem anonymen Brief außerdem noch zu lesen - und: „Hab mich mit meinen Kindern gerade über das Thema unterhalten, die haben auch gesagt, dass Du ein blödes Arschloch bist.“ Zur Polizei ist der Traunsteiner wegen des Briefes nicht gegangen. Die Strafverfolgung wäre wohl aussichtslos und auch seiner Frau will er den Trubel nicht anmaßen. „Aber man darf sich von sowas nicht einschüchtern lassen“, so der 58-Jährige, „sonst haben die anderen schon gewonnen.“

Schon bei Wolfs-Debatten 2013 wandte sich der Traunsteiner mit einem Leserbrief an die Zeitung. „Damals war‘s weniger schlimm. Ich habe Anrufe von einem Senner und einem Almbauern bekommen, es sei ein Blödsinn, was ich schreibe. Die kamen aber ganz ohne Bedrohungen aus. Und ein altes Mütterl von 92 Jahren hat ebenfalls angerufen und sich bedankt. Das hat alles wieder wettgemacht“, lacht der Gegner der diskutierten Wolfs-Entnahme. Einerseits würde das Thema heute insgesamt sachlicher diskutiert, andererseits haben sich der Ton bei einigen wenigen in der Gesellschaft drastisch verschärft, schätzt der Traunsteiner.

Auf den Wolfsrüden „GW2425m“ wurden Ende 2021 am oberbayerischen Alpenrand mehrere Nutztierübergriffe zurückgeführt. Die Regierung von Oberbayern erlaubte deshalb am 17. Januar seine „Entnahme“. Kurz darauf wurde diese Allgemeinverfügung gerichtlich aufgehoben, nachdem vom Bund Naturschutz (BN) und der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzSdW) ein Eilantrag dagegen eingelegt wurde. Die Gerichtsentscheidung wurde dann schließlich von der Regierung von Oberbayern wieder angefochten - bis sich das Thema schließlich von selbst erledigte: denn ebenjener Wolf wurde noch im Januar in Tschechien von einem Auto überfahren.

xe

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