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Verhandlung zum Mühldorfer „Juwelierraub“ in Traunstein

Urteil gegen Juwelen-Dieb: Langjährige Haftstrafe für Angeklagten (40)

Am Nachmittag des 5. März 2015 wurde ein Juweliergeschäft in Mühdorf von vier Männern überfallen.
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Am Nachmittag des 5. März 2015 wurde ein Juweliergeschäft in Mühdorf von vier Männern überfallen.
  • Daniela Haindl
    VonDaniela Haindl
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Traunstein, Mühldorf – Der Prozess gegen einen geständigen Litauer wird fortgesetzt: Er gab zu, 2015 an einem Raubüberfall auf einen Mühldorfer Juwelierladen beteiligt gewesen zu sein. Weitere Zeugen haben ausgesagt und am Donnerstag (26. Januar) verkündete Richterin Aßbichler das Urteil der Kammer.

Update, 14.13 Uhr - Urteilsverkündung zum Juwelierraub

Der Vertreter der beiden geschädigten Nebenkläger, Jörg Zürner, sagt, dass die Aussage des Angeklagten – es habe ihn überwältigt, was bei dem Überfall geschehen sei – nichts als eine leere Worthülse sei. Dem Beschuldigten sei schon bei der Abreise aus Litauen der Grund für seinen Flug nach Deutschland klar gewesen. „Bin ich dann überrascht, wenn jemand eine Axt rauszieht, um die Vitrinen zu zerstören?“, so Zürner. „Darüber mache ich mir doch Gedanken, wenn ich da hinfahre – auch wenn ich nur Schmiere stehen soll“, so der Anwalt. Der Beschuldigte habe sich in Kenntnis der Pläne für den Überfall entschlossen, an der Tat teilzunehmen. Außerdem seien den Geschädigten gravierende Wunden zugefügt worden. Die Möglichkeit für einen Täter-Opfer-Ausgleich hätten auch bereits vor dem Prozess bestanden und der Beschuldigte habe sich nicht dafür interessiert, sich darum zu kümmern.

Verteidiger hebt „Mitläufer“-Rolle hervor

Dann plädiert Rechtsanwalt Thomas Schales aus München für seinen Mandanten. Er betont gleich zu Beginn das vollumfängliche Geständniss des 40-Jährigen. Schales hebt im Laufe seines Plädoyers vor allem die Beeinflussbarkeit und Schwäche seines Mandanten hervor. Bereits mehrmals im Laufe des Verfahrens wies der Verteidiger auf die Krankheitsgeschichte des Beschuldigten hin und stellte diesen als „Mitläufer“ im Rahmen des Überfalls dar. Sein Mandant habe sich lediglich in der Theorie vorgestellt, wie der Überfall ablaufe, sei aber dann von den realen Geschehnissen während des Überfalls überwältigt gewesen. Schales weist auch darauf hin, dass sein Mandant gleich bereit gewesen sei, das Schmerzensgeld an die Geschädigten zu zahlen und um eine Ratenvereinbarung gebeten habe. Der Verteidiger plädiert für eine Strafe unter  sieben Jahren und hebt hervor, dass er sich über eine fünf vor dem Komma freuen würde. 

Anschließend nutzt der Angeklagte noch die Möglichkeit, ein letztes Wort an die Kammer zu richten und sagt: „Ich werde bis zu meinem Lebensende in Litauen arbeiten und meine Schulden begleichen. Ich gebe zu, dass ich den Überfall mitverübt habe und verneine meine Schuld nicht. Ich bitte das Gericht darum, die Strafe so niedrig wie möglich zu halten. Die Kammer zieht sich anschließend zur Beratung zurück.

Besonders schwerer Raub

Anschließend verkündet die Vorsitzende Richterin Aßbichler das Urteil der Kammer: Der Angeklagte wird zu sechseinhalb Jahren Freiheitsstrafe wegen besonders schwerem Raub und Diebstahl verurteilt. Außerdem zu einer Wertersatzzahlung in Höhe von 188.168 Euro und der Zahlung von 2000 Euro Taterträgen. Es handele sich um eine hochprofessionelle Bande, die berechnende und rücksichtslose Taten ausführe. Um den Widerstand der Angestellten und Kunden sofort zu brechen, sei ein Schuss abgesetzt worden, und dann mit großer Gewalt, mit einer Axt die Vitrinen zerstört worden. Auch knappe acht Jahre nach der Tat leiden die Geschädigten laut der Kammer unter den Folgen der Erlebnisse. 

Für die Tat liege ein niederer Bewegrund, namentlich Geldgier vor. Negativ für den Angeklagten falle ins Gewicht, dass es sich in zwei Tatbeständen um besonders schwere Fälle handele. Der Angeklagte sei außerdem nur für die Tat nach Deutschland eingereist. Dass seit der Tat bereits viele Jahre vergangen sind, müsse laut Aßbichler strafmildernd berücksichtigt werden, ebenso das Geständnis des 40-Jährigen. Die Parteien erklären Rechtsmittelverzicht. Das Urteil ist somit rechtskräftig.

