Unternehmer beschenkt Natur und Kinder
Welches Geheimnis steckt hinter der Hecke am Ludwigsbad in Bad Aibling?
- VonKathrin Gerlachschließen
Der Bad Aiblinger Unternehmer Peter Greither hat neue Pläne für das Areal des einstigen Hotels „Ludwigsbad“. Jetzt gewährte er den OVB-Heimatzeitungen einen exklusiven Blick in die Zukunft des Areals „hinter der Hecke“.
Bad Aibling – Aus dem Ludwigsbad ist ein Garten Eden geworden. Peter Greither hat das Gelände der Natur zurückgegeben: mit einem in Weiden gefassten Hügel und einem Bachlauf, der den Seerosenteich speist, an dem sich gerade ein erstes Entenpaar sein Nest baut. Vor allem aber mit dem Erhalt der alten Buchen und Eichen, mehr als 30 neu gepflanzten stattlichen Bäumen, weiteren 6000 Pflanzen und Kräutern sowie Regenwasserzisternen, die dem neuen Grün auch in Dürrezeiten das Überleben ermöglichen.
Bauausschuss fordert Erhalt der Bäume
Wurde über die Projekte des Bad Aiblinger Unternehmers Peter Greither auf dem Areal des ehemaligen Hotels Ludwigsbad schon viel fabuliert, war sein jüngster Bauantrag mit kurzer Diskussion und nur einer Gegenstimme schnell abgehandelt. Eine Orangerie im viktorianischen Stil soll im Garten Eden entstehen. Da die Art der baulichen Nutzung nicht zum Bebauungsplan „Ludwigsbad“ passt, musste der Bauausschuss darüber befinden.
Richard Lechner (SPD) bemängelte, dass im Verfahren nicht „fachlich und sachlich“ vorgegangen worden sei. Bürgermeister Stephan Schlier (CSU) erläuterte, dass nicht etwa ein Antrag auf Änderung des Bebauungsplanes eingegangen sei, sondern nur ein Bauantrag, über den das Landratsamt entscheide. Der Bauausschuss hatte also nur über das „gemeindliche Einvernehmen“ zu befinden und tat das mit zehn befürwortenden Stimme, einer ablehnenden Haltung und dem Hinweis, „dass die Bäume zu erhalten seien“.
Schon tausende Neupflanzungen
Bei einem Blick durch die Hecke, an deren grünen Sichtschutz sich einige Mitglieder dieses Bauausschusses noch im Herbst 2020 störten, hätte man anhand des Lageplanes, der den Stadträten vorliegt, durchaus erkennen können, dass dieser Hinweis überflüssig ist. Denn allein vom Promenadeweg im Kurpark aus kann jeder Neugierige erkennen, dass die alten Bäume trotz der Dürre und eines enorm gesunkenen Grundwasserspiegels noch leben, viele neue Bäume und Pflanzen hinzugekommen sind und am künftigen Standort des Gewächshauses ein Platz freigehalten wurde.
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Peter Greither als Vorstand der Garten Eden-Greither-Lindner-Stiftung und sein Landschaftsarchitekt haben für das erste Stiftungs-Projekt mit Bedacht Raum gelassen: ein reichlich zwölf mal acht Meter großes Glasgewächshaus, das sich im viktorianischen Stil ins Ensemble der benachbarten Villen nahezu perfekt einfügt. Die Orangerie ist für Kinder und Jugendliche gedacht. An diesem Lernort außerhalb der Schule soll ihnen ab der Grundschule die Möglichkeit eröffnet werden, die Natur im direkten Kontakt zu verstehen.
„An den Pflanztischen können sie Salate oder Blumen einsäen, mit nach Hause nehmen und schon wenige Tage später ernten“, beschreibt Greither. Seine Augen strahlen in Erwartung der begeisterten Kinder. Denn im großen Garten Eden können und sollen sie lernen, dass sich Tiere freiwillig ansiedeln, wenn man ihnen den Raum gibt. Oder welche Kräuter man direkt vor der Haustür ernten kann. Und dass alte Bäume mit 600 Litern am Tag gewässert werden müssen, damit sie die Dürre des 21. Jahrhunderts überleben.
