Von Ort zu Ort
„Ja freile, dees is Woich!“: Wie der Ortsname Walch entstanden ist
Zwei Möglichkeiten gibt es für die Bedeutung des Ortsnamens Walch.
Walch – „Auf Woich geht’s do hindd auffi!“, empfiehlt dem Vo-Ort-zu-Ort-Reisenden eine Spaziergängerin. Und tatsächlich: Auf dem bezeichneten Hügel, der sich nördlich von Kematen neben der Staatsstraße von Au bei Bad Aibling nach Miesbach erhebt, befinden sich mehrere Häuser; eines davon ist ein Bauernhaus. Was hier aber fehlt, ist ein Ortsschild! Zum Glück ist gerade die Post im Arbeitseinsatz und gibt freundlich aus dem Postauto heraus Auskunft: „Ja freile, dees is Woich!“ Am nahen Bauernhof spielt Anne Gasteiger gerade mit ihren kleinen Enkelkindern; sie hat trotzdem Zeit für einige Auskünfte. Der Hofname lautet „Beim Walch“, auf boarisch „Bein Woich“. Somit sind Hofname und Ortsname identisch, was zur Frage führt, ob man sagen könnte: „Beim Walch zu/in Walch“. „Bein Woich z Woich? Ob ma dees song koo?“ Anne Gasteiger überlegt ein wenig und antwortet: „Dees miassad schoo geh!“ Sie erklärt dem Fragesteller, es habe hier am Standort zuerst nur den Einödhof gegeben; später habe sich das Areal dank der Bautätigkeit von Familienmitgliedern um mehrere Wohnhäuser erweitert, bis ein Weiler entstanden sei, von Walch 1 bis Walch 5. So wurde der Hofname zugleich zum Ortsnamen.
Althochdeutsch oder romanisch
Was aber beinhaltet der Name „Walch“ eigentlich? Die Ortsnamenkunde stellt mindestens drei Möglichkeiten zur Diskussion: Oft stammen Walch-Namen vom althochdeutschen Wort „walh“. Dieser Begriff ist vom Namen des keltischen Volkstammes „Volker“, lateinisch „Volcae“, abgeleitet. Dieser keltische Stamm ist für die Gegend im Stromgebiet der Weser ebenso nachweisbar wie für das heutige Mähren oder auch für Teile von Südfrankreich. Die angrenzenden germanischen Volksstämme übernahmen den Namen „Volcae“ in ihre eigene Sprache, worauf durch Lautveränderungen das O zum A und das C zum Ch und H wurde, mit dem Ergebnis: gesprochen Walch, geschrieben Walh. Ab dem ersten Jahrhundert nach Christi Geburt hatte es sich bei den Germanen eingebürgert, verallgemeinernd alle romanisch sprechenden Menschen – sog. Keltoromanen – als „walha“, „Walche“, zu bezeichnen. Heue hört man noch gelegentlich, wie Südtiroler von ihren italienischen Nachbarn – teilweise abwertend – als „die Walschen“ reden.
Und tatsächlich: Der Walchensee, Straßwalchen im Land Salzburg – 799 Strazzuualaha – oder Traunwalchen – 790 Trunwalha – geben Zeugnis von der Existenz von Resten der ursprünglich keltoromanischen Bevölkerung in unserer Voralpenregion. Nur: Spätestens um das Jahr 1000 wurde hier nicht mehr romanisch gesprochen; und unsere Walch-Namen sind erst aus späterer Zeit belegbar.
Walahari oder Wollgewebe
Manchmal liegt ihnen ein Personenname, etwa „Walahari“, zugrunde, oder der Walch leitet sich vom Walken beziehungsweise Walchen von Wollgewebe her. Manfred Schaulies, der Ehrenamtliche Archivar des Historischen Vereins Bad Aibling, hat für Walch-Höfe in Thalham und Wiechs in der Marktgemeinde Bruckmühl kleine Walkmühlen erforscht. Ob nun entweder ein Personenname oder eine Walkmühle auch für den Walch in Kutterling oder in Walch bei Kematen vorliegt, bleibt der individuellen Hof-Forschung vorbehalten.Armin Höfer