Update, 13.04 Uhr - „Leben zweier Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht“

Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen einen 40-jährigen Litauer beginnt. Er soll im März 2015 mit weiteren drei Männern einen Juwelierladen in Mühldorf überfallen haben. Die Vorsitzende Richterin Jacqueline Aßbichler ruft gleich zu Beginn eine Zeugin in den Gerichtssaal: Es handelt sich um die Angestellte des Juweliers, die während des Überfalls in dem Laden arbeitete. Noch immer leidet die Zeugin unter der Traumatisierung durch den überraschenden und gewaltvollen Auftritt der maskierten drei Männer in dem Geschäft.

Überraschung wartete hinter dem Rücken der Zeugin

Die Zeugin sagt aus, dass sie mit dem Rücken zur Tür gestanden habe, als die Männer plötzlich eingetreten seien und ein Schuss aus der Schreckschusspistole abgefeuert worden sei. Seither leide sie unter einer ständig anwesenden Angst. Weil der Angeklagte geständig war, ist es laut der Vorsitzenden Richterin nicht erforderlich, die Zeugin im Detail über die Geschehnisse zu befragen. Außerdem habe die Zeugin bereits in früheren Verfahren, gegen zwei weitere Täter und zwei Hintermänner zum Überfall in Mühldorf ausgesagt.

Angeklagter bittet um Entschuldigung

Der Angeklagte Litauer bittet darum, sich bei der Zeugin entschuldigen zu dürfen. Dafür steht er, wie auch bei dem anderen Geschädigten auf und sagt: „Es tut mir sehr leid, dass ich den anderen Männern geholfen habe das Geschäft zu überfallen. Ich kann mir vorstellen, wie es ihnen geht, denn meine Frau hat selbst auch einen Überfall erlebt. Auch sie hat in einem Laden gearbeitet als es geschah.“ Die Zeugin nimmt die Entschuldigung zur Kenntnis, sagt aber, dass es die Sache aber nicht wieder gut mache.

„Das Leben zweier Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht“

Die Vorsitzende Richterin schließt die Beweisaufnahme und bittet Staatsanwalt Kempler um sein Plädoyer. Er betont die Schwere des Überfalls, bei dem Menschen in die Mündung einer Schusswaffe blicken mussten und auch noch nach mehr als sieben Jahren nach dem Erlebnis die Geschädigten ein Leben lang begleiten werden. „Der Angeklagte hat mit seiner Tat das Leben zweier Menschen komplett aus dem Gleichgewicht gebracht“, so Kempler. Er glaubt dem Beschuldigten nicht, dass dieser nur eine einmalige Beteiligung an den Überfällen der Bande geplant habe. Der Staatsanwalt betont, dass er die Reue des Beschuldigten für glaubwürdig hält, hebt aber auch dessen Vorstrafen hervor. Er plädiert für sieben Jahre Freiheitsstrafe.

Vorbericht

Der 40-jährige Angeklagte stammt eigentlich aus Litauen und ist Familienvater. Nach den Angaben seines Rechtsanwaltes, Thomas Schales aus München, war der Mann 2015 arbeitslos und konnte seine Familie nicht ausreichend versorgen. Aus diesem Grund habe er sich von seinem Schwager überreden lassen, sich als Mittäter bei Raubüberfällen auf Juweliere in Deutschland zu beteiligen.

Zwei Hintermänner bereits inhaftiert

Schon vor seinem Abflug aus Litauen, erhielt er angeblich 1000 Euro Anzahlung und eine genaue Instruktion, wie seine künftige Arbeit aussehen sollte. Die Taten seien „minütiös“ geplant worden, so Nebenklägervertreter Jörg Zürner aus Mühldorf. Verantwortlich für die professionelle Organisation und akribische Planung seien zwei tschtschenische Hintermänner gewesen, die bereits seit 2017 inhaftiert sind. Sie sollen laut den Erkenntnissen der Polizei einer europaweit agierenden Bande angehören, die Juweliere in Finnland, Dänemark, Italien, Schweiz, Norwegen und Deutschland überfiel – und dies immer nach dem gleichen Muster.

Mafiöse Bande agiert europaweit

Während die tschetschenischen „Logistiker“ am Landgericht Traunstein bereits zu 12 und 14 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurden, erhielten zwei weitere Männer – welche den Überfall in Mühldorf ausführten – sieben und knappe sechs Jahre Haft für ihre Taten. Insgesamt rund 340.000 Euro sollen die Männer allein bei dem Überfall in Mühldorf erbeutet haben, wovon der Angeklagte nur etwa 5000 Euro erhalten haben will. Das Ausmaß der Gewinne der mafiösen Bande, die aus mehr als 100 Mann bestehen soll, bleibt nur zu erahnen.

Am 26. Januar werden in dem Prozess noch weitere Zeugenaussagen erwartet. Noch zwei weitere Tage sind für die Verhandlung angesetzt, wobei die Kammer ihr Urteil möglicherweise bereits am 26. oder 31. Januar fällen kann.

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