Die SOS-Dose im Kühlschrank
Rohrdorf/Bad Endorf – Der Oma, dem Opa oder der alleinstehenden älteren Nachbarin geht es plötzlich sehr schlecht, der Rettungsdienst kommt.
Doch Rettungssanitäter und Notarzt stehen vor einem Problem. Der Patient ist nicht ansprechbar. Es wäre aber überlebenswichtig, zu wissen, welche Vorerkrankungen er hat und welche Medikamente er nimmt. Hier soll nun die „Rettungsdose“ aus dem Kühlschrank helfen.
In Rohrdorf wird diese Situation in Zukunft etwas stressfreier verlaufen, denn dort wird es ab sofort sogenannte SOS-Dosen geben. Diese enthalten ein Formular, auf dem alle Informationen stehen, die Rettungsdienst und Notarzt für eine schnelle und optimale Hilfe benötigen.
Aufbewahrt werden die Dosen im Kühlschrank. Der Grund: Dieser steht fast in jedem Haushalt und ist für das Rettungsteam schnell zu finden. Um die Suche optisch zu erleichtern, kommt auf den Kühlschrank ein roter SOS-Aufkleber. Dieser soll dem Rettungsteam signalisieren, dass hier die Rettungsdose zu finden ist.
Alles in allem eine geniale Idee, die Christine Laponder vom Rohrdorfer Bürgerbüro aufgriff, als sie im Rahmen einer Fortbildung eher zufällig von der Existenz dieser Dosen erfuhr. Sie sind eigentlich in England „erfunden“ worden, nach Deutschland gebracht hat die Idee der Lions Club Schloss Philippshöhe bei Hanau.
Da Christine Laponder ihr Bürgerbüro nicht nur als Anlaufstelle für Bürgeranliegen sieht, sondern auch von sich immer auf der Suche nach neuen Möglichkeiten ist, die das Zusammenleben in der Gemeinde einfacher gestalten, machte sie sich sofort daran, Rohrdorfs Bürgermeister Christian Praxl von der Idee zu überzeugen.
Das fiel nicht schwer, denn die Gemeinde hat gleich eintausend dieser Dosen bestellt, die nun an alle Senioren kostenlos abgegeben werden. Wobei der Begriff „Senior“ weitgefasst ist: Alle Senioren ab 60 Jahren dürfen sich angesprochen fühlen. „Wenn aber jemand alleine lebt und eine schwere Allergie beziehungsweise ernstere Vorerkrankungen hat, also einen gesundheitlichen Zustand, der so eine Dose einfach sinnvoll macht, dann kann natürlich auch die oder der zu mir kommen, auch wenn sie oder er erst 20 ist“, ergänzt sie.
Eine der ersten Dosen hat sich Geraldine Hermann geholt, weil sie, wie sie sagt, „leider den Notarzt schon mehrmals im Haus hatte“. Sei weiß aus eigener Erfahrung, dass bei solchen Erlebnissen alles Wissen wie weggeblasen sein kann, selbst wenn man vorher glaubte, Medikamentenplan und Vorerkrankungen des Vaters oder des Lebensgefährten im Schlaf herbeten zu können.
Was ihr besonders gefällt, ist, dass diese Dose samt Formular ganz offensichtlich aus der Praxis heraus entwickelt wurde. So werden neben Allergien oder Vorerkrankungen und den eingenommenen Medikamenten nicht nur die Versicherung und die Versicherungsnummer festgehalten – „Dinge die wichtig sind, die aber im Fall der Fälle“, so Geraldine Hermann, „garantiert keiner findet“. Es wird zum Beispiel auch angegeben, ob Tiere im Haushalt sind und wer sich gegebenenfalls darum kümmern könnte. Katzen etwa sind, wenn plötzlich zwei, drei Mann in der Wohnung stehen, oft sofort und dauerhaft verschwunden – die Tatsache, dass man dank der Rettungsdose von ihrer Existenz weiß und ihre Betreuung sicherstellen kann, erspart dem Patienten eine Menge Stress und Sorgen.
Ebenfalls auf eigener Erfahrung gründet der Zusatztipp, den Geraldine Hermann noch zu geben hat: Die Frage in dem kleinen Formular nach dem Vorhandensein einer Patientenverfügung ernst zu nehmen und als Anlass, sich mit dem Thema zu beschäftigen: „Ich weiß, dass man da nicht gerne herangeht“, sagt sie, „aber ohne Patientenverfügung hat man als unverheirateter Partner kaum Chancen, über den Zustand des Lebenspartners vernünftig informiert zu werden“.
Plan für den Notfall
Sie hat für sich und ihren Lebensgefährten deshalb jeweils eine Notfallmappe angelegt. Darin befinden sich nicht nur die Patientenverfügung, sondern auch alle früheren Krankenhausberichte sowie der aktuelle Medikamentenplan. Wo sich diese Notfallmappe befindet, wird in das Formular in der Dose eingetragen.
Die Dosen gibt es ab sofort kostenlos in der Inn Apotheke in Thansau, Rosenheimer Straße 45, in der Dorfbäckerei in Lauterbach, Chiemseestraße 20, in der Pfarrei Rohrdorf und natürlich im Bürgerbüro der Gemeinde Rohrdorf, Untere Dorfstraße 1. Dort erklärt Christine Laponder bei Bedarf gerne auch noch einmal die Punkte, die auf dem Formular in der Dose ausgefüllt werden sollten.