Bürgermeister Kattari ärgert sich
Sachpolitik oder Opportunismus? Warum die Grassauer Wolfsresolution im Landtag durchfällt
- VonHeidi Geyerschließen
Bei kaum einem Thema sind die Fronten so verhärtet, wie beim Thema Wolf. Eine Lösung fand der Grassauer Martkgemeinderat, und zwar überparteilich. Warum der Grassauer Ansatz im Landtag trotzdem nicht erfolgreich war - die Hintergründe.
Grassau/München – „Das ist Wahnsinn“, sagt Grassaus Bürgermeister Stefan Kattari (SPD). „Ich weiß schon, dass es politisches Spiel gibt, aber das darf doch nicht das Ergebnis sein“, kritisiert der Grassauer. Denn der Grassauer Gemeinderat hatte sich erst im Februar auf eine eigene Wolfsresolution geeinigt. Nun sind genau diese Anträge im Landtag ohne Diskussion durchgefallen.
Doch von vorne: Nachdem es im vergangenen Jahr zu mehreren Wolfsrissen und der Abschusserlaubnis für den sogenannten Chiemgauer Problemwolf gekommen war, nahm sich der Grassauer Marktgemeinderat der Sache genauer an (wir berichteten). Im Februar war Jochen Grab, der als regionaler Wolfsbeauftragter vom Landesamt für Umwelt zur Rissbegutachtung installiert worden war, zu Gast in der Sitzung in Grassau. Bauernobmann und Marktgemeinderat Franz Pletschacher schilderte in der anschließenden Diskussion die Probleme der Landwirte. Denn die Fronten zwischen Umweltschützern und Landwirten sind in der Debatte verhärtet.
Praktische Hilfe statt Grundsatzdiskussion
„Uns ging es darum, keine Grundsatzdiskussion zu führen, denn die hilft niemandem“, sagt Kattari im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Denn durch europäisches Recht hat der Wolf einen Schutzstatus und kann nicht einfach „entnommen“ werden, wie der Abschuss in der Fachsprache heißt. Gleichzeitig sorgen sich viele Bauern, dass ihr Nutz- und Weidevieh und sogar die ganze Almwirtschaft in ihrer Existenz bedroht wird, sollten sich Wolfsrudel ansiedeln.
Der Grassauer Marktgemeinderat hatte daher eine Resolution verabschiedet, die den Landwirten in der gegenwärtigen Situation und verfahrenen Debatte eine praktische Hilfestellung geben soll. Selbst bei Irene Biebl-Daiber, Bürgermeisterin von Bernau und CSU-Mitglied, und dem kompletten Bernauer Gemeinderat stieß das Konzept auf Zustimmung. Über den SPD-Fraktionssprecher im Landtag, Florian von Brunn, ging der Vier-Punkte-Plan schließlich auch nach München. „Die SPD hat einen Antrag im Landwirtschaftsausschuss gestellt, der auf der Grassauer Resolution basierte“, berichtet Kattari.
Zusätzlich zu den Grassauer Themen wollte die SPD noch mehr zusätzliche Senner durchsetzen. Alle vier fielen durch, obwohl alle Fraktionen im Grassauer Marktgemeinderat zugestimmt hatten, nämlich CSU, SPD, Bayernpartei und die örtlichen Wählergruppen. Anders im Landtag: „Nur die SPD hat zugestimmt, die Grünen haben sich im Landwirtschaftsausschuss enthalten“, sagt Kattari ernüchtert. Für ihn ist es ein reines parteipolitisches Manöver.
Sengl enthielt sich
Nachgefragt bei Gisela Sengl, die aus dem Landkreis Traunstein stammt und für die Grünen im Landtag sitzt. „Wir haben uns die Mühe gemacht, vier Anträge mit dem gleichen Thema mit für uns sinnvollen Forderungen zu schreiben“, sagt Sengl. Sie basieren ebenfalls größtenteils auf dem Grassauer Konzept, mit einer Ausnahme: Die Übernahme der Haftung für Unfälle, die „möglicherweise (!)“ mit einem Wolfsvorkommen zusammenhängen, soll meiner Meinung nach der Staat nicht übernehmen, daher haben sich die Grünen enthalten.
„Nicht sinnvoll“ und Paradigmenwechsel
Selten, dass sich die Grünen und die CSU mal einig sind, aber in puncto Haftung beim Wolf sind sie es. Zumindest der Traunsteiner Stimmkreisabgeordnete Klaus Steiner (CSU) hält die Grassauer Resolution für „eine Aneinanderreihung von Themen, die bekannt sind. Und nicht sinnvoll“, sagt er auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Wolfsberater gebe es schließlich schon. Und Steiner ist es auch zu viel Forderung an den Staat: „Wenn der die Haftung übernehmen soll, ist das ein Paradigmenwechsel im Rechtssystem – beim Hund machen wir das schließlich auch nicht.“ Es sei außerdem nicht machbar, dass der Staat flächendeckend Zäune finanziere und unterhalte. „Soll dann der Staat mähen“, fragt sich Steiner. Für ihn muss ein Wolfsmanagement her, aber anders als in der Grassauer Resolution: „Wir müssen an das Thema Schutzstatus ran und unbedingt eine Rudelbildung vermeiden.“
„Die Bürger würden uns das um die Ohren hauen“
Kattari sieht das wiederum ganz anders. Er ist enttäuscht, dass die Resolution einfach durchgefallen sei, ohne dass einzelne Aspekte aufgegriffen worden seien: „Wenn wir das im Gemeinderat so machen würden und einem Bauwerber sagen würden ‚du kannst einen Antrag stellen, aber der Fenstersturz stimmt um einen Zentimeter nicht, deshalb wird das nix‘ – dann würden die Bürger uns das um die Ohren hauen.“