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Inspiriert haben Peter Greither nicht nur seine berufliche Laufbahn in der Naturarzneimittelbranche oder der Londoner „Chelsea Physic Garden“, der 1673 als Apothekengarten gegründet wurde und heute „Kindern beibringt, wie die Natur funktioniert und wie sie uns hilft“. Auch Greta Thunberg hat „Alten wie mir den Spiegel vorgehalten, wie wir die Zukunft unserer Kinder und Enkel verhunzen“, beschreibt er seine Motivation. Die durch die Corona-Pandemie reduzierte globale Mobilität habe gezeigt, wie schnell sich die Natur regenieren könne. „Genau dort müssen wir ansetzen und etwas tun“, betont Greither. Er setzt mit seiner Stiftung zuerst bei den Jüngsten an, denn von Greta und von seinen Enkeln weiß er, wie begeisterungsfähig und machtvoll Kinder sind.
Parallel zur Orangerie entsteht Lehrküche
Deshalb will er in seinem Garten Eden gemeinsam mit ihnen eines begreifbar machen: „Die Natur geht mit mir pfleglich um, wenn ich mit ihr pfleglich umgehe.“ Greither öffnet sein grünes Paradies für Kinder. Hier will er ihnen das Verständnis für Pflanzen, Tiere und Biodiversität spielerisch beibringen.
Doch die Orangerie im Garten Eden ist nur ein Teil seines Projektes. In seiner Firma „Biokontor 7“ im B&O-Gelände – einem Hersteller für Bio-Lebensmittel – entsteht zeitgleich eine Lehrküche. „Hier möchten wir den Kindern zeigen, wie sie aus Produkten aus ihrem Garten oder dem Gewächshaus Gerichte kochen können, die ihnen den Geschmack der Natur auf die Zunge zaubern und die satt, aber nicht dick machen, weil sie Bioqualität haben, vollwertig, regional und frisch sind“, freut er sich auf das Gesundheitsprojekt in der Tradition seines Vaters Otto Greither.
Engagement in der Tradition der Familie
Denn der fand schon vor Jahrzehnten heraus, dass Ernährung und Gesundheit zusammenhängen, und dass die Natur alle Arzneimittel bereithält. Nun gibt Peter Greither das Wissen der Familie weiter. Finanziert werden Orangerie und Biokinderküche aus der „Garten Eden-Greither-Lindner-Stiftung“. Ende des Jahres sollen sie starten. Das Gewächshaus wird aufgebaut, sobald die Baugenehmigung da ist – und zwar nur wenige Meter hinter der Hecke.
Die Geschichte des Areals zwischen Rosenheimer Straße, Katharinenstraße und Kurpark
• Im Ludwigsbad, dem ersten „salinischen Moorheilbad“ Bayerns, nahm Mitte des 19. Jahrhunderts das Kurwesen in Bad Aibling seinen Anfang. Die von Desiderius Beck gegründete Anstalt wurde später ausgebaut und als Hotel genutzt.
• Ende des 20. Jahrhunderts wurde der Betrieb dann aus wirtschaftlichen Gründen eingestellt. Seither stand das Haus leer. 2007 wurden die Gebäude – zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling – Opfer einer Brandstiftung. Der Dachstuhl und ein Großteil des Gemäuers wurden durch das Feuer beschädigt. Die Brandruine prägte für vier Jahre das Bild des „Sondergebietes Kur“ der Stadt Bad Aibling.
• Es folgten zahlreiche Verhandlungen mit potenziellen Investoren. 2011 erwarb der Unternehmer Peter Greither das Areal zwischen Rosenheimer Straße, Katharinenstraße und Kurpark.
• Im Juli 2011 erfolgte der Abriss des maroden Hotels.
