Landkreis Traunstein stellt Rekordhaushalt auf
Heiße Debatten um Asyl, Campus, Finanzen: Ein Dutzend Kreisräte verlässt Saal aus Protest
- VonXaver Eichstädterschließen
Rekordwerte beim Haushalt und den geplanten Investitionen: und trotzdem war die Debatte im Traunsteiner Kreistag von Emotionen und Kritik geprägt - zum „Höhepunkt“ verließen Kreisräte mehrerer Fraktionen aus Protest den Sitzungssaal.
Traunstein - „Wir stehen finanziell besser da, als alle Nachbarlandkreise“, verkündete Landrat Siegfried Walch (CSU) in der Haushaltssitzung des Kreistages am Freitag (27. Januar) stolz: Man sei praktisch schuldenfrei, denn die knapp 16 Millionen Euro Schulden könnten mit den Rücklagen des Landkreises noch heute getilgt werden. Jetzt hat der Kreistag einen Rekordhaushalt verabschiedet: 275,6 Millionen Euro beträgt er für heuer, fast 22 Millionen Euro werden investiert. Vom „größten Investitionsvolumen seit Bestehen des Landkreises“ war die Rede.
Landkreis solide, Gemeinden verschuldet? Kritik an Kreisumlage
Die Mehrheit für den Haushalt war mit 45 zu 12 recht deutlich, aber die Gegenstimmen kamen quer aus den Fraktionen - von SPD über Freie Wähler bis zu Walchs CSU. Die Gründe dafür: vielfältig. Einige störten sich an der gestiegenen Kreisumlage - jene Gelder, die die Städte und Gemeinden an den Landkreis abgeben. Sie steigt jetzt um 1,25 Punkte auf 49. „Die Schulden des Landkreises sind in den letzten Jahren gesunken, dafür sind sie in den Kommunen umso mehr gestiegen“, störte sich Siegsdorfs Bürgermeister Thomas Kamm (FW). Die ungedeckten Kosten des Kreises dürften nicht auf die Kommunen abgewälzt werden, meinte auch Hans Schild (SPD), Bürgermeister von Fridolfing.
Vor allem entzündeten sich die Emotionen aber an der Asylpolitik. 1900 geflüchtete Ukrainer habe der Landkreis aufgenommen, so Landrat Walch - und noch immer schaffe man es, alle Flüchtlinge in Unterkünften oder angemieteten Wohnungen unterzubringen und nicht in Turnhallen wie andernorts. „Wer auf der Flucht vor Vertreibung ist, muss bei uns Aufnahme finden. Des is‘ boarisch“, so Walch. Ohne Recht auf Asyl habe man das Land aber zu verlassen. Und er legte nach: Beim Thema Zuwanderung habe Deutschland „Komplexe“, als dürfe man Probleme nicht ansprechen.
AfD-Rede zur Asyl- und Sozialpolitik - etliche verlassen den Saal
Für AfD-Kreisrat Joachim Bernshausen waren die hohen Ausgaben für Flüchtlinge, Soziales und Senioren überhaupt der „größte Problembereich“. Zuwanderer brächten „kaum lösbare Probleme“ und er sah auf Wohnungseigentümer Zwangsbelegungen und Enteignungen zukommen. Einem guten Dutzend Kreisräte reicht das. Sie verließen während der Rede Bernshausens den Saal. „Den Schmarrn will ich mir nicht antun“, war da zu hören. Vor allem Kreisräte von SPD, Grünen und Linken gingen für ein paar Minuten vor die Tür, darunter auch der Stellvertretende Landrat Sepp Konhäuser (SPD).
„Peinlich“ war der AfD-Beitrag zur Asylpolitik für Ruhpoldings Justus Pfeifer (CSU) - schließlich herrsche Krieg in Europa. Als AfD-Kreisrat Bernshausen sich daraufhin mokierte, es sei inzwischen „illegal“ gewisse Dinge zu sagen, funkte Landrat Siegfried Walch dazwischen: „Nichts ist illegal zu sagen. Das behauptet nur Ihr immer!“ Doch eine Stunde zuvor schlug Walch noch fast in dieselbe Kerbe: „Wenn es durch die Zuwanderung spezifisch kulturelle Probleme gibt, darf‘s keine ‚Cancel Culture‘ geben“, so der Landrat. Der Begriff „Cancel Culture“ behauptet, bestimmte Meinungen würden in der öffentlichen Debatte bewusst unterdrückt.
Walch verspricht: „Mit mir niemals Privatisierung der Kliniken“
Besonders stolz ist man im Landratsamt auf den „Campus Chiemgau“. Der erste Vollzeitstudiengang „E-Commerce“ läuft bereits, noch heuer beginnen die Bauarbeiten für den Campus hinter dem Traunsteiner Bahnhof. Der Landkreis stemmt das (Bau-)Projekt mit einem dreistelligen Millionenbetrag in erster Linie selbst. Doch auch hier wurde Kritik laut: „Wir brauchen mehr Transparenz zu den Kosten“, forderte Sepp Hohlweger (Grüne). Und Lothar Seissiger (FW) schob hinterher: „Hochschulen sind eigentlich Aufgabe des Bundes, nicht eines Landkreises.“
Walch hob dagegen immer wieder die stabilen Finanzen des Landkreises hervor: „Gesunde Finanzen sind Voraussetzung für soziale Sicherheit.“ In Traunstein und Bad Reichenhall würde aus voller Kraft in die Kliniken Südostbayern investiert - die nach wie vor in öffentlicher Hand sind. „Das gibt den Mitarbeitern und der Bevölkerung Sicherheit.“ Der Landrat versprach: „Mit mir wird es niemals eine Privatisierung der Kliniken geben.“ Und: In den nächsten Jahren würde eine Viertelmilliarde Euro in die Bildung investiert. Nicht nur in den Campus, sondern auch ins Trostberger Gymnasium, sowie in die Berufsschule 1 und die Realschule in Traunstein.
Wie der Landkreis seine Gelder heuer und in den nächsten Jahren konkret investiert, lest Ihr am Montag in einem weiteren Artikel auf chiemgau24.de.
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