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Drastische Drohung soll Entlassung der Mutter aus der RoMed-Klinik verhindern

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Von: Oliver Lang

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In den RoMed Kliniken, hier Prien, ist der Sozialdienst der erste Ansprechpartner für das Entlass-Management.
In den RoMed-Kliniken, hier Prien, ist der Sozialdienst der erste Ansprechpartner für das Entlass-Management. © Anita Berger,Foto Berger-Prien a

Was tun, wenn die häusliche Situation nach einem Krankenhausaufenthalt unsicher ist? Ein Priener hatte hierzu ganz eigene – vorsichtig ausgedrückt: unkonventionelle – Vorstellungen.

Prien – Am 25. Dezember, kurz vor ihrem 83. Geburtstag, stürzte eine Bernauerin in ihrer Wohnung und zog sich dabei schwere Verletzungen zu. Nach Aussagen ihres Sohns (Name ist der Redaktion bekannt) war ein komplizierter Bruch der Hüfte mit hohem inneren Blutverlust zu beklagen. Der Rettungsdienst brachte die Gestürzte nach Prien in die RoMed-Klinik. Dort wurde sie am nächsten Tag operiert. Nun sollte die Frau Ende letzter Woche nach rund zehn Tagen Klinikaufenthalt nach Hause entlassen werden. Eine Maßnahme, die beim Sohn offensichtlich die Alarmglocken schrillen ließ und ihn zu ungewöhnlichen Drohungen veranlasste.

„Auf der Straße können sie sie nicht abstellen“

Seine Mutter habe Pflegegrad 2 und wohne derzeit in einer betreuten Wohnanlage in Bernau. Dort sei die Sicherheit seiner Mutter aufgrund ihrer Instabilität so kurz nach der OP aber nicht gewährleistet, weshalb der Priener darauf pochte, dass seine Mutter zumindest noch ein paar Tage länger in der RoMed-Klinik bleiben solle. So hätten es die Ärzte zunächst auch avisiert, so der besorgte Sohn.

„Ich verstecke alle Schlüssel“

Als nun alles schneller als erwartet gehen sollte, drohte der Priener gegenüber dem Krankenhaus, dass er alle Schlüssel der Wohnung verstecken würde. Denn, so seine Logik: „Auf der Straße können sie meine Mutter nicht abstellen.“

Fall ist bekannt

In der Marktgemeinde Prien, an die sich der Sohn in einem Rundumschlag ebenfalls gewandt hatte, und der Pressestelle der RoMed-Kliniken ist der Fall bekannt. Von dort hieß es, dass man davon ausgehe, dass der Sohn der verunfallten Frau kurzzeitig überfordert gewesen sei. Man habe die Situation aber einvernehmlich gelöst – und hätte dies auch ohne die Drohungen hinbekommen.

Nachgefragt bei den RoMed-Kliniken

Da es immer wieder vorkommt, dass die häusliche Versorgung zwischen einem Krankenhausaufenthalt und der Genesung oder dem Rehabeginn nicht gesichert ist, haben die OVB-Heimatzeitungen bei den RoMed-Kliniken nachgefragt, was man für einen möglichst guten Übergang tun kann. Wie Marco Weidemeier, Kaufmännischer Leiter RoMed-Klinik Prien am Chiemsee mitteilt, sind es in den RoMed-Kliniken vor allem die Kolleginnen und Kollegen der Sozialberatung, die sich um das sogenannte Entlass-Management von Patienten kümmern.

„Sie beraten und informieren bei sozialen und sozialrechtlichen Fragen, etwa bei Leistungsansprüchen gegenüber Behörden wie Krankengeld, aber auch zur Krankenhausnachsorge.“ Unterstützend seien die Mitarbeiter dort auch bei der Vermittlung und Rehabilitation in Anschlussheilbehandlungen nach schweren Akuterkrankungen wie einem Herzinfarkt und Fraktur tätig oder in persönlichen Angelegenheiten, zu denen auch Lebenskrisen eines Familienmitgliedes gehören können.

Auch Eigeninitiative ist gefragt

Wenn es klar sei, so Weidemeier, dass es einer Reha oder Anschlussheilbehandlung bedarf, gehen die Kolleginnen der Sozialberatung im Rahmen des stationären Aufenthalts auf die Patienten zu. Grundsätzlich sei es aber mindestens genauso wichtig, dass sich Patienten und deren Angehörige frühzeitig mit den Themen Unterstützung und Pflege befassen. Rat bieten hierbei auch Institutionen wie die Krankenkassen, Pflegekassen oder Pflegeberatungsstellen wie etwa der Pflegestützpunkt Rosenheim.

Versorgungslücken können vorkommen

Immer wieder käme es allerdings vor, so der Kaufmännische Leiter der RoMed-Klinik Prien, dass keine freien Kapazitäten bei den nachsorgenden Einrichtungen vorhanden sind und damit eine Versorgungslücke entsteht. Deshalb würden Patienten teilweise viel länger als medizinisch notwendig in der Klinik bleiben, bis ein Platz gefunden wird. Die hier entstehenden Kosten würden von den Krankenkassen jedoch nicht getragen, und die so blockierten Betten stünden für andere Patienten mit dringendem Behandlungsbedarf nicht zur Verfügung.

In der Praxis nicht relevant

Auf die Frage, ob man Patienten denn gegen ihren Willen nach Hause entlassen darf, heißt es von der Pressestelle der RoMed-Kliniken, dass dies zwar rein rechtlich möglich sei, in der Praxis jedoch nicht durchgeführt würde. Das Entlassmanagement habe zur Aufgabe, eben solche Extremsituationen zu vermeiden und würde sich deshalb an den Bedürfnissen des Patienten ausrichten. Allerdings würde es im klinischen Alltag immer schwieriger, diesen Anforderungen gerecht zu werden. „Pro Monat gibt es etwa 250 Anforderungen im Rahmen des Entlass-Managements beim Sozialdienst im RoMed-Klinikum Rosenheim, in der RoMed-Klinik Prien sind es etwa 30 Anforderungen.“

Marco Weidemeier.
Marco Weidemeier. © RE

Oft Dutzende Telefonate notwendig

Um für einen Patienten eine geordnete Entlassung organisieren zu können, seien etwa 40 Telefonate die Regel. Dadurch, dass es immer schwieriger würde, so Weidemeier, für die Patienten einen ambulanten Pflegedienst, einen Kurzzeitpflegeplatz oder einen Platz in einem Seniorenheim zu finden, „stapeln“ sich die neuen Anforderungen. „Im Klinikalltag merkt man, dass es immer schwieriger wird, dass sich das familiäre Umfeld der Patienten in der Lage sieht, die Pflege zu organisieren und zu übernehmen“, resümiert Weidemeier. Diese Situationen seien für Patienten, Angehörige und Klinikmitarbeiter sehr belastend und unzufriedenstellend. Dennoch würde man natürlich keinen Patienten einfach auf der Straße abstellen, „zumal die Klinik selbst keine Patiententransporte durchführt“.

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