Gegen Haushaltsentwurf gestimmt
Kreistag Traunstein verabschiedet Haushalt 2023 - aber die Skepsis ist groß
- VonMonika Kretzmer-Diepoldschließen
Skepsis gegen neue Finanzstrategie: Kreisräte befürchten Schulden der Kommunen durch Großprojekte des Landkreises. Das steckt dahinter.
Traunstein – Zwölf der 57 anwesenden Mitglieder versagten in der Kreistagssitzung am Freitag, 27. Januar, ihre Zustimmung zum „Finanzplan 2022 bis 2026 mit neuer Finanzstrategie Zukunft bis 2030“. Der Grund: Die Kreisräte haben Bedenken gegen die um 1,75 auf 49 Prozentpunkte angehobene Kreisumlage und befürchten, auf diese Weise finanziere der Kreis große neue Projekte – teils zulasten der Gemeinden und Städte. Gleichzeitig reduziere er seinen eigenen Schuldenstand.
Der Haushaltsentwurf des neuen Kreiskämmerers Micha Thomas für 2023 passierte das Gremium ebenfalls mit Gegenstimmen. Sieben Kreisrätinnen und Kreisräte waren dagegen.
Zahlenwerk umfasst rund 1200 Seiten
Landrat Siegfried Walch (CSU) hatte unmittelbar vor der Abstimmung eindringlich appelliert: „Der Haushalt und die Finanzplanung müssen zusammenpassen. Beides ist die Arbeitsgrundlage für das kommende Jahr. Jeder hat die einzelnen Projekte gut gefunden. Was ist ein Bekenntnis ohne Handeln?“
Das Zahlenwerk von Kreiskämmerer Micha Thomas, der im September 2022 die Nachfolge von Karlheinz Thiel angetreten hat, umfasst rund 1200 Seiten und wurde vom Haushaltsausschuss vorberaten.
Kreisumlage beträgt ab Januar 49 Prozentpunkte
Das Gesamtvolumen von rund 275,56 Millionen Euro liegt um etwa 24,4 Millionen Euro über dem von 2022 mit 251,1 Millionen Euro. Der Verwaltungshaushalt enthält Einnahmen und Ausgaben von knapp 224,94 Millionen Euro, der Vermögenshaushalt gut 50,63 Millionen Euro. Der „ungedeckte Bedarf“, den die Kommunen über die Kreisumlage abdecken müssen, ist mit rund 127,39 Millionen beziffert. Die Höhe der Kreisumlage beträgt ab Januar 49 Prozentpunkte. Bisher lag der Wert bei 47,75 Prozentpunkten.
Verwaltungshaushalt krisenbedingt größer
Der Kämmerer hätte sich angesichts der geopolitischen Umstände „ein ruhigeres Umfeld“ gewünscht. Er nannte als Beispiele die Energiepreise, Inflation und die Flüchtlingsbewegungen. Dennoch sei gelungen, einen Etat aufzustellen, „der die krisenbedingten Mehrkosten ausgleicht und die Weichen stellt für die kommenden großen Investitionen“.
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Krisenbedingt gehe der Verwaltungshaushalt um 9,95 Millionen Euro nach oben. Die Kosten der sozialen Sicherung seien auf 59,14 Millionen Euro gestiegen, davon die Jugendhilfeleistungen um 1,66 Millionen auf 22,79 Millionen Euro. Das Sachgebiet Soziales und Senioren benötige 16,91 Millionen Euro, 3,23 Millionen Euro mehr als im letzten Jahr. Die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Bezieher von Bürgergeld seien 9,1 Millionen Euro veranschlagt. Der Finanzfachmann führte aus, dass der Bezirk Oberbayern als Träger der überörtlichen Sozialhilfe heuer eine Bezirksumlage von 57,2 Millionen Euro erhebe .
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Die gestiegenen Energiekosten machten sich bemerkbar beim Sach- und Betriebsaufwand für Kreiseinrichtungen. Heuer seien Kosten von 67,3 Millionen Euro zu verkraften. Die Personalkosten seien um 2,18 Millionen Euro höher als 2022, eine Tarifsteigerung von acht Prozent eingerechnet.
Der Vermögenshaushalt erreicht nach Thomas ein Niveau von 50,63 Millionen Euro, 14,4 Millionen mehr im letzten Jahr. Für Investitionen bei Grunderwerb, beweglichem Vermögen, Hoch- und Tiefbau sowie Investitionszuschüssen seien 21,84 Millionen Euro vorgesehen. Nach Abzug von Zuschüssen ergebe sich eine Nettoinvestition von 16,97 Millionen Euro.
Ausbau von Photovoltaikanlagen geplant
Unter den größten Maßnahmen sind nach Thomas Planungsleistungen und erste Baumaßnahmen am Campus Chiemgau mit zwei Millionen Euro, die Erneuerung der Kreisstraße TS 22 Wattenham-Seeon-Oberbrunn mit 1,4 Millionen Euro und drei Millionen Euro Investitionszuschüsse für die Kreiskliniken. Daneben seien kleinere Maßnahmen geplant wie der Ausbau von Photovoltaikanlagen an der Realschule Trostberg und am Johannes-Heidenhain-Gymnasium Traunreut mit einem Volumen von 1,4 Millionen Euro.
Größte Einzelposition bei den Einnahmen sei die Schlüsselzuweisung vom Freistaat mit 28,3 Millionen Euro. Maßgeblich für den „ungedeckten Bedarf“ sei die Umlagekraft. Sie steige im Landkreis um 2,88 Prozent auf knapp 258 Millionen Euro an. Nach Berücksichtigung der Kreisumlage mit 49 Prozentpunkten und der Bezirksumlage stünden dem Landkreis 70,2 Millionen Euro zur Bewältigung seiner Aufgaben zur Verfügung. Der Kreiskämmerer verglich die 49 Prozentpunkte mit anderen Kreisen. Zehn der 20 oberbayerischen Landkreise hätten Hebesätze von über 50 Prozentpunkten, nur vier niedrigere als Traunstein.
Für Zinswende neue Strategie benötigt
Die Zinswende benötige eine neue Finanzierungsstrategie. Dazu Micha Thomas: „In der aktuellen Phase macht es keinen Sinn, Sondertilgungen auf Kreditverpflichtungen zu leisten.“ Weiteres Ergebnis der Neuausrichtung sei die bis 2030 reichende „Finanzstrategie Investition Zukunft“.
Landrat Walch hob dazu heraus, damit könne der Landkreis ab dem Jahr 2024 große Projekte umsetzen wie die Generalsanierung der Reiffenstuel-Realschule Traunstein und des Hertzhaimer-Gymnasiums Trostberg, den Neubau der Staatlichen Berufsschule I in Traunstein, die Erweiterung des Anette-Kolb-Gymnasiums Traunstein, das zentrale Katastrophenschutzlager am Kreisbauhof und den Bau des Lern- und Zentralgebäudes Campus Chiemgau. Finanziert werden solle alles über eine „Rücklage Investition Zukunft“.