Umweltausschuss
Alte Obstbaumsorten für den Traunsteiner „Garten der Vergessenen“
- VonMonika Kretzmer-Diepoldschließen
Nicht nur Insekten und Vögel haben ihre Freude daran, auch für die Menschen gibt es vom frischen Obst bis zum gebrannten Schnaps eine Reihe von Gründen, warum es sich lohnt, alte Apfel- und Birnbaumsorten zu erhalten. Der Landkreis Traunstein ist in dieser Mission bereits tatkräftig unterwegs.
Traunstein – Einen „Garten der Vergessenen“ mit historischen Kernobstsorten wird der Landkreis Traunstein auf dem ihm gehörenden weitläufigen Areal des Hilger-Hofs in Niederbrunn bei Pittenhart anlegen. Das Vorhaben ist Teil des Biodiversitätsprojekts „Kartierung alter Äpfel- und Birnbäume am oberbayerischen Alpenrand“ der Regierung von Oberbayern. Markus Breier, Kreisfachberater für Gartenkultur und Landespflege, schilderte im Kreisumweltausschuss, man habe im Projektgebiet mit sechs Landkreisen bereits 950 Bäume erfasst, 130 Apfel- und Birnensorten bestimmt. An 250 „Unbekannten“ oder „Vergessenen“ würden genetische Untersuchungen vorgenommen. Ein Beschluss war nicht zu treffen.
Selten gewordene Kernfrüchte erhalten
Folgeziel des fünfjährigen Projekts bis 2024 ist nach Breier, die unbekannten, vergessenen oder extrem seltenen Kernobstsorten zu erhalten und wieder zu verbreiten. Finanziert werde es vom Bayerischen Naturschutzfond, dem Bezirk Oberbayern und über Eigenmittel der Beteiligten, darunter der Landkreis Traunstein.
Fachliche Unterstützung lieferten zum Beispiel das Kompetenzzentrum für Obstbau Bavendorf, die Hochschule und die Technische Universität in Weihenstephan sowie die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft.
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Zu den drei Phasen des Projekts gehört nach Worten Breiers, die alten Sorten zunächst zu sichern. Edelreiser werden entnommen, in Baumschulen vorgezogen und als junge Bäumchen nach einigen Jahren an ihren endgültigen Standort verpflanzt. Zu sehen sein werden irgendwann stattliche Bäume in zwei „Gärten der Vergessenen“ in Pittenhart und in Rosenheim.
Parallel würden die alten Sorten auf ihre Eigenschaften hin geprüft und genau beschrieben. Schließlich sollen gute Sorten zumindest im Projektgebiet wieder verbreitet werden. Ein Anschlussprojekt gilt ihrer Verwertung samt Vermarktung und der Umweltbildung.
Schnitt- und Veredelungskurse geplant
Den „Garten der Vergessenen“ wird Breier zusammen mit dem Kreisverband für Gartenkultur und Landespflege sowie dem Landschaftspflegeverband Traunstein betreuen. Dort sind zudem Aktivitäten der Umweltbildung vorgesehen wie Schnitt- und Veredelungskurse, Führungen, auch in Kombination mit Imkern, Verkostungen nach der Ernte im Herbst oder Sortenausstellungen.
Der Kreisfachberater informierte weiter, viele Personen wirkten bei der Beschreibung und der Dokumentation der Apfel- und Birnbäume zusammen. „Unsere Eltern kannten die Sorten, wussten genau, welche sich wozu eignen. Denken Sie an die Kletzensorten“, erinnerte Breier die Kreisräte. Andere Sorten eigneten sich zum Brennen.
Birn-Edelreiser von einem Lindenbaum
Weitere interessante Details hatte Breier für Birnen auf Lager. Eine Sorte sei auf einem Lindenbaum gewachsen, davon ein Edelreiser geschnitten worden. Der sei angewachsen – „ein Glück, weil es die Linde nicht mehr gibt“. Im Allgäu sei später noch ein Exemplar dieser Birnensorte entdeckt worden.
Aktuell würden die ersten 150 Sorten in Baumschulen herangezogen, schloss Breier und verwies auf weitere Infos zu dem Projekt im Internet unter Apfel-Birne-Berge.de.
Landrat Siegfried Walch (CSU) lobte Breier und sein Team als „sehr professionell“. Am Hilger-Hof verfüge der Landkreis über eine entsprechende Fläche für den „Garten der Vergessenen“: „Durch diese Nutzung erstrahlt das Gesamtensemble mit dem Museum. Für alte Obstsorten ist dies der ideale Fleck.“
Von den gesicherten alten Sorten momentan noch nichts abzugeben
Nach Baumschulen, die alte Obstsorten verkaufen, erkundigte sich Resi Schmidhuber (CSU). Neue, normale Sorten gebe es genug. Sie würde gerne alte Sorten in einen geplanten Obstanger pflanzen. Umgekehrt habe sie „zentnerweise Dörrbirnen“.
Breier wurde hellhörig: „Da komm ich mal vorbei. Kleinbrennereien interessieren sich sehr für solche alten Birnen. Da kommt etwas ganz Exklusives dabei heraus.“ Baumschulen dürfe er grundsätzlich nicht nennen. Von den schon 150 gesicherten alten Sorten könne derzeit noch nichts abgegeben werden, bedauerte er.