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8000 Kraniche für 8000 Seelen

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Winfried Hamer erklärt das Bild „Flüchtlingscamp“.   Eder
Winfried Hamer erklärt das Bild „Flüchtlingscamp“. Eder © OVB

Grassau – „Die Welt ist bunt“ lautet der Titel einer Ausstellung mit Werken von einheimischen Künstlern und Asylbewerbern in Grassau. Seit gut einem halben Jahr ist in den Mal- und Bastelstunden,

Der Titel macht neugierig, die Bilder und Werkstücke offenbaren neue Eindrücke in erster Linie in die Welt der Flüchtlinge. Bis zum 31. Januar ist die Ausstellung im Galerieraum in der Touristinformation zu deren Öffnungszeiten zu sehen.

die der Agenda Kunstkreis angeregt und die die einheimischen Künstler organisierten, gemeinsames, kreatives Arbeiten angesagt. Fritz Seibold, Kulturreferent, informierte im Rahmen der Vernissage über diese Gruppe und nannte Bärbel Straub als eine der Initiatorinnen. Sie gibt zudem Deutschunterricht im Asylbewerberheim und hatte diese Mal- und Bastelgruppe angeregt.

Neben den einheimischen Künstlern Winfried Hamer, Bärbel Straub, Moni Stein, Kerstin Vatterott und Anne Herl sind Arbeiten von Flüchtlingen aus Eritrea, Mali, Senegal, Syrien und dem Kosovo zu sehen. „Viele der Flüchtlinge haben einen sehr langen Weg mit vielen Stationen hinter sich und wir haben versucht, einige der Stationen darzustellen“, erklärte Winfried Hamer. Er verwies auf ein großes Bild, das ein Flüchtlingscamp für rund 25 000 Menschen darstellt.

Der Weg führt vorbei an Ruinen, über Brücken, zu verlassenen Dörfern, alles in einzelnen Bildern dargestellt. Besonders emotional war die Vorstellung der Installation eines großen Pappbootes mit 8000 kleinen gefalteten Kranichen. Jeder Kranich, so Hamer, stelle eine ertrunkene Seele dar. Er erinnerte an den Papstbesuch in Lampedusa, als von 20 000 Ertrunkenen die Rede war. Die Zahlen werden nicht weniger, vermutet Hamer. Die Kraniche stammen von dem koreanischen Patenkind der Künstlerin Bärbel Straub.

Nina, die im vergangenen Jahr mit 47 Jahren verstarb, wollte mit ihren Kranichen etwas zum Weltfrieden beitragen, so Bärbel Straub. Ihren Angaben zufolge hat die Frau insgesamt über 57 000 Kraniche gefaltet – 8000 davon fallen aus dem Boot.

Die Asylbewerber waren entweder bei den Gemeinschaftsarbeiten oder aber auch alleine sehr kreativ. Gezeigt wird eine große Collage mit unterschiedlichen Häusern, Wohnungen, Zelten, die die unterschiedlichen Behausungen repräsentieren. Neben der Keramikarbeit „Leuchtturm am Meer“ wurde auch ein Boot von einem jungen Flüchtling gebastelt, wobei die rote Farbe für ihn sehr wichtig war.

„Kunst ist nicht das Wichtigste. Kunst ist ein Schlüssel zur Zivilisation“, sagte Winfried Hamer. Kerstin Vatterott verwies auf den „Gedankenbaum“. Sie forderte alle Besucher auf, ihre Gedanken auf ein Kärtchen zu schreiben und an den Baum zu hängen. Kulinarisch wurde ebenfalls zum besseren Verständnis der Kulturen mit einem kleinen Buffet mit Köstlichkeiten aus fernen Landen beigetragen, an dem sich die Besucher bedienen durften.

Die Ausstellung mit 46 Bildern, Keramiken und Collagen ist aufrüttelnd. Sie weckt Überlegungen hinsichtlich der Herbergssuche, der verlorenen Heimat, Angst, Flucht, gibt aber auch Zuversicht und Hoffnung. tb

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