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Ruhpoldinger Bürgerinitiative scheitert mit Antrag „5G-frei“ im Rat

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Am Konzept und der Umsetzung der 5G-Technologie wird derzeit landesweit noch „geschraubt“. Die Diskussionen um Nutzen und Gefahren sind aber auch in Ruhpolding bereits im Gange.
Am Konzept und der Umsetzung der 5G-Technologie wird derzeit landesweit noch „geschraubt“. Die Diskussionen um Nutzen und Gefahren sind aber auch in Ruhpolding bereits im Gange. © Archiv Berger

Der Gemeinderat Ruhpolding hat einen umfassenden Forderungskatalog der Bürgerinitiative „Lebenswertes Ruhpolding – 5G-frei“ mehrheitlich abgelehnt. Die Verwaltung wurde beauftragt, ein Digitalkonzept für die Gemeinde zu erarbeiten und im Frühjahr dem Gremium vorzustellen.

Ruhpolding – Der Antrag der Bürgerinitiative „Lebenswertes Ruhpolding – 5 G-frei“, in dem für eine gesundheitsverträgliche Mobilfunkversorgung in der Gemeinde geworben wird, ist an dem mehrheitlichen Veto des Gemeinderats gescheitert. Mit dem Bürgerantrag hatte sich das Gemeindeparlament bereits im September befasst und diesen einstimmig zugelassen. Nach neuerlicher Beratung innerhalb der vorgesehenen Drei-Monats-Frist, in deren Zeitraum der Sachverhalt zu behandeln ist, lehnte das Gremium in seiner jüngsten Sitzung den Antrag mit 13 zu sieben Gegenstimmen ab.

Gesundheit über Wirtschaftsinteresse stellen

Die Bürgerinitiative hatte in dem umfassenden Maßnahmenkatalog die Gemeinde dazu aufgefordert, für bestmöglichen Gesundheitsschutz der Bürger und Gäste zu sorgen und damit das EU-weit geltende Vorsorgeprinzip über die wirtschaftlichen Interessen der Mobilfunkunternehmen zu stellen. Unter anderem soll unter Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten der Aufbau eines 5 G-Netzes verhindert werden, solange nicht nachgewiesen ist, dass die Strahlung unbedenklich ist und keine gesundheitlichen Schäden an Mensch und Tier verursacht werden. Ebenfalls wären Rechtslage sowie Rückbau mit allen gebotenen Mitteln für den Fall zu prüfen, sollte zwischenzeitlich der 5 G-Sendebetrieb im Gemeindegebiet erfolgt sein.

Überblick über 5 G-Technologie gegeben

Simon Harlinghausen, seit Dezember ehrenamtlicher Digitalbeauftragter der Gemeinde, gab in der Sitzung einen Überblick über signifikante Daten und Fakten zur 5 G-Technologie. Grundsätzlich würden sich durch die Aktualisierung in der mobilen Kommunikation von 4 G (LTE) auf 5 G nicht nur viele neue Möglichkeiten durch beispielsweise höhere Datenübertragungs-Geschwindigkeiten, schnellere Reaktionszeiten oder größere Zellkapazitäten auftun, „sondern auch Fragen zu Voraussetzungen, Gesundheitsthemen und Notwendigkeit stellen“, so der Experte.

Für die 5 G-Technologie könne der Bestand von neun Sendeeinheiten in Ruhpolding aufgewertet werden. „Die Frequenzen der aktuellen Technologie liegen zwischen zwei und drei Giga-Hertz (GHz) und damit in einem Bereich, den das Bundesamt für Strahlenschutz ausgiebig getestet und für ungefährlich eingestuft hat“, sagte Harlinghausen und bot einen interessanten Vergleich dazu an: „Der heimische Internetrouter, der in unmittelbarer Nähe zum Anwender steht, sendet mit 2,5 GHz. Ein Nachweis für negativen Einfluss auf die Gesundheit konnte nicht geführt werden.“ Insgesamt sei Ruhpolding in der Kombination mit dem Ausbau von Glasfaser auf einem guten Weg in die digitale, gesunde Zukunft, so seine fachliche Einschätzung.

Für Kommunen kein Mitspracherecht

Wie Geschäftsleiter Martin Heinemann anfügte, habe sich der Gesetzgeber in zahlreichen Vorschriften grundsätzlich für den Mobilfunk und mittelbar auch für 5 G entschieden. Er verwies auf ein Schreiben des Bayerischen Gemeindetags, demzufolge für Kommunen keine rechtliche Möglichkeit besteht, geplante 5G-Sendeanlagen in ihrem Gemeindegebiet auszusperren.

In der anschließenden Debatte forderte Sigi Haitzer (SPD), die Bedenken aus der Bevölkerung auch im Hinblick auf Kinder und Kranke nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. „Die SPD-Fraktion steht zwar generell hinter einem flächendeckenden Mobilfunk-Konzept, aber wir sollten uns auch der Verantwortung dem Bürger gegenüber bewusst sein,“ mahnte die Dritte Bürgermeisterin an.

Sepp Hohlweger (Grüne) sieht in der 5 G-Technik eine Übergangslösung, solange es kein komplettes Glasfasernetz gibt. Für ihn sei es in gewisser Weise ein Anachronismus: Es gebe noch überholte Kupferleitungen, während auf der anderen Seite moderne Technik bereitstünde.

Verwaltung soll ein Digitalkonzept erarbeiten

Letztlich lehnte das Gremium bei sieben Gegenstimmen den Antrag der Bürgerinitiative ab. Stattdessen soll ein Digitalkonzept von der Verwaltung erarbeitet und im Frühjahr 2021 dem Gemeinderat vorgelegt werden. Inhaltlich soll dabei der vorrangige Glasfaserausbau, die weitere Erschließung des Mobilfunknetzes (insbesondere im alpinen Gelände) aber auch die digitale Erschließung der Wirtschaft und der öffentlichen Gebäude und Einrichtungen in Ruhpolding in den Fokus gerückt werden.

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