Bergwachten Bad Reichenhall und Bergen
Neues System für die Suche von Vermissten: „Boje“ für mehr Sicherheit im Chiemgau
- VonKilian Pfeifferschließen
Mit dem Helikopter-Suchsystem Recco Sar sollen Vermisste das ganze Jahr über aus der Luft lokalisiert werden können. Der Entwickler sowie die Bergwachten Bad Reichenhall und Bergen haben das System jetzt vorgestellt - die „Boje“ gibt es in ganz Deutschland erst zweimal.
Bad Reichenhall – 70 Kilogramm schwer ist das kreisrunde Ortungssystem, das von der Bergwacht „Boje“ genannt wird. Voll mit Technik und Hochleistungsakkus, ist das Gerät eine Weiterentwicklung des seit 1983 existierenden Recco-Lawinenrettungssystems. Der Unterschied: Vermisste Personen können nun ganzjährig in unwegsamem Gelände geortet werden. Seit November ist der Recco Sar in der Bergwacht Bad Reichenhall beheimatet. Zweimal war er schon im Einsatz, unter anderem bei einer Lawine am Hocheis.
Klaus Burger, Leiter der Bergwacht Region Chiemgau, sagt: „Das Suchsystem kann unsere Arbeit erleichtern. Wir müssen ihm in unseren Reihen aber erst einmal Bekanntheit verschaffen.“ Bei Vermisstensuchen rücken teils Dutzende Bergwachtler aus. Jeder Einzelne begebe sich in Gefahr. Bestenfalls könne der Recco Sar die Zahl der Einsatzkräfte reduzieren.
Vom Helikopter aus ortet ein Detektor Personen. Vorausgesetzt, die sind mit einem Recco-Rettungs-Reflektor ausgestattet. Die Reflektoren sind kleine, längliche Objekte. Die passiven Transponder bestehen aus einer Diode und einer Antenne, wiegen vier Gramm, benötigen keine Batterie und haben so eine fast unbegrenzte Lebenszeit. Mittlerweile sind sie in vielen Outdoor-Bekleidungen eingearbeitet. Die Reflektoren können auch auf Rucksäcken, Helmen oder an Jacken angebracht werden. Der Detektor sendet bei der Ortung ein Radarsignal aus, welches wiederum den Reflektor aktiviert und das Suchsignal zurückwirft. Ist die Ortung erfolgreich, ertönt ein Audiosignal im Kopfhörer der Helikopter-Besatzung.
Handyortung nicht immer möglich
Klaus Burger und Andreas Zenz von der Bergwacht Bergen haben sich eigens ausbilden lassen, um das System bedienen zu dürfen. Sie sind zwei von bayernweit 20 Operatoren der Bergwacht, die mittels einer Fernsteuerung vom Helikopter aus Gebiete absuchen können. In 100 Meter breiten Korridoren werden sie aus rund 100 Metern Höhe abgegrast. „So lassen sich schnell weitläufige Gebiete abfliegen“, sagt Burger. Bei einer Geschwindigkeit von 100 Stundenkilometer kann ein ein Quadratmeter großes Areal in etwa sechs Minuten abgesucht werden.
Laut Burger, selbst Berg- und Luftretter, ist eine Handyortung bei vermissten Personen nicht immer gewährleistet. Ein Smartphone zähle zwar mittlerweile zur Notfallausrüstung, es gebe aber viele Situationen, in denen der Empfang nicht gegeben sei.
Wenn etwa Wärmebildkameras kein Ergebnis liefern, kann das neue Suchsystem bei einem Einsatz nachalarmiert werden. Der Helikopter nimmt es auf, sodass die Suche dann aus der Luft erfolgen kann. Zudem gibt es noch ein Handsuchgerät. Bergwacht-Einsatzkraft Andreas Zenz zeigt, wie es geht. Mit halbrunden Bewegungen sucht er das Umfeld ab – ähnlich wie mit einem Metalldetektor.
Klaus Burger macht die Probe aufs Exempel und platziert einen Reflektor, den er aus etwa 15 Metern anpeilt. Sobald er sich auf etwa fünf Meter genähert hat, ertönt ein Signal, das anzeigt, dass er fündig wurde. Burger erwartet sich dank des neuen technischen Hilfsmittels künftig eine „bestmögliche Vermisstensuche“.
Weil das Suchsystem nur an zwei Standorten verfügbar ist, will die Bergwacht Chiemgau auch bei länderübergreifenden Anfragen ihre Unterstützung anbieten