Aktion zugunsten der Sanierung
Karolinenkirche Großkarolinenfeld: Warum Kirchenbänke bald im Wohnzimmer stehen
- VonKatharina Heinzschließen
Seltsames ist derzeit in der Großkarolinenfelder Karolinenkirche zu sehen: Einige der Kirchenbänke sind mit farbigen Aufklebern versehen, auf manchen stehen Namen und „reserviert“. Nanu, was ist denn da los?
Großkarolinenfeld – Einige Kirchenbesucher sind gar nicht so sehr an der stillen Einkehr in der Karolinenkirche interessiert, sie nehmen vielmehr die Bänke in der Karolinenkirchen genau in Augenschein.
Wer in den vergangenen Wochen öfter in der Kirche war, wird sich außerdem wundern, dass die Bänke überhaupt wieder da sind – denn sie waren als Vorbereitung auf die geplante Renovierung vor dem Winter entfernt worden.
Zum Probesitzen zurück in die Kirche
„Wir haben sie jetzt wieder zurückgeholt, zum Probesitzen“, erklärt Walter Vogl, der Zweite Vorsitzende des Fördervereins Karolinenkirche. Denn die 18 Kirchenbänke stehen zum Verkauf. Seit 20. März kann man die rund 60 Jahre alten, massiven Holzbänke zum Preis von 200 Euro pro Stück erwerben. Wer will darf gerne mehr zahlen. Der Erlös kommt der geplanten Kirchenrenovierung zugute.
Die Karolinenkirche ist die älteste evangelische Kirche in Altbayern. Im September feiert sie ihr 200. Jubiläum. Zunächst war es die Idee, das Gebäude für diesen Anlass lediglich aufzuhübschen. Bei einer Bestandsaufnahme stellte sich dann heraus, dass die Bausubstanz an einigen Ecken grundlegend marode ist. Daher ist nun eine umfassende Sanierung geplant, um das Gotteshaus erhalten zu können: Unter anderem müssen Dach und Dachstuhl trockengelegt sowie der Glockenturm statisch ertüchtigt werden. Der Kostenpunkt der Maßnahme liegt bei rund 1,6 Millionen Euro.
Kirche fit machen für die Zukunft
Pfarrer Dr. Richard Graupner will die Kirche aber nicht nur baulich sanieren, sondern auch fit für die Zukunft machen. Dazu gehört es für ihn, die Kirche zu öffnen und etwa auch Vorträge, Konzerte oder Ausstellungen stattfinden zu lassen. Der Kirchenraum soll neben großen Gottesdiensten auch für kleine Gebetskreise einsetzbar sein – „ohne dass sich die Kirchenbesucher verloren fühlen“, so der Pfarrer. „Daher hat der Kirchenvorstand beschlossen, die Kirche zukünftig ohne feste Bänke zu nutzen“, erklärt Vogl.
Bereits vor dem Winter wurden die Bänke in einer Scheune eingelagert, um erste Planungen im Kirchenraum durchführen zu können. In dieser Zeit wurde bereits auf die flexible Bestuhlung gesetzt. Demnächst sollen dann stapelbare Stühle angeschafft werden, die je nach Anlass aufgestellt werden.
Zum Entsorgen viel zu schade
„Mit der Entscheidung, die Bänke zu entfernen, kam es natürlich zu der Überlegung, was wir mit ihnen anfangen – denn einfach zusammenschneiden und entsorgen wollten wir sie auf keinen Fall“, so Dr. Graupner. Die Idee zum Verkauf kam dem Förderverein dann in einem Brainstorming.
„Wir haben nicht gedacht, dass die Idee so einschlägt“, sagt Jörg Gottfriedsen, der Erste Vorsitzende des Fördervereins Karolinenkirche. Denn inzwischen sind bereits 13 Stück der drei Meter langen Bänke vergeben. Die Interessenten kamen übewiegend aus dem Ort, aber auch bis aus Bad Endorf oder Fischbachau.
Bis morgen, Samstag, 9. April, können Interessenten noch bei den verbleibenden Exemplaren zuschlagen. Dann werden sie ab 9 Uhr innerhalb des Ortsgebietes ausgeliefert. Ein zusätzlicher Service wird angeboten: Ein Schreiner kürzt die Bänke bei Bedarf auf die passende Länge.
Opas Lieblingsplatz gesichert
Einsatzmöglichkeiten für eine alte Kirchenbank ergeben sich viele. „Meine Tochter stellt sich eine in die Dachschräge ihres Wohnzimmers“, berichtet Vogl. Er weiß außerdem von einem Käufer, der sich die Bank gesichert hat, auf der sein Opa immer saß. Und eine der Bänke wird ihren neuen Platz vor einer Kapelle in Stephanskirchen finden. „Das hat uns besonders gefreut“, so Gottfriedsen.
Für Pfarrer Dr.Richard Graupner ist der Verkauf der Bänke vielmehr als eine Einnahmequelle. „Auf diese Weise strahlt der Glaube in die Häuser der Menschen aus“, sagt er voller Freude. Das sei es, worauf es mit der Kirche in Zukunft hinauslaufe: Eine Verbindung zum Glauben auch außerhalb des Gotteshauses.
Von den Bänken zu Stühlen wechseln
Doch einige Kritiker der Aktion habe es auch gegeben, so der Pfarrer. Darunter: „Banknostalgiker“ und solche, die Angst haben, man würde die Summe für die Renovierung nicht zusammen bekommen und hätte die Bänke dann umsonst verkauft. „Doch wir wollen ja auf alle Fälle weg von den Bänken“, bekräftigt auch Fördervereinsvorsitzender Gottfriedsen. Pfarrer Graupner berichtet zudem, dass sich insbesondere die älteren Kirchgänger sehr gut mit der Veränderung arrangierten.
In Hinblick auf die Gesamtfinanzierung der Renovierung ist der Bank-Verkauf nur ein kleiner Beitrag. Der Förderverein hat zusätzlich schon fleißig Spenden gesammelt und Fördermöglichkeiten ausgelotet. „Inzwischen haben wir rund 1,1 Millionen zusammen“, so Dr. Graupner.