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Was Michi aus Bruckmühl nach einem Motorradunfall durchmachte

14 Monate Klinik, 38 Operationen - und doch zurück: „Wie schön, dass ich noch dasitze“

Michi Mehringer aus Ginsham bei Bruckmühl
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Michi Mehringer aus Ginsham bei Bruckmühl. Seine bewegende Geschichte ließ er auch bereits in ein Buch niederschreiben: „Seit dem Tag danach - Hallo, ich bin immer noch DER Michi“
  • Xaver Eichstädter
    VonXaver Eichstädter
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Mit voller Wucht rauschte ihm ein Mercedes 2016 ins Motorrad - dann war Michi Mehringers Leben fast vorbei. Die Ärzte holten ihn zurück, doch er musste praktisch bei null wieder anfangen. Heute kann der junge Ginshamer wieder strahlen: „Die Leute zum Lachen bringen, das ist mir geblieben.“

Bruckmühl - Eine Anzeige bei „ebay“ im Jahr 2021: Auf dem Foto sieht man einen jungen Mann im Rollstuhl. Beim genauen Hinschauen fällt auf: Ihm fehlt ein Bein. Überschrieben ist das ganze mit: „Habe einen Fuß verloren. Hat ihn wer gefunden?“ Michael Mehringer sitzt beim Besuch von rosenheim24.de am Küchentisch daheim in Ginsham bei Bruckmühl und lacht: „Das war natürlich nur als Spaß gemeint. Aber es haben sich tatsächlich welche gemeldet und gemeint, ich hätte ihnen den Tag versüßt. Genau das war mein Ziel.“ Und sein Vater Rupert fügt hinzu: „Wenn er einen guten Tag hat, kommt sowas aus dem Effeff. Blödsinn fällt ihm genug ein.“

Kommunikation mit den Eltern monatelang über eine „Buchstabentafel“

Der Spaß, die Lebensfreude, die Kreativität, sie sind alle wieder da beim 22-Jährigen. Dabei hat es mal ganz anders ausgeschaut: Im April 2016 übersieht Michi mit seinem Motorrad an einer Kreuzung ein Auto. Der Mercedes prallt mit voller Wucht in ihn hinein. Eine Stunde lang kämpfen die Sanitäter um sein Leben, dann die Verlegung ins Klinikum München-Großhadern. Mehrfach gebrochene Oberschenkel, ein zerrissenes Rückgrat, ein zertrümmertes Becken, abgerissene Halsmuskeln, ein ausgehebelter Kopf, ein Schädelbasisbruch, gebrochene Rippen...

Zehn Tage liegt Michael Mehringer nach seinem Unfall im künstlichen Koma, die nächsten 14 Monate werden Krankenhäuser sein Zuhause. 38 Operationen wird Michi durchstehen müssen - unter anderem wird ihm sein linkes Bein amputiert. Und: Der damals 16-Jährige kann nicht mehr sprechen. Vater Rupert und Mutter Agnes schreiben Sätze auf Zettel, Michi zwinkert einmal für „Ja“, zweimal für „Nein“. Rupert Mehringer zeigt eine „Buchstabentafel“, die sie damals gebastelt haben: „So haben wir dann acht Monate lang in Großhadern kommuniziert“, sagt er. Es scheint langsam, ganz langsam bergauf zu gehen. Die Diagnose Querschnittslähmung ist der nächste Rückschlag.

Michi Mehringers Vater: „Wir hatten Unterstützung ohne Ende“

Im Sommer 2017 konnte Michi wieder heim, die Trachialkanüle wurde entfernt, „und seit zwei Jahren kann ich wieder sprechen“, erzählt der junge Mehringer. Worauf alle noch heute stolz sind: „Die Familie und das ganze Dorf haben zusammengehalten“, so Vater Rupert. Einige Freunde hätten ihn immer wieder, auch in Großhadern, besucht. „Wir hatten Unterstützung ohne Ende.“ Seine Spezln halfen bei der Pflege, nahmen ihn auch zu Partys mit. Und schnell ist klar, dass Michael Mehringer auch der Humor nicht vergangen ist.

Freilich, der Rollstuhl blieb ihm. Ab dem zehnten Brustwirbel hat Michi seine Beweglichkeit verloren, auch Hände und Arme gehorchen nicht. Noch nicht. „Von Montag bis Freitag mache ich eine Ergo- und eine Physiotherapie. Ziel wäre die volle Funktionsfähigkeit. Schreiben oder den Aufzug drücken wären die ersten Schritte“, so Michi. Derweil lenkt er seinen Rollstuhl mit einer Kinnsteuerung und kann ein Tablet mit einer sogenannten Mundmaus bedienen. Via Bluetooth hat Michael Mehringer so Zugriff auf den Fernseher oder Whatsapp, kann das Bett steuern oder am Computer spielen. „Ein E-Mail schreibe ich damit wahrscheinlich genauso schnell wie Du“, sagt er und grinst.

„Keine Angst vor Menschen im Rollstuhl“

Als Michi zu Silvester 2018 im Murnauer Krankenhaus lag, brachte ihn jemand auf die Idee, sein Leben niederzuschreiben. Eine Autorin war gefunden, die seine Erlebnisse und seine Kämpfe niederschrieb. Ein Jahr hat alles gedauert, bis das 250-Seiten-Werk erschien. „Das war wirklich viel Arbeit, aber ich war dann wirklich stolz drauf.“ 3000 Exemplare wurden gedruckt. „Seit dem Tag danach - Hallo, ich bin immer noch DER Michi“, heißt es und zeigt auf dem Cover Michael Mehringer in seinem Rollstuhl genau an jener Stelle, an der damals der schwere Unfall passierte.

3000 Exemplare hat Michael Mehringer von seinem Buch drucken lassen.

Auf eines aber legen alle in Michi Mehringers Umfeld Wert: Ein normaler Umgang. „Man kann ganz normal mit mir reden. Ich will den Leuten sagen, dass sie keine Angst vor Menschen im Rollstuhl haben brauchen.“ Und sein Vater ergänzt, dass sich viele unsicher seien, wie sie mit seinem Sohn umgehen sollen. „Überhaupt: Mit einem großen Rollstuhl ist man schnell ein Störfaktor.“ Dass ein Wirtshaus in der Nähe extra wegen Michi eine Rampe für den Eingangsbereich gekauft hat, umso schöner.

Das Wichtigste im Leben? Gesundheit und Zeit

Wer dem Tod von der Schippe springt, denkt um. „Das Leben ist so wertvoll und Gesundheit ist das Wichtigste“, sagt Michi Mehringer. Für andere mögen das Floskeln sein, er weiß, wovon er spricht. Vater Rupert erzählt, in der neurologischen Klinik habe man einen ganz ähnlichen Fall kennengelernt. „Ein Bursch, nur neun Tage älter, der auch einen schweren Motorradunfall gehabt hat. Er liegt noch immer im Wachkoma.“ Erst jetzt nehme er war, wie kostbar die Zeit eigentlich ist, so Michi: „Wie schön, dass ich noch dasitze.“

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