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Zu wenig bezahlbare Wohnungen? Kritik am Bad Aiblinger Konzept

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Das Symbolbild zeigt eine Mutter mit Kind in einer Wohnung. In Bad Aibling gibt es Diskussionen um vergünstigten Wohnraum in zwei Baugebieten und die Frage, warum das „Aiblinger Modell“ nicht noch mehr vorsieht.
Das Symbolbild zeigt eine Mutter mit Kind in einer Wohnung. In Bad Aibling gibt es Diskussionen um vergünstigten Wohnraum in zwei Baugebieten und die Frage, warum das „Aiblinger Modell“ nicht noch mehr vorsieht. © picture alliance/dpa

Das „Aiblinger Modell“ soll den Erwerb von Wohnungseigentum für die örtliche Bevölkerung fördern. Dadurch sollen etwa kinderreiche Familien vergünstigt an Wohnungseigentum gelangen. Doch gibt es nun weniger Wohnungen als angekündigt?

Bad Aibling – Das „Aiblinger Modell“ sorgt für Gesprächsstoff. Derzeit läuft das Bewerbungsverfahren in den Baugebieten „Ellmosener Wies“ und „Harthausen Ost“ für Wohnungseigentum. Das seitens der Stadt Bad Aibling erarbeitete Konzept soll den Erwerb von Wohnungseigentum für die örtliche Bevölkerung in den beiden Baugebieten fördern. Zielgerichtet an junge Familien, kinderreiche Familien und Familien mit pflegebedürftigen Personen oder Familienangehörigen mit Behinderungen. Durch das „Aiblinger Modell“ soll bedarfsorientiert eine Möglichkeit angeboten werden, vergünstigt Wohnungseigentum zu erwerben.

„Fassungslos über die geringe Anzahl“

Doch trotz dieses Vorhabens kommt immer wieder Kritik auf. Nun meldeten sich Anwohner zu Wort und zeigten sich „fassungslos über die geringe Anzahl der Wohnungen“, die das „Aiblinger Modell“ vorsehe. Ingo Mertens, Anwohner der Ellmosener Wies, sei demnach entsetzt über die Details des Anfang Februar gestarteten Bewerbungsverfahrens. „Während der Bauleitplanung zur Ellmosener Wies und Harthausen Ost war seitens unserer Bürgermeister immer die Rede davon, dass 30 Prozent der neu entstehenden Wohnfläche dem bezahlbaren Wohnen verschrieben sei“, erklärt Mertens.

Da dies innerhalb der Stadt rechtlich nicht zulässig sei, habe der Stadtrat seiner Meinung nach die Bebauungspläne im Außenbereich „trotz Flächenfraß, Zerstörung wertvoller Landwirtschaftsflächen, Landschaftsbild schädigender Ortsansicht und ungelöster Wasserprobleme“ beschlossen – wenn auch mit Bauchschmerzen, erklärt Mertens. Kritische Äußerungen, auch gegen die massive Nachverdichtung der ursprünglichen Pläne seien regelmäßig mit Hinweisen auf das „Aiblinger Modell“ kommentiert worden, wohl wissend, dass natürlich kaum ein Stadtratsmitglied gegen bezahlbares Wohnen sei, so der Anwohner. „Für uns Anlieger war das übrigens der einzige positive Aspekt zur anstehenden Bebauung.“

An der „Ellmosener Wies“ schreiten die Bauarbeiten voran.
An der „Ellmosener Wies“ schreiten die Bauarbeiten voran. © Baumann

Nur 39 statt 70 bezahlbare Wohnungen?

Denn der Bedarf sei groß, fast jeder kenne jemanden auf der Suche nach einem bezahlbaren Eigenheim. Umso mehr ärgert es den Anwohner, dass nun „statt der ursprünglich versprochenen mindestens 70 vergünstigten Wohnungen (30 Prozent entsprechend)“, nur deutlich weniger bezahlbarer Wohnraum zur Disposition stünde. Tatsächlich teilte die Stadtverwaltung kürzlich mit, dass insgesamt 39 Wohnungen, und eben nicht 70, im Rahmen des „Aiblinger Modells“ geschaffen werden. Demnach können sich Bad Aiblinger Familien für 18 Wohnungen an der Ellmosener Wies bewerben, im Baugebiet „Harthausen-Ost“ entstehen 21 Wohnungen im Rahmen des „Aiblinger Modells“. Wir berichteten. Doch wie kann das sein und welche Erklärung gibt es hierzu seitens der Stadt?

Laut Anna-Maria Rittner, zuständig für Liegenschaften, wurden bereits im März 2020 städtebauliche Verträge mit den jeweiligen Bauträgern der beiden Baugebiete abgeschlossen. Dabei wurde unter anderem die Anzahl sowie die insgesamt zu erreichende Mindestquadratmeterzahl der zu errichtenden Wohnungen festgelegt, teilt Rittner dieser Redaktion auf Anfrage mit. „Im Rahmen der Interessensbekundung wurde eine Bedarfsermittlung der interessierten Bad Aiblinger Bürger durchgeführt, wobei sich der Bedarf an Wohnungen mit einer größeren Raumanzahl widerspiegelte.“ Die Folge: Man setzt beim Raumzuschnitt nun auf größere statt auf kleinere Wohnungen. Das bedeutet wiederum, dass sich bei gleichbleibender Gesamtwohnfläche die Zahl der Wohnungen reduziert.

Hier entsteht das neue Wohngebiet namens „Harthausen-Ost“.
Hier entsteht das neue Wohngebiet namens „Harthausen-Ost“. © Baumann

Doch wusste darüber jeder Bescheid? „Ich wage zu bezweifeln, dass unser Stadtrat den beiden Bebauungsplänen in Kenntnis dieser Zahlen überhaupt zugestimmt hätte“, sagt Anlieger Ingo Mertens. Bei den Investoren dürften demnach die „Korken geknallt haben“. Doch laut Stadtverwaltung sei dies nicht der Fall. So betont Rittner, auch in Absprache mit Bürgermeister Stephan Schlier, dass man bei einem anderen Ergebnis der Interessens-Abfrage, die Bauträger selbstverständlich aufgefordert hätte, kleinere und letztlich mehr Wohnungen zu schaffen. Die festgelegte Gesamtwohnfläche hätte sich aber auch dadurch nicht verändert. „Die geforderte Mindestquadratmeteranzahl der Gesamtwohnfläche konnte in beiden Baugebieten gehalten beziehungsweise sogar überschritten werden“, so Rittner.

„Verhältnismäßig“ wenige Bewerber

Die Verträge wurden vor Abschluss „intensiv vorberaten“ und die Stadtratsmitglieder stimmten zu, sagt Rittner. „Demzufolge war allen Beteiligten der sich ergebende Anteil des „Aiblinger Modells“ bekannt. Lediglich die Anzahl der Wohnungen ergab sich erst aus der Bedarfsabfrage.“ Das Bewerbungsverfahren läuft noch bis zum 8. April. Die Vergabe der insgesamt 39 Wohnungen soll dann im September 2022 erfolgen. Die Nachfrage sei jedoch bisher, so Rittner, „verhältnismäßig gering“, was an den umfangreichen Bewerbungskriterien liegen könne. Bis zum Fristende rechne man aber mit weiteren Bewerbungen. Die Stadt vermutet, dass sich die enorme Unsicherheit aufgrund des Ukraine-Krieges auch auf die Anzahl der Bewerbungen niederschlägt, „insbesondere da die Bauzinsen bereits jetzt merklich angestiegen sind“.

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