Einzigartig in Bayern
Klimaschutz in Traunstein: Bürgerentscheid geht in die heiße Phase
- VonAxel Effnerschließen
Alle mitnehmen und trotzdem Klimaschutz erreichen, das ist die Idee, hinter dem Traunsteiner Klimaschutzkonzept. Was auf die Bürger zukommt.
Traunstein – Ende September hat der Traunsteiner Stadtrat einstimmig das große Klimaschutzkonzept verabschiedet und auf den Weg gebracht. Bei der Erarbeitung des rund 80-seitigen Maßnahmenkatalogs waren zahlreiche Bürger miteingebunden. Er zeigt auf, wie die Stadt klimaneutral werden soll: bis 2030 die Stadtverwaltung samt ihrer Beteiligten wie die Stadtwerke, bis 2040 die gesamte Stadt.
Um sich von der Bürgerschaft die Rückendeckung für „eines der ambitioniertesten Projekte der Stadtgeschichte“ zu holen, wie Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer (CSU) sagte, soll am 20. Februar ein Bürgerentscheid stattfinden. Die genauen Details stellte der Rathauschef zusammen mit Stadtratsmitgliedern bei einem Pressegespräch vor.
Einzigartig in Bayern
Die Kombination von Klimaschutzkonzept und einem ergänzenden Bürgervotum sei „bayernweit einzigartig“ hob Hümmer hervor. Er verglich das sich über Jahrzehnte erstreckende Vorhaben mit „einer großen Bergtour oder Alpenüberquerung“. Das erfordere gute Vorbereitung, Abstimmung aller Beteiligten, die Beobachtung des Wetters und konkrete Vorstellungen über den Weg. „Wir wollen nicht, dass uns die Bürger-schaft auf halber Strecke abhandenkommt, wenn das Wetter umschlägt“.
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Deshalb seien genaue Ziele und klare Maßnahmen erforderlich, „die auch leistbar sind“. Da die anstehen-den Aufgaben nur gemeinsam gelöst werden könnten, werbe man um „größtmögliche Zustimmung“ der Bür-gerschaft. Immerhin erfordert allein die Dekarbonisierung der Stadtwerke eine dreistellige Millionensumme.
Die Vorsitzenden und Mitglieder der Stadtratsfraktinen gingen im Detail auf Maßnahmen und Themenfelder ein, wie der Klimaschutz konkret umgesetzt wer-den soll. Sie sind ausführlich in einer neuen Informationsbroschüre zum Bürgerentscheid nachzulesen, die die Stadt demnächst an alle Haushalte in Traunstein verteilt. Wirtschaftsreferent Ernst Haider (UW) stellte die Projekte „Öko-Profit“, „Klima-Anleihe“ und „klima-freundliche Beschaffung“ vor. Diese sollen Unternehmen bei der Vernetzung und Umstellung auf klima-freundliche Produktionsweisen unterstützen.
Sogar Essen betroffen
Unter dem Motto „Heimat schmeckt am besten“ zeigte Thomas Stadler (Bündnis 90/Grüne) die Bedeutung der Ernährung für den Klimaschutz auf. Ab kommen-dem Jahr sollen mindestens 30 Prozent regionale Bio-Lebensmittel sowie 30 Prozent regionale Lebensmittel in städtischen Einrichtungen auf den Teller kommen. Den weiteren Ausbau und die Förderung zur Nutzung von Fotovoltaik- und Solarenergie auf städtischen und privaten Dächern stellte Konrad Baur (CSU) als wichti-gen Baustein zum Klimaschutz heraus.
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Nils Bödeker (SPD) ging auf die Bedeutung eines sicheren Radwegenetzes zur Verringerung des Autoverkehrs in Traunstein ein. Wenn pro Tag ein Fünftel der Traunsteiner mit dem Rad statt mit dem Auto zur Arbeit fahren würde, könnten 650 Tonnen CO2 eingespart werden. Georg Osenstätter (Initiative Traunstein) sah in der Renaturierung von Moorflächen einen weiteren wichtigen Beitrag zur CO2-Reduzierung.
Wie Hümmer erläuterte, gehe es der Stadt mit dem Bürgerentscheid um eine grundsätzliche Zustimmung zum beschlossenen Maßnahmenpaket. „Umfragen zeigen, dass viele Bürger dem Klimaschutz grundsätzlich zustimmen, bei persönlicher Betroffenheit aber Skepsis zeigen.“ Der Entscheid sei Sinnbild, „dass das eine große Gemeinschaftsaufgabe für uns alle ist“.
„Vernünftig, ohne zu überfordern“
Von einem „vernünftigen Maßnahmenkatalog, der die Bürger nicht überfordert“ sprach Ernst Haider. Keinen Widerspruch des städtischen Vorhabens zum geplanten zweiten Bürgerentscheid der Initiative „Klimaaufbruch Traunstein jetzt“ sah Simon Steiner (Traunsteiner Liste). Die strengeren Forderungen nach einer CO2-Einsparung „wollen auf unserem Konzept aufsatteln“. Den Hauptunterschied sah Hümmer darin, „dass wir konkrete Maßnahmen und Ziele benennen“. Diese würden auch evaluiert.
Sollte der Bürgerentscheid vom 20. Februar nicht das nötige Stimmenquorum erreichen, hieß es, müsste der Stadtrat erneut über das Klimaschutzkonzept diskutie-ren. Blockiert wäre dessen Umsetzung nur, wenn die Mehrheit der Bürger mit Nein stimmt. „Aber davon gehen wir nicht aus“, so der Rathauschef.