Erste bilinguale Klassen
„Laskavo prosymo“ – Wie Feldkirchen-Westerham ukrainische Flüchtlinge integriert
- VonKathrin Gerlachschließen
Mit offenen Armen werden ukrainische Flüchtlinge auch in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham empfangen. Wie sie innerhalb weniger Tage integriert werden.
Feldkirchen-Westerham – Auch in der Gemeinde Feldkirchen-Westerham wird den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine ein herzlicher Empfang bereitet – nicht nur von ihren Gastfamilien und vielen anderen Menschen, sondern auch von der Grundschule und der Bücherei. Nach traumatischen Erlebnissen im Krieg und auf der Flucht dürfen die Neuankömmlinge in der Gemeinde nun endlich wieder ein friedliches Miteinander erleben.
„Die Kinder freuen sich, wenn sie einen kleinen Gast aus der Ukraine in ihrer Klasse begrüßen dürfen. Sie sind sehr offen, sehr herzlich und haben das gute Gefühl, auch etwas tun zu können, damit sich die Kinder in der neuen Umgebung angenommen fühlen“, beschreibt Rektorin Diana Lörner-Steinfeld die Stimmung an der Grundschule.
Soziale Kontakte helfen anzukommen
Seit einer Wochen lernen vier Kinder aus der Ukraine an der Seite ihrer bayerischen Altersgenossen der ersten und dritten Klasse. In der kommenden Woche werden zwei weitere Schüler erwartet. „Für ein gutes Ankommen in unserer Gemeinde sind soziale Kontakte wichtig“, weiß Lörner-Steinfeld.
Das Tempo dürfen die ukrainischen Familien selbst bestimmen. „Jeder soll seinen Weg gehen können, deshalb fangen wir ganz behutsam mit zwei Stunden am Tag an“, erklärt die Rektorin. Die Resonanz ist durchweg positiv: „Die Mütter sind glücklich, und die Kinder freuen sich.“ Während bei den Kleinen die Kommunikation noch ganz basal funktioniert, helfen sich die Erwachsenen mit den verschiedensten Übersetzungsprogrammen. „Zudem werden die Familien von ihren Gastfamilien eng betreut, sodass auch über diese Kontakte alle Absprachen möglich sind“, fügt Lörner-Steinfeld hinzu.
Zum Kollegium der Grundschule gehören auch mehrere Förderpädagogen, die Schülern mit den unterschiedlichsten Defiziten zur Seite stehen. jetzt bauen sie Brücken für die ukrainischen Kinder.
Während an der Grundschule gerade Arbeitsmaterialien für neuen Schüler zusammengetragen werden, bereitet sich auch die Bücherei auf neue Leser vor. Ein ganzes Regal ist schon mit bilingualer Literatur gefüllt: So können trotz aller Sprachbarrieren, trotz lateinischer und kyrillischer Buchstaben die Feldkirchener und Kiewer Kinder jetzt gemeinsam lesen und verstehen.
Aber auch Kinderliteratur, die den Krieg erklärt, ist neu hinzugekommen. „Wir können die Kinder nicht davor bewahren und den Krieg verschweigen, wenn er in aller Munde und in allen Medien ist“, betont Büchereileiterin Lena Reichl. Deshalb hat sich ihr Team Gedanken darüber gemacht, welche literarischen Hilfestellungen es geben kann. Für die Kinder gibt es Bild-Wörterbücher zum einfachen Verstehen, aber auch Lesegeschichten über Freundschaft und Frieden auf der einen, und Streit und Krieg auf der anderen Seite.
Für die Erwachsenen wurden Sachbücher über Russland und die Ukraine, aber auch Ratgeber zur Traumabewältigung bestellt. „Damit die Helfer wissen, was ihnen bei der Betreuung der Geflüchteten begegnen kann, und wie sie reagieren können“, erklärt Reichl. Die deutsch-ukrainischen Bücherregale sollen weiter gefüllt werden. „Für Bücherspenden oder -leihen zu passenden Themen wären wir sehr dankbar“, ruft die Büchereileiterin auf.
Ukrainisch-deutsche Bücher im Angebot
Dringend gebraucht werden auch Wörterbücher – nicht nur für ukrainisch-deutsch, sondern auch für russisch-deutsch. Ab Montag nehmen die Mitarbeiter der Bücherei die Spenden gern entgegen. „Wer uns seine Bücher nur ausleihen möchte, bekommt sie auf jeden Fall zurück“, verspricht Reichl.
Mit der neuen Literatur will das Bücherei-Team Kinder, Eltern, Gastfamilien sowie Pädagogen von Kindereinrichtungen und Schulen unterstützen. Nicht nur durch den Verleih der Bücher, sondern auch mit einem herzlichen Willkommen oder Laskavo prosymo am Feldkirchener Dorfplatz.
Auch ukrainischen Kinder und Erwachsenen können die Angebote der Bücherei nutzen, denn die Mitgliedschaft ist für alle kostenlos.