• Für das Areal gab es in der Folge diverse, letztlich aber nicht umgesetzte Nutzungskonzepte – von einem temporären Biergarten (2011) über ein Spezialpflegeheim für Dialysepatienten, eine Tagespflege, betreutes Wohnen und andere medizinischen Einrichtungen (2015) bis hin zur Errichtung mehrerer Gebäude zur gewerblichen und öffentlichen Nutzung mit einem elfstöckigen Hochhaus im Zentrum, das begrünt werden sollte.
• Nach zahllosen Diskussionen um die Höhe dieses Gebäudes war der Stadtrat im September 2018 mit einer stark reduzierten Variante – vier- bis fünfgeschossige Bebauung des Geländes und einem Baukörper mit sieben Stockwerken, 40 Prozent gewerblicher und 60 Prozent Wohnnutzung inklusive bezahlbaren Wohnraums – einverstanden.
• Grundstückseigentümer Peter Greither aber hat von seinen Bauplänen Abstand genommen und das 12 000 Quadratmeter große Grundstück renaturiert. Dass kommende Generationen der Familie – seine Kinder, Enkel oder Urenkel – an dieser Stelle irgendwann wieder Baupläne hegen könnten, sei natürlich nicht ausgeschlossen, sagte Greither im Gespräch mit dem Mangfall-Boten.
Neue Stiftung fördert Mensch, Umwelt und Kultur
Die Bad Aiblinger Familie Greither-Lindner möchte den Erfolg ihres unternehmerischen Lebenswerkes mit anderen Menschen teilen: „Wir haben Glück im Leben gehabt, davon möchten wir nun etwas zurückgeben“, sagt der Bad Aiblinger Unternehmer Peter Greither. Deshalb gründete er im September 2021 gemeinsam mit seiner Frau Gabi, einer geborenen Lindner, die gemeinnützige Stiftung „Garten Eden – Greither-Lindner-Stiftung“.
Diese will Mensch, Umwelt und Kultur fördern. Im Fokus steht im ersten Jahr das Angebot von Exkursionen für Schulklassen zu den Themen Nachhaltigkeit, gesunde Lebensmittel und Ernährung. Drei Satzungszwecke liegen der Familie Greither besonders am Herzen: die Forschung auf dem Gebiet der Ökolandwirtschaft, der Energie- und der Krebsforschung.
Gefördert werden sollen aber auch Öko-Landwirtschaft, Biodiversität, die Schaffung von ökologisch wertvollen Brachflächen und Biotopen sowie Projekte, die sich gegen die Massentierhaltung richten.
Unterstützen möchte die Stiftung außerdem zeitgemäße Gottesdienstformen, ökumenische Veranstaltungen und ein Museumsprojekt. „Ein großes Anliegen ist es uns, in Bad Aibling ein Kunstmuseum zu schaffen“, so Greither. Auch Heimatpflege gehört zum Stiftungszweck: Dazu zählen die Förderung der Renovierung und des Erhalts von historischen Fassaden und Gebäuden genauso wie die Unterstützung von örtlichen Vereinen, die sich der Heimatpflege verbunden fühlen.
Auch mit eigenen Projekten will die Stiftung zur Ortsverschönerung beitragen. Geplant ist die Gestaltung eines Platzes am Aiblinger Ludwigskreisel. Ein Rosenbeet in der Katharinenstraße wurde bereits gestaltet.
Auf der Agenda der Stiftung stehen außerdem die Versorgung der Tafeln im Mangfalltal mit gesunden Lebensmitteln, die Förderung von Katastrophenschutz und Hilfsorganisationen. So sind beispielsweise Erste-Hilfe-Kurse im Rahmen des Aiblinger Ferienprogramms geplant.
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Die finanziellen Mittel für die Umsetzung der Stiftungszwecke kommen momentan aus den Erträgen eines soliden Grundstockvermögens, das die Familie Greither gestiftet hat. Zusätzlich stellte die Familie private Spenden zur Verfügung. Auch externe Spenden von Unterstützern der Stiftungszwecke sind bereits eingegangen. Geplant ist weiterhin, der Stiftung verschiedene Firmenbeteiligungen zuzuführen.
Zum Vorstand der Stiftung gehören derzeit Gabi und Peter Greither sowie Brigitte Lindner.