Keine Tagungen mehr wegen Corona - Priener Hotel-Chefin: „Solidarischer Kraftakt“
- VonElisabeth Sennhennschließen
Corona hat das Kongress- und Tagungsgeschäft in der Region fast zum Erliegen gebracht. Besonders Tagungshotels leiden darunter. Im Yachthotel Chiemsee wurden seit März reihenweise Veranstaltungen abgesagt. Dafür beobachtet man eine Tendenz zur „hybriden Tagung“. Und investiert trotzdem.
Prien – Corona hat unterschiedliche Auswirkungen auf die einzelnen Branchen – mit so manch weitreichenden Folgen. So hat zum Beispiel der Seminar- und Tagungssektor in den vergangenen Monaten einen Wandel erfahren.
Der deutsche Tagungs- und Kongressmarkt hatte zunächst 2019 einen Rekord erreicht: Rund 423 Millionen Menschen nahmen an Tagungen und Kongressen in den deutschen Veranstaltungsstätten teil. Das ist ein Zuwachs von 2,7 Prozent im Vergleich zu 2018. Allein bis Ende März seien mehr als die Hälfte aller geplanten Veranstaltungen komplett abgesagt worden, so das Europäische Institut für Tagungswirtschaft (EITW). Größere Veranstaltungen würden derzeit eher verschoben, während kleinere oft komplett entfielen oder in den virtuellen Raum verlagert werden.
Ein Beispiel dafür ist das Logistikkompetenz-Zentrum (LKZ) in Prien: Geschäftsführer Karl Fischer hatte frühzeitig entschieden, das alljährlichen, internationale „Symposium Logistik Innovativ“ diesmal komplett ins Netz zu verlegen. Live hinzugeschaltet waren Referenten wie Kerstin Schreyer, Bayerns Verkehrsministerin, Rosenheims Landrat Otto Lederer und Johann Bögl, Aufsichtsratsvorsitzender der Firmengruppe Max Bögl. Die Veranstaltung verlief reibungslos; ein Vorteil ist, dass die Konferenz auch im Nachgang noch online abzurufen ist.
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Während der internationale Kongress des LKZ nur stattfinden konnte, weil man ihn ins Internet verlegt hatte, leiden die regionalen Tagungshotels aufgrund der ausbleibenden Gästeübernachtungen. Mit gemischten Gefühlen beobachtet man etwa im Yachthotel Chiemsee in Prien, wie sich das Tagungsgeschäft durch die Krise verändert: „Es gibt eine Tendenz zur Verlagerung ins Digitale, weg von der Präsenztagung vor Ort, hin zu hybriden Formen des Tagens“, sagt Geschäftsführerin Katharina Reh. Dem Yachthotel sei durch Corona seit März fast das komplette Tagungsgeschäft weggebrochen. „Im Frühjahr haben alle Firmen storniert. Jetzt im Herbst hätten wir Anfragen und fixe Buchungen gehabt, die leider kurzfristig wieder abgesagt wurden“, bedauert Reh.
Dabei tue man im Moment alles, um den Gästen ein sicheres Gefühl zu vermitteln: „Wir haben eine hoch leistungsfähige Lüftungsanlage, die ausschließlich mit Frischluft arbeitet, also nicht Luft nur einfach umwälzt. Zusätzlich wurden Luftfilter-Geräte angeschafft.“ Das Hotel habe die Außensitzplätze auf einer größeren Fläche verteilt und mit Heizmöglichkeiten ausgestattet. Auch Das Tagungskonzept sei umgestellt worden: „In die Räume dürfen je nach geltenden Regeln nur noch entsprechend weniger Personen.“
Erholung der Branche nicht vor Mitte 2021?
Bei Stornierungen suche man nach „für beide Seiten verträgliche Lösungen“, so Reh. Allerdings betont sie, könnten nicht alle Kosten auf das Hotel abgewälzt werden, „beziehungsweise kann das Hotel nicht alle Kosten übernehmen. Corona ist ein solidarischer Kraftakt. Nur gemeinsam kann man diese schwere Krise überstehen.“
Sowohl der neue Investor als auch die Betreibergesellschaft stünden hinter dem Yachthotel. Auch der Hotel- und Gaststättenverband Dehoga stehe dem Hotel mit Rat zur Seite.
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Nichtsdestotrotz müssen die Tagungsstätten und Hotels, die zuvor mit der Vermietung von Seminarräumen einen Großteil ihres Umsatzes gemacht haben, in der Praxis allein zurecht kommen. Verlorene Umsätze des ersten Halbjahrs ließen sich bis Dezember nicht mehr aufholen, glaubt man beim Europäischen Verband für Veranstaltungszentren (EVVC). „Durch Corona entsteht der Veranstaltungsbranche ein immenser Schaden“, bestätigt EVVC-Präsidentin Ilona Jarabek. Man hat verschiedene Szenarien vor Augen, wie es mit der Tagungsbranche weitergehen könnte. Eine davon ist: Erste Veranstaltungen könnten nicht vor Dezember stattfinden. Neun von zehn Tagungen oder Kongressen fallen somit aus. Der Markt hätte sich damit nicht vor Mitte 2021 erholt.
Das Yachthotel zumindest schließt allen Widrigkeiten zum Trotz Ende Oktober für fünf Wochen und renoviert: „Es wird eine Zeit nach Corona geben und da wollen wir dann gut aufgestellt sein“, sagt Geschäftsführerin Reh.