Ehrenamtlichen-Projekt eingestellt
Feldkirchen-Westerham: „Ratsch-Telefon“ hat ausgedient - Das waren die berührendsten Gespräche
- VonMathias Weinzierlschließen
Fast zwei Jahre lang hatten Ehrenamtliche am Ratsch-Telefon in Feldkirchen-Westerham ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste der Bürger. Jetzt ist das Projekt Geschichte. Was die berührendsten Gespräche waren – und wie das Angebot heute noch nachwirkt.
Feldkirchen-Westerham – Es wurde als Antwort auf die Corona-Pandemie initiiert – und hat nun ausgedient: Das Feldkirchen-Westerhamer Ratsch-Telefon ist seit Dezember 2022 Geschichte. Fast zwei Jahre lang hatten Ehrenamtliche des Sozialen Netzwerks und der Arbeiterwohlfahrt (AWO) unter dieser Nummer gegen Kummer ein offenes Ohr für die Bürger, die in Zeiten der Corona-Pandemie einfach mit jemandem reden wollten. Wie das Fazit zum Ratsch-Telefon ausfällt, welche Nachwirkungen das Angebot hat und was die berührendsten Momente waren, darüber haben die OVB-Heimatzeitungen mit Initiatorin Janine Karkosch gesprochen.
Sie hatten das Projekt im Frühjahr 2021 begonnen, nun ist es zu Ende gegangen. Was sind die Gründe für die Einstellung?
Janine Karkosch: Zum einen ist der Vertrag mit dem Telefonanbieter ausgelaufen. Zum anderen aber natürlich, dass die Nachfrage beim Ratsch-Telefon nachgelassen hatte. Am Anfang haben wir regelmäßig Anrufe bekommen – und zwar nicht nur aus Feldkirchen-Westerham, sondern auch aus Rosenheim oder aus dem Chiemgau. Mittlerweile hat es aber deutlich nachgelassen. Im Grunde genommen ist auch der Auslöser, die Corona-Pandemie, nicht mehr gegeben.
Wie viele Menschen haben sich denn mit ihren Sorgen und Nöten an das Ratsch-Telefon gewandt?
Karkosch: Wir haben da nicht exakt mitgezählt. Zu Beginn waren es aber im Schnitt zwischen zehn und 15 Anrufe im Monat. Wir hatten uns, um viele Zeiten abdecken zu können, in Schichten aufgeteilt und dann an die nächste Schicht das Telefon weitergegeben.
Wie fällt Ihr Fazit aus?
Karkosch: Sehr gut. Wir hatten ein überaus engagiertes Team, das tolle Arbeit gemacht hat. Wir wollten die Leute irgendwie auffangen, und das haben wir recht gut geschafft. Die Anrufer waren sehr dankbar für das Angebot. Es sind sogar bleibende Kontakte entstanden.
Inwiefern?
Karkosch: Wir hatten beispielsweise zwei Damen als Anrufer, die sehr viel Redebedarf hatten. Die haben wir sozusagen gegenseitig vermittelt und untereinander vernetzt. Auch einige der Ehrenamtlichen haben heute noch mit verschiedenen Anrufern Kontakt.
Was waren die Gründe für die Anrufe?
Karkosch: Die waren sehr unterschiedlich. Es gab Anrufer, die einfach nur einsam waren und mit jemandem reden wollten. Und es gab natürlich Anrufer, die Angst davor hatten, wie es mit dem Coronavirus weitergeht. Es gab aber auch ältere Menschen, die einfach traurig waren und jemanden zum Reden brauchten, weil beispielsweise aus ihrem Bekanntenkreis jemand gestorben war.
Sie hatten ja für möglicherweise tiefergehendere Fälle auch die Kirchen mit ins Boot geholt.
Karkosch: Ja, wir hatten uns einen Plan B zurechtgelegt, falls jemand anrufen sollte, der in einer depressiven Phase sein könnte. Da hatten sich die Seelsorger dazu bereit erklärt, dann zur Verfügung zu stehen. Gott sei Dank haben wir diese Hilfe aber nicht gebraucht.
Was waren denn die berührendsten Gespräche mit den Anrufern?
Karkosch: Da gab es viele. Eine unserer ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen hatte beispielsweise mit einem schwerkranken Mann Kontakt, den sie nicht nur beim ersten Anruf, sondern auch weiterhin begleitet hat und ihm zur Seite gestanden ist. Dieser Mann ist leider mittlerweile verstorben, aber das gute Gefühl, dagewesen zu sein und ihn begleitet zu haben, das bleibt.